Leitsatz (amtlich)

Ein Versäumnisurteil kann nicht als europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden, wenn die Klageschrift nur öffentlich zugestellt worden ist. Eine Zustellfiktion, wie sie im Rahmen der öffentlichen Zustellung gem. § 188 ZPO angenommen wird, genügt nicht den Anforderungen des Art. 14 EVT-VO.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 24.05.2011; Aktenzeichen 32 O 577/09)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des LG vom 24.5.2011 - 32 O 577/09 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Gründe

Die gem. §§ 1080 Abs. 2, 724 Abs. 2, 567 Abs. 1 ZPO, 11 Abs. 1, 20 Nr. 11 RPflG zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet.

Grundsätzlich kann zwar auch ein Versäumnisurteil als europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden, die erforderlichen Mindestvorschriften für das Verfahren haben jedoch nicht vorgelegen, da die Klageschrift nur öffentlich zugestellt worden ist. Gemäß Art. 12 Abs. 1, 14 der Verordnung Nr. 805/2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (EVT-VO) sind bestimmte Mindestvorschriften für das Verfahren einzuhalten, damit ein Titel als europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden kann. Gemäß Art. 14 Abs. 2 der Verordnung liegt eine den Mindestvorschriften entsprechende Zustellung nicht vor, wenn die Anschrift des Schuldners nicht mit Sicherheit ermittelt werden kann. Eine Zustellungsfiktion, wie sie im Rahmen der öffentlichen Zustellung gem. § 188 ZPO angenommen wird, ist mithin nicht ausreichend (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl. 2010, Art. 14 EVT-VO, Rz. 1). Zudem ist den der Verordnung vorangestellten Erwägungen des Verordnungsgebers unter Abs. 13 (abgedruckt bei Zöller, a.a.O.) ausdrücklich zu entnehmen, dass eine Zustellung, die auf einer juristischen Fiktion beruht, nicht als hinreichend für die Einhaltung der Mindestvorschriften erachtet wird, so dass sowohl Wortlaut, als auch Sinn und Zweck der Verordnung die Zurückweisung des Antrages rechtfertigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, wobei gemäß KV Nr. 1523 eine Festgebühr von 50 EUR anfällt. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. § 574 ZPO liegen nicht vor.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2729898

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