Leitsatz (amtlich)

1. Zur vorsätzlichen Tatbegehung der Trunkenheit im Verkehr, wenn dem Angeklagten wegen seiner konkreten Alkoholisierung das Führen eines Kraftfahrzeugs verboten worden ist.

2. Die Feststellung, auf den Angeklagten habe eine "maximale Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille" eingewirkt, belegt keine absolute Fahrunsicherheit.

3. Zu den erforderlichen Feststellungen bei einer Verurteilung nach § 315c Abs. 1 Nr. 1 a und Nr. 2b StGB

4. Zu den erforderlichen Feststellungen bei einer Verurteilung nach § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB (Zufahren auf Polizeibeamten)

5. Zu den Konkurrenzen der Verkehrsvergehen (§§ 315b Abs. 1 Nr. 3, 315c Abs. 1 Nr. 1a, Nr. 2b, Abs. 3 Nr. 1, 316 Abs. 1 StGB)

 

Normenkette

StGB § 315b Abs. 1 Nr. 3, § 315c Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Nr. 2 Buchst. b, Abs. 3 Nr. 1, § 316 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 14.04.2014; Aktenzeichen (342 Ds) 231 Js 1681/13 (46/13))

 

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 14. April 2014 mit den jeweils zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben,

a) soweit der Angeklagte wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr und wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und versuchter gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden ist,

b) im Rechtsfolgenausspruch, soweit der Angeklagte wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Beleidigung und Körperverletzung verurteilt worden ist.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Tiergarten zurückverwiesen.

 

Gründe

Das Amtsgericht Tiergarten hat den Angeklagten wegen Beleidigung, vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr, gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und versuchter gefährlicher Körperverletzung sowie wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Beleidigung und Köperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt. Zugleich hat es dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und der Verwaltungsbehörde untersagt, vor Ablauf von 36 Monaten eine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Gegen das Urteil hat der Angeklagte - zunächst allgemein formuliert - Rechtsmittel eingelegt, das er sodann als Revision bezeichnet hat. Mit ihr erhebt er die allgemeine Sachrüge und beanstandet u.a. den Schuldspruch wegen Beleidigung und wegen der Verkehrsvergehen. Auf die Sachrüge ist das angefochtene Urteil hinsichtlich der Verurteilung wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr (Tatkomplex 2) und wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und versuchter gefährlicher Körperverletzung (Tatkomplex 3) im Schuld- und Rechtsfolgenausspruch aufzuheben, die Verurteilung wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Beleidigung und Körperverletzung (Tatkomplex 4) ist im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben. Im Übrigen ist das Rechtsmittel im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet, so dass die Verurteilung wegen Beleidigung (Tatkomplex 1) mit ihrer Rechtsfolge und die Verurteilung wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Beleidigung und Körperverletzung (Tatkomplex 4) im Schuldspruch Bestand haben.

Der nach der ursprünglichen fristgemäßen Rechtsmitteleinlegung innerhalb der Revisionsbegründungsfrist (§ 345 Abs. 1 StPO) gegenüber dem Amtsgericht Tiergarten erklärte Übergang zur (Sprung-) Revision (§ 335 StPO) ist zulässig (vgl. Meyer-Goßner/Schmidt, StPO 57. Auflage, § 335 Rn. 10; BGH NJW 1995, 2367).

1. Die Verurteilung wegen Beleidigung zum Nachteil der Polizeibeamten R. und K. (Tatkomplex 1; UA S. 4) ist frei von Rechtsfehlern. Wie der Senat aufgrund der insoweit von Amts wegen gebotenen Überprüfung (vgl. etwa BGHSt 28, 48) den Strafakten entnimmt, haben die betroffenen Polizeibeamten Strafanträge gestellt, so dass der Verurteilung wegen Beleidigung kein Verfahrenshindernis entgegensteht.

2. Der Schuldspruch wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Beleidigung und Körperverletzung (Tatkomplex 4; UA S. 5) ist gleichfalls frei von Rechtsfehlern. Insbesondere haben auch hier die betroffenen Polizeibeamten C., W., S., D., S. und Sch. rechtzeitig Strafanträge gestellt. Dass die Polizeibeamten K. und D. ausweislich der Urteilsfeststellungen zwar Geschädigte der durch den Angeklagten begangenen Beleidigung waren, aber keine Strafanträge gestellt haben, ist unschädlich. Denn die Beamten sind Amtsträger (§ 11 Abs. 1 Nr. 2a StGB), so dass nach § 77a StGB ihr Dienstvorgesetzter Strafantrag stellen konnte. Dies ist auch durch den Dienstvorgesetzten M. K. geschehen. Zwar ist der Strafantrag erst am 29. August 2013 und damit mehr als...

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