Leitsatz (amtlich)

Die durch die Erweiterung der Vorschrift des § 144 ZPO eröffnete Möglichkeit, dass der Richter auch einen Dritten u.a. zur Duldung der Begutachtung eines in seinem Besitz befindlichen Gegenstandes verpflichten kann, kann auch für das selbständige Beweisverfahren Anwendung finden.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 26.04.2005; Aktenzeichen 18 OH 14/04)

 

Tenor

A. Das Beschwerdeverfahren wird auf den Senat übertragen.

B. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Zivilkammer 18 des LG Berlin vom 26.4.2005 - 18 OH 14/04 - abgeändert:

I. Der Streitverkündeten wird aufgegeben, die Besichtigung des Bürogebäudes nebst Tiefgarage unter der Anschrift S.1, 1.B., im Teileigentumsgrundbuch von Tiergartenviertel, Bl. 1.. des AG Tempelhof/Kreuzberg unter der lfd. Nr. 1 eingetragen, zur Durchführung der Beweissicherung über folgende Behauptungen/Fragen zu dulden:

1.1 Sämtliche in dem Bürogebäude vorhandenen Flurwände sind nicht feuerbeständig ausgebildet. Im Einzelnen:

a) Durch sämtliche Flurwände werden oberhalb der abgehängten Unterdecken Kabel und Leitungen ohne bauaufsichtlich zugelassene bzw. nicht fachgerecht ausgeführte Abschottungssysteme und ohne Laibungsausbildungen geführt. Entsprechendes gilt für sämtliche Flurwände unterhalb der Bodendecken.

b) Im Bereich der Ausbildung von Schaltern und Steckdosen wurde auf die Anordnung der für F-90-Wände erforderlichen Gipsblomben verzichtet.

1.2 Sämtliche in dem Gebäude befindlichen elektrotechnischen und haustechnischen Medienleitungen oberhalb der F-30-Unterdecken in den Fluren sind nicht so abgehängt, dass sie im Brandfall ortsfest verbleiben und die Decke über einen Zeitraum von 30 Minuten nicht zusätzlich belasten. Die Abhängung entspricht nicht dem Qualitätsmerkmal F-30 und weist nicht den entsprechenden Abstand zur Unterdecke auf.

1.3 Entsprechen die Brandschottungen innerhalb der Lüftungskanäle den Vorgaben aus der Baugenehmigung?

Sowie ergänzend, soweit sich die Beantwortung nicht bereits aus entsprechenden Feststellungen zu 1.1. bis 1.3. ergibt

1.4. a) Genügt die in dem Bürogebäude vorhandene Ausbildung der Flurwände, insb. unter Berücksichtigung des Umstandes, dass eine Vollsprinklerung aller Räume vorhanden ist, den anerkannten Regeln des Brandschutzes?

b) Besteht ein Risiko eines temperaturbedingten Versagens der Flurwände im Brandfalle aufgrund von Kabel- und Leitungsdurchführungen ohne bauaufsichtlich zugelassenen Abschottungen und ohne Auskleidung der Laibungen?

c) Besteht ein Risiko eines temperaturbedingten Versagens der Flurwände aufgrund des Umstandes, dass im Bereich der Steckdosen auf die Anordnung aus Gipsplomben verzichtet wurde, insb. unter Berücksichtigung der direkt daneben befindlichen, ca. 2 m2 großen Bürotüren in T-O Qualität (d.h. ohne Brandschutzanforderungen)?

d) Beeinträchtigen die in der Anlage AG 3 dargestellten, von der Antragstellerin nachträglich im Rahmen des Nutzerausbaus selbst vorgenommenen Kabel- und Leitungsdurchführungen in dem Raum 1434, 1. OG, und dem Raum 2314, 2. OG, die Brandschutzqualität der Flurwände?

e) Ist der Antragstellerin durch den Umstand, dass die Flurwände nicht komplett in F-90-Qualität hergestellt worden sind, eine erhebliche Minderung des Wertes oder der Nutzbarkeit des Gebäudes oder ein sonstiger "Schaden" - etwa in Form eines markantilen Minderwertes - entstanden?

f) Wie hoch beziffert der Sachverständige die im Falle einer Nachbesserung zu Lasten der Antragstellerin gehenden Sowieso-Kosten für die komplette Renovierung des Gebäudes, die im Zuge einer Herstellung der Flurwände in F-90-Qualität erfolgen müsste?

g) Ergeben sich aus der Aufhängung elektrotechnischer und haustechnischer Medienleitungen oberhalb der Unterdecken brandschutztechnische Bedenken, wenn die vorhandene Vollsprinkelung berücksichtigt wird?

h) Ergibt sich aus den vorhandenen Aufhängungen der Leitungen oberhalb der Unterdecken nach Auffassung des Sachverständigen eine irgendwie geartete erhebliche Minderung des Wertes oder der Nutzbarkeit des Gebäudes oder ein sonstiger "Schaden" der Antragstellerin etwa im Sinne eines merkantilen Minderwertes?

i) Wie hoch sind die von der Antragstellerin zu tragenden Sowieso-Kosten, wenn im Zuge einer Veränderung der Aufhängung von Leitungen oberhalb der Unterdecken eine vollständige Renovierung des Gebäudes erfolgen muss?

II. Die Streitverkündete hat zu dulden, dass der vom Gericht bestellte Sachverständige die Zwischendecken öffnet und die Installationen im Zwischendeckenbereich einzeln bewertet sowie Schalter und Steckdosen ausbaut, um die verbleibende Wandstärke zu bestimmen.

III. Die Besichtigung und das Öffnen der Bauteile wird zunächst auf den Teil des Gebäudes beschränkt, der sich nicht im unmittelbaren Besitz eines Mieters der Streitverkündeten befindet.

IV. Der Sachverständige hat dafür Sorge zu tragen, dass die vorzunehmenden Öffnungen von Bauteilen unverzüglich sach- und fachgerecht wieder verschlossen werden.

C. Der Beschwerdewert wird auf 15.000 EUR festgeset...

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