Leitsatz (amtlich)

1. Die Errechenbarkeit und damit die Fälligkeit des auf einen Wohnungseigentümer entfallenden Anteils einer mehrheitlich beschlossenen Sonderumlage liegen nicht vor, wenn die Gemeinschaft die Kostenverteilung auf anteilige Wohnflächen umgestellt hat, die anteiligen Wohnflächen streitig sind und der Umstellungsbeschluss zudem nach der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 148, 158 = NJW 2000, 3500) ohnehin nichtig ist.

2. Mit der fehlenden Fälligkeit des Umlageanteils entfällt auch die Verpflichtung zur Zahlung von Prozesszinsen sowie die Kostentragungspflicht im gerichtlichen Verfahren.

 

Normenkette

WEG § 16 Abs. 2, § 28 Abs. 5, § 47; BGB §§ 286, 291

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 85 T 58/01)

AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 76 II 360/00)

 

Tenor

Es wird festgestellt, dass der Zahlungsanspruch von 3.224,39 DM in der Hauptsache erledigt ist.

Im Übrigen wird der angefochtene Beschluss des LG aufgehoben und der Zahlungsantrag hinsichtlich der Zinsen zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten aller drei Instanzen werden der Eigentümergemeinschaft zu Lasten des Verwaltungsvermögens auferlegt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 1.648,60 Euro (3.224,39 DM) festgesetzt.

 

Gründe

I. Nach der Gemeinschaftsordnung errechnet sich das Hausgeld für Betriebs- und Instandsetzungskosten nach Miteigentumsanteilen. Der Antragsgegner ist seit dem 23.9.1994 Eigentümer der Einheit Nr. 12, die über 329/10.000 Miteigentumsanteile und eine Wohnfläche von 82,87 m² verfügt. Mit Eigentümerbeschluss vom 18.2.1986 zu TOP 2 war festgelegt worden, dass die Verteilung der Kosten für die Bewirtschaftung der Wohnanlage nicht nach Miteigentumsanteilen, sondern nach Quadratmetern Wohnfläche zu erfolgen hat. Daraufhin wurden in der Vergangenheit bei Abrechnungen als Kostenverteilungsschlüssel nicht Miteigentumsanteile, sondern anteilige Quadratmeter-Flächen zugrunde gelegt. Mit Eigentümerbeschluss vom 21.6.1999 zu TOP 4 wurde die Instandsetzung der Fassaden des Gebäudes beschlossen. Auf der Eigentümerversammlung vom 10.7.2000 wurde ein Mehrheitsbeschluss betreffend die Finanzierung der Fassadensanierung beschlossen. Dieser Eigentümerbeschluss ist am 31.10.2000 rechtskräftig für ungültig erklärt worden.

Bereits vorher wurde auf der Eigentümerversammlung vom 7.9.2000 zu TOP 1 der Beschluss gefasst, eine Sonderumlage zur Fassadensanierung i.H.v. 200.000 DM zu erheben, die zu 50 % sofort, zu weiteren 50 % am 31.1.2001 fällig sein sollte. Ein Verteilungsschlüssel ist in diesem Beschluss nicht genannt.

Mit Schreiben vom 12.9.2000 forderte die frühere Verwalterin den Antragsgegner zur Zahlung des auf die Einheit Nr. 12 entfallenden Anteils an der Sonderumlage i.H.v. 6.448,78 DM auf, wobei der erste Teilbetrag i.H.v. 3.224,39 DM bis zum 18.9.2000 und der zweite Teilbetrag von 3.224,39 DM am 31.1.2001 gezahlt werden sollte. Dabei berechnete die frühere Verwalterin den auf die Einheit Nr. 12 entfallenden Anteil an der Sonderumlage nach Quadratmeter-Flächen, wobei ausgehend von einer Gesamtwohnfläche der Wohnanlage von 2.570,10 m² für die Einheit Nr. 12 bei einer Wohnfläche von 82,87 m² ein Anteil i.H.v. 6.448,78 DM errechnet wurde. Der Antragsgegner hat bestritten, dieses Schreiben erhalten zu haben. Mit Anwaltsschreiben vom 2.10.2000 wurde der Antragsgegner zur Zahlung von 3.224,39 DM aufgefordert.

Den Zahlungsantrag hat das AG mit Beschluss vom 25.1.2001 zurückgewiesen, nachdem es bereits am 24.1.2001 den Eigentümerbeschluss vom 7.9.2000 zu TOP 1 über die Sonderumlagen für ungültig erklärt hatte. Das LG hat mit Beschluss vom 6.11.2001 den Antragsgegner zur Zahlung von 3.224,39 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 Diskontsatzüberleitungsgesetz seit dem 19.9.2000 verurteilt und ihm die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten erster und zweiter Instanz auferlegt. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners, die erfolgreich ist.

II. 1. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners ist gem. §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Der angefochtene Beschluss des LG kann aus Rechtsgründen nicht Bestand haben.

2. Hinsichtlich des Hauptsachebetrages von 3.224,39 DM kann in dritter Instanz lediglich festgestellt werden, dass die Hauptsache insoweit erledigt ist. Neue Tatsachen (die nach Erlass der Erstbeschwerdeentscheidung eingetreten sind) können in dritter Instanz jedenfalls dann verwertet werden, wenn sie unstreitig sind. Der Antragsgegner hat den Hauptsachebetrag i.H.v. 3.224,39 DM ohne Zinsen am 22.1.2002, also nach Erlass der Entscheidung des LG, bezahlt. Der anwaltlich vertretene Antragsgegner hat dazu vorgetragen, dass diese Zahlung nur aufgrund des sich aus der Abrechnung 2000 zu seinen Lasten ergebenden Saldos und nicht aufgrund der Entscheidung des LG Berlin im vorliegenden Verfahren erfolgt ist und deshalb auch nicht die Zinsen ausgeglichen worden sind. Angesichts dieses Vorbehalts war der Antragsgegner nicht gezwung...

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