Entscheidungsstichwort (Thema)

Notwendigkeit von Kosten der Ersatzvornahme

 

Leitsatz (amtlich)

1.) Die Kosten der Ersatzvornahme können im Kostenfestsetzungsverfahren auch insoweit festgesetzt werden, als ein Vorschußtitel vorhanden ist.

2.) Die Notwendigkeit von Kosten der Ersatzvornahme ist daran zu messen, was ein verständig abwägender, dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit Rechnung tragender Gläubiger in der konkreten Situation für sachgerecht halten dürfte.

 

Normenkette

ZPO §§ 788, 887

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 11.08.1992; Aktenzeichen 22 O 63/92)

 

Tenor

In Änderung des angefochtenen Beschlusses werden die als Kosten der Ersatzvornahme nach § 788 ZPO von dem Schuldner an die Gläubigerin zu erstattenden Kosten auf 1.602,30 DM (in Worten: eintausendsechshundertzwei 30/100 Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen seit dem 14. Juli 1992 festgesetzt.

Das weitergehende Kostenfestsetzungsgesuch wird zurückgewiesen.

Im übrigen wird die sofortige Beschwerde nach einem Wert von 1.600,00 bis 1.700,00 DM zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens haben nach einem Wert von 1.900,00 bis 2.000,00 DM zu 16/19 der Schuldner und zu 3/19 die Gläubigerin zu tragen.

 

Gründe

Auf Antrag der Gläubigerin erließ das Landgericht Berlin mit Beschluß vom 7. Februar 1992 ohne mündliche Verhandlung eine einstweilige Verfügung, mit der dem Schuldner aufgegeben wurde, den abgetragenen Teil des Dachstuhls an dem Zweifamilienhaus in Berlin-Hohenschönhausen insoweit zu sichern, daß das Eindringen von Feuchtigkeit in den Dachboden und in die darunter liegenden Räume bis zur Unanfechtbarkeit des Rückübertragungsbescheides vom 13. August 1991 ausgeschlossen ist. Gegen diese einstweilige Verfügung legte der Schuldner keinen Widerspruch ein.

Am 17. Februar 1992 stellte die Gläubigerin den Antrag, sie zu ermächtigen, die nach der einstweiligen Verfügung geschuldete Handlung durch eine von ihr zu beauftragende Dachdeckerfirma vornehmen zu lassen und den Schuldner dazu zu verurteilen, einen Kostenvorschuß von 10.000,00 DM zu zahlen. Der Schuldner wandte sich hiergegen mit der Begründung, er habe bereits vor Erlaß der einstweiligen Verfügung eine Sicherung des Dachstuhles vorgenommen und dafür Kosten von insgesamt 14.651,00 DM aufgewendet. Mit Beschluß vom 16. März 1992 wurde die Gläubigerin ermächtigt, die geschuldete Handlung auf Kosten des Schuldners vornehmen zu lassen; der vom Schuldner zu zahlende Vorschuß wurde in Höhe von 1.500,00 DM festgesetzt. Hiergegen legte der Schuldner sofortige Beschwerde ein, die das Kammergericht mit Beschluß vom 2. April 1992 zurückwies. Vorschußzahlungen leistete der Schuldner nicht. Der Sohn der Gläubigerin beauftragte eine Dachdeckerfirma mit der Durchführung der Arbeiten, die unter Ansatz von 22 Arbeitsstunden insgesamt 1.902,35 DM in Rechnung stellte.

Auf Antrag der Gläubigerin hat der Rechtspfleger des Landgerichts mit Beschluß vom 11. August 1992 gemäß § 788 ZPO die vom Schuldner an die Gläubigerin zu erstattenden Kosten in Höhe des erwähnten Rechnungsbetrages festgesetzt. Hiergegen richtet sich die Erinnerung des Schuldners, welcher die Zivilkammer des Landgerichts nicht abgeholfen hat und die dem Kammergericht als sofortige Beschwerde vorgelegt worden ist. Zur Begründung ist u. a. vorgetragen: Die Rechnung sei nicht an die Gläubigerin, sondern an einen Dritten gerichtet; die einstweilige Verfügung sei erschlichen worden, weil er – der Schuldner – die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen bereits vor Erlaß der einstweiligen Verfügung vorgenommen habe. Schließlich bestreitet der Schuldner, daß die in der Rechnung aufgeführten Arbeitsstunden geleistet, daß diese Arbeitszeit erforderlich gewesen sei und macht weiter geltend, der Stundensatz sei überhöht. Die Gläubigerin trägt vor, die Rechnung sei an ihren Sohn gerichtet, der den Auftrag für sie erteilt habe und der den Rechnungsbetrag für sie überwiesen habe.

Das Rechtsmittel ist gemäß § 11 Abs. 1, Abs. 2 Satz 4 und 5 RpflG in Verbindung mit § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO zulässig. Es ist jedoch nur zum Teil begründet.

Außer Frage steht, daß die Kosten der Ersatzvornahme grundsätzlich gemäß § 788 Abs. 1 Satz 1 ZPO auch insoweit festsetzbar sind, als sie den Vorschuß übersteigen, zu dessen Zahlung der Schuldner verurteilt wurde (vgl. OLG München JurBüro 1992, 270). Auch in der Höhe, in der der Schuldner bereits zur Zahlung eines Vorschusses verurteilt wurde, kann die Festsetzung der Kosten im Kostenfestsetzungsverfahren begehrt werden, wenn der Schuldner, wie hier, auf den Vorschuß noch keine Zahlung geleistet hat. Die Tatsache, daß die Gläubigerin insoweit bereits einen Titel nach § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO hat, aus dem sie im Grundsatz die Vollstreckung betreiben könnte, hindert die Festsetzung auch dieser Kosten im Kostenfestsetzungsverfahren nicht. Zwar schließt grundsätzlich das Vorhandensein eines Titels das auch im Kostenfestsetzungsverfahren erforderliche Rechtsschutzbedürfnis aus (vgl. dazu Saumbauch/Hartmann, ZPO, 51. Aufl.,...

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