Leitsatz (amtlich)

1. Die Gründungsgesellschafter einer Fondsgesellschaft haften dem beigetretenen Anleger aus den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne, wenn die zahlreichen, zumindest zum Teil einschlägigen Vorstrafen desjenigen, der auf das Geschäftsgebaren und die Gestaltung des Anlagemodells entscheidenden Einfluss ausübt, in dem bei den Beitrittsverhandlungen verwandten Prospekt nicht angegeben sind.

2. Delegieren mehrere Gründungsgesellschafter die mit den Anlegern zu führenden Beitrittsverhandlungen sowie deren Aufklärung und Information auf einen von ihnen, haften die übrigen Gründungsgesellschafter gem. § 278 Satz 1 BGB für eine schuldhafte Aufklärungspflichtverletzung desjenigen Gründungsgesellschafters, der die Beitrittsverhandlungen mit den Anlegern auch als Erfüllungsgehilfe der übrigen Gründungsgesellschafter führt. Das gilt auch dann, wenn allein der bei der Aufklärung und Information als Erfüllungsgehilfe der übrigen Gründungsgesellschafter handelnde Gründungsgesellschafter, jedoch keiner er übrigen Gründungsgesellschafter Kenntnis von der zu offenbarenden - den Anlegern aber verschwiegenen - Tatsache hat.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 03.02.2011; Aktenzeichen 14 O 436/10)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 3.2.2011 verkündete Urteil des Einzelrichters des LG Berlin - 14 O 436/10 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Der Wert des Berufungsverfahren wird auf bis 35.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Berufung war gem. § 522 Abs. 2 ZPO aus den Gründen des Senatsbeschlusses vom 11.7.2011, dem lediglich die Beklagte zu 3) entgegen getreten ist, als unbegründet zurückzuweisen. Daran vermögen auch die von der Beklagten zu 3) mit Schriftsatz vom 15.8.2011 erhobenen Einwendungen nichts zu ändern.

1. Der Senat hat sich mit den im Rahmen der Berufungsbegründung erhobenen und nunmehr im vorgenannten Schriftsatz teilweise wiederholten Einwendungen bereits im Beschluss vom 11.7.2011 auseinandergesetzt Dabei ist der Senat zu dem Ergebnis gekommen, dass das erstinstanzliche Urteil sämtlichen Einwendungen standhält. An dieser Beurteilung hält der Senat insbesondere auch hinsichtlich des der Beklagten zu 3) aus den Gründen des Hinweisbeschlusses gem. §§ 276, 278 BGB zur Last zu legenden Verschuldens im Hinblick auf die unterlassene Aufklärung über die Vorstrafen des Beklagten zu 2) fest. Daran vermögen auch die weiteren Ausführungen der Beklagten zu 3) nichts zu ändern.

Dahinstehen können insoweit zunächst die ergänzenden Ausführungen der Beklagten zu 3) im Hinblick auf ihre etwaige Haftung als Treuhandkommanditistin, da sie - wie der Senat im Hinweisbeschluss bereits ausgeführt hat - unabhängig von ihrer Stellung als Treuhandkommanditistin in ihrer gleichzeitigen Eigenschaft als Gründungsgesellschafterin der Fondsgesellschaft haftet. In dieser Eigenschaft hatte sie - im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH (NJW-RR 1988, 161; NJW 2006, 2410 Tz. 7) - die Stellung eines künftigen Vertragspartners gegenüber den Anlegern, denen sie, wie alle übrigen Gründungsgesellschafter auch, zur sachlich richtigen und vollständigen Aufklärung über alle Umstände, die für die Anlageentscheidung von Bedeutung waren oder sein konnten, verpflichtet war (BGH ZIP 2010, 1132 Tz. 24 m.w.N.). An eben dieser vollständigen Aufklärung fehlte es, da - wie die Beklagte zu 3) selber einräumt - keiner der Gründungsgesellschafter die Anleger über die für die Anlageentscheidung erheblichen Vorstrafen des Beklagten zu 2) aufgeklärt hat. Die unterlassene Aufklärung indes stellt nicht nur eine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten zu 1), sondern über § 278 Satz 1 BGB auch eine solche der Beklagten zu 3) dar.

Gemäß § 278 Satz 1 BGB hat der Schuldner ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, denen er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Diese Voraussetzungen sind erfüllt:

Sämtliche Gründungsgesellschafter - und damit auch die Beklagte zu 3) - waren den Anlegern zur umfassenden Aufklärung verpflichtet. Dieser ihr gegenüber den Anlegern obliegenden Verbindlichkeit hat sich die Beklagte zu 3), die auch nach eigenem Vorbringen keine eigenständige Aufklärung der Anleger vorgenommen hat, dadurch begeben, dass sie die Beitrittsverhandlungen und die damit einhergehende Aufklärung und Information ausweislich ihres eigenen erstinstanzlichen Vorbringens in der Klageerwiderung vollständig delegiert hat ("So hatte die Beklagte zu 3. insbesondere keinerlei Einfluss auf die Beitrittsverhandlungen mit den Klägern. Die Beklagte zu 3. ist im Rahmen der Beitrittsverhandlungen gem. § 5 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages durch die J.... Verwaltungs GmbH vertreten worden. Die J.... Verwaltungs GmbH hatte ihrerseits die Beklagte zu 1. mit der praktischen Durchführung der Anlagevermittlung beauftragt ..."). Hat die Beklagte zu 3) aber die Beitrittsverhandlungen und die praktische Anlageverm...

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