Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 19 O 535/00)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 14.8.2001 verkündete Urteil der Zivilkammer 19 des LG Berlin – 19 O 535/00 – geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.d. jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist ein börsennotiertes französisches Kreditinstitut, das ihren Kunden ohne Beratungsleistungen oder eine allgemeine Vermögensverwaltung die Ausführung von Börsentermingeschäften anbietet. Am 31.1.2000 beantragte der Beklagte bei ihr die Eröffnung eines Wertpapierdepots sowie eines zugehörigen Kontos und unterzeichnete eine „Vereinbarung über die Ausführung von Wertpapier- und Termingeschäften. In der Folgezeit tätigte der Beklagte eine Vielzahl von Wertpapiergeschäften. Diese führten per 31.5.2000 zu einem Minussaldo von 21.163,13 Euro (= 41.391,48 DM). Mit Schreiben vom 24.5.2000 forderte die Klägerin den Beklagten zum Ausgleich dieses Kontos bis zum 2.6.2000 auf. Nach fruchtlosem Fristablauf kündigte sie das durch die Überziehung zustande gekommene Darlehen fristlos.

Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 41.391,48 DM nebst 15 % Zinsen hieraus seit dem 1.6.2000 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, das von der Klägerin zur Verrichtung der Wertpapiergeschäfte zur Verfügung gestellte Computerprogramm „GTS Version 2.5” sei fehlerhaft gewesen, da es am 19.4.2000 ein Positivsaldo des Kontos ausgewiesen habe, obwohl in Wirklichkeit ein Minussaldo bestanden habe. Da die Klägerin keinen Überziehungskredit gewähre, würden Aufträge nur ausgeführt, wenn ein entsprechendes Positivsaldo auf dem Konto bestünde. Er hätte den Auftrag nicht erteilt, wenn ihm das Negativsaldo bekannt gewesen wäre.

Das LG hat der Klage bis auf die Zinshöhe stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin einen Anspruch auf Ausgleich des Kontokorrentsaldos aus der Vereinbarung vom 31.1.2000 habe, dem der Beklagte einen Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung nicht entgegenhalten könne. Für den behaupteten Fehler des von der Klägerin zur Verfügung gestellten Computerprogramms sei der Beklagte beweisfällig geblieben. Auch träfe die Klägerin an einem etwaigen Fehler kein Verschulden. Weiterhin bestünde ein weit überwiegendes Mitverschulden des Beklagten, da es seine Aufgabe sei, den Überblick über seine Transaktionen zu bewahren und im eigenen Interesse jederzeit seinen aktuellen Kontostand zu kennen. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin verpflichtet gewesen wäre, bei einem etwaigen Minussaldo keine Einkäufe mehr zuzulassen. Schließlich fehle es an der Kausalität.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen vertieft und ergänzt. Er ist der Ansicht, dass hinsichtlich der Klageforderung der Differenzeinwand gem. §§ 764, 762 Abs. 1 BGB greife, der durch § 58 BörsG nicht ausgeschlossen sei. Hinsichtlich seines Gegenanspruchs behauptet er, das GTS-System habe vor den in der Zeit vom 17. bis 20.4.2000 getätigten Wertpapierkäufen jeweils ein ausreichendes Kontoguthaben im Bying-Power-Fenster angezeigt. Bei unzureichendem Guthaben habe das GTS-System keine Wertpapierkäufe ausgeführt. Bereits aus dem Umstand, dass er trotz negativen Saldos an den Folgetagen noch Spekulationsgeschäfte in erheblichem Umfang eröffnen konnte, folge die Fehlerhaftigkeit des Computerprogramms. Eine manuelle parallele Buchführung über seine Wertpapiergeschäfte sei ihm nicht zuzumuten gewesen. Er ist der Ansicht, dass die Klägerin angesichts der durch Äußerungen weiterer Kunden bestätigten Systemfehler deren Nichtvorhandensein hätte beweisen müssen. Auch hätte sie ihn über die Fehler aufklären müssen. Die Grundsätze zur Produzentenhaftung wären anwendbar. Auch hinsichtlich der Kausalität komme es zu einer Beweislastumkehr. Allein aus der Bereitschaft zur Durchführung von Börsentermingeschäften folge keine unbegrenzte Risikobereitschaft.

Der Beklagte beantragt, unter teilweiser Abänderung des am 14.8.2001 verkündeten Urteils des LG Berlin – 19 O 535/00 – die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil, das sie für richtig hält. Es handele sich vorliegend um Börsentermingeschäfte, bei denen der Differenzeinwand nicht in Betracht käme. Die Chatroom-Beiträge seien nicht geeignet, das Vorhandensein eines Fehlers am Computerprogramm und deren Kenntnis durch die Beklagte zu beweisen. Das vom Beklagten verwandte System sei fehlerfrei. Der Kontostand des Beklagten habe stets zwischen Soll und Haben geschwankt. Seinen eingezahlten Geldbetrag habe er durch Spekulationen innerhalb eines Monats aufgebraucht. Auch bei überzogenem Konto habe er weiterh...

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