Leitsatz (amtlich)

Zum Nachweis der Erbfolge im grundbuchrechtlichen Berichtigungsverfahren bei Verwendung der sog. "Dieterle-Klausel" in einem öffentlichen Testament.

 

Normenkette

BGB §§ 138, 2064-2065; GBO § 35

 

Tenor

Die Zwischenverfügungen werden aufgehoben.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 1 strebt die Berichtigung des im Beschlusseingang näher bezeichneten Grundbuchs nach dem Tod seiner Mutter (im Folgenden: Erblasserin) an. Diese ist in Abt. I als Eigentümerin eingetragen.

Die Erblasserin bestimmte am 7. September 2016 zur UR-Nr. 359/2016 der Notarin Dr. J. H. in B. die Beteiligten zu 1 bis 3 zu ihren Erben. Die Beteiligte zu 2 ist die Tochter der Erblasserin, der Beteiligte zu 3 der Sohn der Beteiligten zu 2. Zu dem Beteiligten zu 3 traf die Erblasserin soweit vorliegend von Bedeutung folgende Regelung:

"2. Soweit mein Enkel [der Beteiligte zu 3] Erbe wird, ist er nur von den gesetzlichen Beschränkungen befreiter Vorerbe. Nacherbe auf seinen Tod sind seine gewillkürten eigenen Erben, ersatzweise meine Tochter [die Beteiligte zu 2]. Als Nacherbe ausgenommen ist der Vater meines Enkels, dessen Abkömmlinge aus anderen Verbindungen und seine Verwandten aufsteigender Linie. Die Nacherbenanwartschaften sind jeweils zwischen Erbfall und Nacherbfall nicht vererblich und nicht übertragbar. Verstirbt der Vater meines Enkels vor Eintritt des Nacherbfalls ohne Hinterlassung von Abkömmlingen und Verwandten aufsteigender Linie, so entfällt die Nacherbfolge. Verstirbt er ohne Hinterlassung von weiteren Abkömmlingen, jedoch unter Hinterlassung sonstiger Verwandten, so kann der Vorerbe die Nacherbfolge beseitigen, indem er eine eigene letztwillige Verfügung errichtet, in der er Erben einsetzt, die nicht zu dem ausgeschlossenen Personenkreis gehören."

Die Erblasserin verstarb am 21. Januar 2021. Sie hinterließ neben den Beteiligten zu 1 und 2 noch eine weitere Tochter. Das Amtsgericht Mitte eröffnete u.a. die vorgenannte letztwillige Verfügung am 7. Mai 2021.

Unter dem 7. November 2021 hat der Beteiligte zu 1 unter Beifügung des Eröffnungsprotokolls vom 7. Mai 2021 sowie u.a. einer mit einem Eröffnungsvermerk des Amtsgerichts Mitte versehenen Ablichtung der UR-Nr. 3xx/2xxx die Berichtigung des Grundbuchs durch seine und der Eintragung der Beteiligten zu 2 und 3 anstelle der Erblasserin beantragt. Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 26. November 2021 die Vorlage eines Erbscheins erfordert. Das Testament verstoße hinsichtlich der Regelungen zur Nacherbfolge gegen § 2065 Abs. 2 BGB. Zudem werde der Beteiligte zu 3 in der Freiheit seiner Erbenbestimmung beschränkt, was gegen § 138 BGB verstoße. Nach hiergegen erhobenen Einwendungen der Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1 hat das Grundbuchamt am 29. März 2022 eine im Ergebnis inhaltsgleiche Zwischenverfügung erlassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde vom 12. Mai 2022, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 17. Mai 2022 nicht abgeholfen hat.

II. 1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie wirksam durch die in ihrer Eigenschaft als Notarverwalterin ihres eigenen Notariats handelnde Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 1 erhoben worden. Dies folgt jedenfalls aus der zur Akte gereichten Verfahrensvollmacht, §§ 10 Abs. 2 Nr. 3, 11 FamFG, 57 Abs. 1 BNotO, 164, 167 BGB (vgl. BGH, NJW 1971, 42, 43).

2. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Die von dem Grundbuchamt aufgezeigten Eintragungshindernisse bestehen nicht. Deshalb waren beide Zwischenverfügungen nicht veranlasst, § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO.

a) Die Berichtigung einer unrichtigen Grundbucheintragung erfolgt auf Antrag, § 13 Abs. 1 GBO, wenn die Unrichtigkeit durch öffentliche Urkunden, § 29 GBO, nachgewiesen wird, § 22 Abs. 1 GBO. Bei Unrichtigkeit des Grundbuchs wegen des Todes eines Berechtigten ist der Nachweis der Erbfolge grundsätzlich durch einen Erbschein zu führen, § 35 Abs. 1 S. 1 GBO.

Beruht die Erbfolge aber auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, genügt es in der Regel, wenn an Stelle des Erbscheins die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden, § 35 Abs. 1 S. 2 HS 1 GBO. Das Grundbuchamt hat eine solche Verfügung von Todes wegen dahin zu überprüfen, ob sich aus ihr das von dem Antragsteller behauptete Erbrecht ergibt. Es hat die Verfügung in eigener Verantwortung auszulegen, auch wenn es sich um die Klärung rechtlich schwieriger Fragen handelt. Die Pflicht zu eigener Auslegung entfällt allerdings dann, wenn für diese erst zu ermittelnde tatsächliche Umstände maßgebend sind (vgl. Senat, Beschluss vom 29. Oktober 2020 - 1 W 1463/20 - ZEV 2020, 764; Beschluss vom 23. Juni 2020 - 1 W 1276/20 - DNotZ 2021, 195, 196). Entsprechende Ermittlungen sind hier nicht erforderlich.

b) Der Erblasser kann ein Testament nur persönlich errichten, § 2064 BGB. Dabei muss er sich über sämtliche wesentlichen Teile seiner letztwilligen Verfügung allein schlüssig werden. Es ist ihm nicht gestattet, seinen letzten ...

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