Verfahrensgang

AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 04.06.2018; Aktenzeichen (293 OWi) 3034 Js-OWi 6010/17 (607/17))

 

Tenor

1. Auf den Antrag des Betroffenen auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts wird der Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 4. Juni 2018 aufgehoben.

2. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 29. März 2018 wird verworfen.

3. Der Betroffene hat die Kosten der Rechtsbeschwerde zu tragen.

 

Gründe

I.

Der Polizeipräsident in Berlin hat gegen den Betroffenen mit Bußgeldbescheid vom 20. März 2017 wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit (sog. qualifizierter Rotlichtverstoß, begangen am 24. November 2016) eine Geldbuße von 200 Euro und ein einmonatiges Fahrverbot mit einer Wirksamkeitsbestimmung nach § 25 Abs. 2a StVG festgesetzt.

Auf den rechtzeitigen Einspruch des anwaltlich vertretenen Betroffenen hat das Amtsgericht Tiergarten mit Verfügung vom 5. Oktober 2017 einen Termin zur Hauptverhandlung für den 15. Januar 2018 anberaumt. Ausweislich der Ladungsverfügung war der Termin mit dem Verteidigerbüro abgesprochen. Mit Schriftsatz vom 28. November 2017 hat der Verteidiger eine Terminsverlegung beantragt, da er "aufgrund der Hessischen Winterferien urlaubsbedingt abwesend" sei und deshalb "einen anderen Terminstag nach dem 19.01.2018" erbitte. Das Vorbringen wurde anwaltlich versichert.

Das Amtsgericht hat dem Verlegungsantrag mit Verfügung vom 30. November 2017 entsprochen - ohne dabei offenkundig das anwaltliche Vorbringen näher zu hinterfragen, obwohl es sich bei dem ursprünglich anberaumten Termin tatsächlich um den Montag nach den bis zum 13. Januar 2018 dauernden hessischen (Schul-) Weihnachtsferien handelte, wie sich als allgemeinkundige Tatsache bspw. über das Internetportal des hessischen Kultusministeriums feststellen lässt. Zugleich hat der Bußgeldrichter neuen Termin zur Hauptverhandlung für den 15. Februar 2018 bestimmt; ausweislich der Ladungsverfügung war dieser Termin nicht nur mit der Kanzlei, sondern mit dem Verteidiger selbst abgesprochen. Am 8. Januar 2018 hat der Verteidiger schriftsätzlich eine erneute Terminsverlegung beantragt, die er mit einer Verhinderung "aufgrund eines Seminars (Fortbildung Fachanwaltschaft)" begründet hat. Eine Terminierung sei, so der Verteidiger weiter, sollte der Verhandlungstag ein Donnerstag sein, "aufgrund anderweitiger Termine in einer Strafangelegenheit mit mehreren Verhandlungstagen erst am 29.03.2018 möglich".

Mit Verfügung vom 10. Januar 2018 hat das Amtsgericht auch dem zweiten Verlegungsantrag entsprochen und in Absprache mit dem Verteidigerbüro nunmehr den 29. März 2018, 13.30 Uhr, als Termin anberaumt. Nach Übermittlung einer Schutzschrift vom 8. März 2018 hat der Verteidiger mit Schriftsatz vom 9. März 2018 einen nochmaligen Verlegungsantrag gestellt, da er bei Eingang der Ladung übersehen habe, "dass dieser Termin in die hessischen Osterferien fällt und sowohl der Betroffene als auch der Verteidiger sich im Urlaub befinden".

Das Amtsgericht hat die erneute Terminsverlegung mit Schreiben vom 14. März 2018 abgelehnt und hierzu mitgeteilt: "Dies ist bereits der dritte Termin. Sämtliche Termine wurden mit Ihrer Kanzlei abgesprochen. Jedes Mal haben Sie dann danach um Terminverlegung gebeten. Das Gericht ist diesen Anträgen bereits zweimal nachgekommen. Dieser dritte Termin findet nunmehr statt."

Mit Telefax vom 28. März 2018, dem Amtsgericht am gleichen Tag um 13.53 Uhr übermittelt, hat der Verteidiger mitgeteilt, dass der Betroffene, der zum Termin persönlich erscheinen müsse, "plötzlich erkrankt" sei. Er könne, so der Verteidiger, "auch im Hinblick auf die weite Anreise (ca. 600 km einfache Strecke) daher an dem Termin am 29.03.2018 nicht teilnehmen". Das Vorbringen wurde anwaltlich versichert. Eine telefonische Erreichbarkeit der zuständigen Geschäftsstelle war zu diesem Zeitpunkt - wie der Betroffene im Rechtsbeschwerdeverfahren vorträgt - nicht gegeben.

Zum Hauptverhandlungstermin am 29. März 2018 sind weder der Betroffene noch sein Verteidiger erschienen. Das Amtsgericht hat den Einspruch hierauf mit der formelhaften Begründung verworfen, dass der Betroffene im Termin ohne genügende Entschuldigung ausgeblieben sei, ohne von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbunden gewesen zu sein.

Das Verwerfungsurteil ist dem Betroffenen am 7. April 2018 zugestellt worden. Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 12. April 2018 hat der Betroffene Rechtsbeschwerde gegen die Entscheidung eingelegt und diese mit weiterem Schriftsatz vom 9. Mai 2018 begründet. Beide Schriftsätze wurden dem Amtsgericht am Tag ihrer Abfassung per Telefax übermittelt. Der Betroffene rügt die Verletzung des rechtlichen Gehörs und erhebt daneben die allgemeine Sachrüge, die nicht näher ausgeführt ist.

Das Amtsgericht hat die Rechtsbeschwerde mit Beschluss vom 4. Juni 2018 als unzulässig verworfen und ausgeführt, dass die Begründung des Rechtsmittels verspätet erfolgt sei. Nach Zustellung des Verwerfungsbeschlusses am ...

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