Normenkette

BGB §§ 242, 1572 Nr. 4, § 1578 Abs. 3, § 1578b; FamFG § 238 Abs. 1, 4

 

Verfahrensgang

KG Berlin (Beschluss vom 12.04.2019; Aktenzeichen 13 UF 124/17)

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 16.05.2017; Aktenzeichen 158 F 58/17)

 

Tenor

1. Soweit der Senat über die Beschwerden der Beteiligten nicht bereits mit am 12. April 2019 verkündeten Beschluss im Tenor zu Ziffer I. 2. (Entfallen der Zahlungsverpflichtung des Antragstellers ab 1. September 2016) und zu Ziffer II. (Zurückweisung der Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin) entschieden hat, wird der Beschluss des Amtsgerichts Kreuzberg vom 16. Mai 2017 - 158 F 58/17 - auf die Beschwerde des Antragstellers dahingehend geändert, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin in Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Oranienburg vom 16. Dezember 2009 - 35 F 126/07 - auch ab dem 1. August 2014 bis zum 31. August 2016 keinen nachehelichen Unterhalt mehr schuldet und der Widerantrag der Antragsgegnerin vollumfänglich zurückgewiesen wird.

2. Die Kosten des Verfahrens erster Instanz, der Beschwerdeverfahren sowie des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um die Abänderung eines Urteils zum nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab April 2014.

Die Beteiligten heirateten im Jahr 1978. Aus der Ehe gingen ein Sohn (*1982) und eine Tochter (*1983) hervor.

Die im März 1956 geborene Antragsgegnerin verfügt über keine Berufsausbildung. Zum Zeitpunkt der Heirat war sie als Verwaltungsangestellte beim ... B... im Schreibdienst (Vergütungsgruppe VII) in Vollzeit erwerbstätig.

Der im Jahr 1955 geborene Antragsteller bezog Einkünfte als Angestellter bei V... (ehemals B...).

Die Beteiligten schlossen am 3. Februar 1981 einen notariellen Ehevertrag, mit dem sie für den Fall der Trennung oder Scheidung wechselseitig auf jegliche Unterhaltsansprüche verzichteten und die Durchführung des Versorgungsausgleichs ausschlossen.

Nach der Geburt des Sohnes im Jahr 1982 kündigte die Antragsgegnerin ihr Arbeitsverhältnis und schied aus dem Polizeidienst aus. Seit 1992 war sie halbschichtig wieder im öffentlichen Dienst (...) erwerbstätig und stockte ihre Tätigkeit im Jahr 1999 auf eine Vollzeittätigkeit auf. Bis zum 30. April 2008 wurde sie nach der Vergütungsgruppe VII BAT und ab 1. Mai 2008 nach der Vergütungsgruppe VIb BAT vergütet.

Nach ihrer Trennung im Mai 2006 schlossen die Beteiligten am 14. Juni 2006 einen weiteren notariellen Ehevertrag. In diesem erklärten sie in den Vorbemerkungen, dass die von ihnen in der notariellen Urkunde vom 3. Februar 1981 getroffenen Vereinbarungen aufrechterhalten bleiben sollten und auch gegenwärtig ihrem ausdrücklichen Willen entsprächen. Ferner vereinbarten die Beteiligten Gütertrennung, regelten den Zugewinnausgleich und nahmen eine Vermögensaufteilung vor.

Die Ehe der Beteiligten wurde mit Urteil des Amtsgerichts Oranienburg vom 16. Dezember 2009 - 35 F 126/07 -, rechtskräftig seit dem 7. April 2010, geschieden. Der Antragsteller wurde in der Folgesache Ehegattenunterhalt verurteilt, an die Antragsgegnerin nach Rechtskraft der Scheidung einen nachehelichen monatlichen Unterhalt wie folgt zu leisten:

  • bis Dezember 2010 157 EUR Altersvorsorgeunterhalt und 622 EUR Elementarunterhalt,
  • bis Dezember 2011 124 EUR Altersvorsorgeunterhalt sowie 492 EUR Elementarunterhalt,
  • bis Dezember 2012 91 EUR Altersvorsorgeunterhalt sowie 362 EUR Elementarunterhalt,
  • bis Dezember 2013 59 EUR Altersvorsorgeunterhalt sowie 232 EUR Elementarunterhalt und danach fortlaufend 26 EUR Altersvorsorgeunterhalt und 102 EUR Elementarunterhalt.

Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, dass die Antragsgegnerin einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt im tenorierten Umfang habe. Der Unterhaltsanspruch sei nicht wirksam durch die zwischen den Eheleuten geschlossenen Vereinbarungen ausgeschlossen worden. Auf einen Ausschluss des Unterhaltsanspruchs könne der Antragsteller sich nicht berufen, weil dies zu einer unverhältnismäßigen Lastenverteilung innerhalb der ehelichen Solidarität führen würde. Mit Blick auf die lange Ehezeit könne von keinem der beiden Eheleute erwartet werden, dass die Wirkungen der Ehe, die die Lebensverhältnisse maßgeblich bestimmen, von einem Tag zum anderen mit Rechtskraft der Ehescheidung wegfielen. Der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin sei daher gemäß § 1578 b BGB über vier Jahren nach der Scheidung der Eheleute aus Billigkeitsgründen auf den ehebedingten Nachteil abzuschmelzen. Den ehebedingten Nachteil errechnete das Amtsgericht mit 102 EUR. Dabei ging das Amtsgericht davon aus, dass die Antragsgegnerin nach dem Lauf der Dinge die Tarifgruppe Vc BAT (B...) erreicht hätte, wenn sie ihre Berufstätigkeit im öffentlichen Dienst nach der Geburt ihrer Kinder nicht unterbrochen, sondern zielstrebig fortgesetzt hätte. Aus der Differenz des vom Amtsgericht ermittelten fiktiven Nettoeinkommens nach der höchsten Stufe BAT Vc (nebst Zuschlägen und Zulagen abzüglich eines Abschmelzbetrages nach dem Berliner Tarifvertrag...

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