Leitsatz (amtlich)

1. Ein Vermerk über die Rechtshängigkeit ist grundsätzlich nur eintragungsfähig, wenn Gegenstand des Rechtsstreits eine Grundbuchunrichtigkeit i.S.v. § 894 BGB ist, mit der Klage also eine Berichtigung des Grundbuchs oder Feststellung der Unrichtigkeit verlangt wird.

2. Ist die Eintragung des Rechtshängigkeitsvermerks durch einstweilige Verfügung gegen den Betroffenen angeordnet, hat das Grundbuchamt nicht zu prüfen, ob die einstweilige Verfügung rechtmäßig und tatsächlich eine Grundbuchunrichtigkeit gegeben ist.

 

Normenkette

ZPO § 325 Abs. 1-2; BGB § 892

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Spandau (Aktenzeichen 42a KL 2997-21)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Rechtshängigkeitsvermerk gemäß der einstweiligen Verfügung des LG Berlin - 84 O 73/12 - vom 26.7.2012 in das Grundbuch einzutragen.

 

Gründe

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 71 ff. GBO) und begründet. Die Voraussetzungen für die mit Schreiben vom 31.7.2012 beantragte Eintragung des Rechtshängigkeitsvermerks liegen vor. Nach überwiegender Ansicht kann zum Ausschluss eines rechtskraftfreien gutgläubigen Erwerbs nach § 325 Abs. 2 ZPO (vgl. dazu BGH NJW-RR 2002, 516, 517) ein Rechtshängigkeitsvermerk jedenfalls dann im Grundbuch eingetragen werden, wenn die Eintragung - wie hier - mit einstweiliger Verfügung (§§ 935 ff. ZPO) gegen den Betroffenen angeordnet ist (vgl. OLG Köln, FGPrax 2012, 57; BayObLG, NJW-RR 2004, 1461; Palandt/Bassenge, BGB, 72. Aufl., § 899 Rz. 7; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 325 Rz. 50; Demharter, GBO, 28. Aufl., Anh. § 13 Rz. 34; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rz. 353, 1652 ff. jew. m.w.N.). Die einstweilige Verfügung ist mit der eingereichten Ausfertigung des landgerichtlichen Beschlusses vom 26.7.2012 nachgewiesen, deren Seiten urkundlich verbunden sind. Einer Vollstreckungsklausel bedarf es gem. §§ 929 Abs. 1, 936 ZPO nicht. Die Vollziehungsfrist (§§ 929 Abs. 2, 936 ZPO) ist mit dem am 31.7.2012 eingegangenen Antrag gewahrt. Ein Nachweis über die Zustellung der einstweiligen Verfügung an die eingetragene Eigentümerin ist nicht erforderlich, §§ 929 Abs. 3 S. 1, 936 ZPO.

Die einstweilige Verfügung ist auch nicht auf eine inhaltlich unzulässige Eintragung i.S.v. § 53 Abs. 1 S. 2 GBO gerichtet. Es trifft zwar zu, dass ein Vermerk über die Rechtshängigkeit (§§ 261 Abs. 1, 253 Abs. 1 ZPO) nur dann eintragungsfähig ist, wenn Gegenstand des Rechtsstreits eine Unrichtigkeit des Grundbuchs i.S.v. § 894 BGB ist, mit der Klage also eine Berichtigung des Grundbuchs oder Feststellung der Unrichtigkeit verlangt wird (vgl. OLG Schleswig, SchlHA 2012, 348, 349; Schöner/Stöber, a.a.O., Rz. 1653). Eintragungen in das Grundbuch dürfen nur vorgenommen werden, wenn sie durch das Gesetz vorgeschrieben, zugelassen oder zumindest stillschweigend zugelassen sind, weil das materielle Recht an die Eintragung eine rechtliche Wirkung knüpft (vgl. BGH NJW 1992, 978, 980; Demharter, a.a.O., Anh. § 13 Rz. 20). An einen Rechtshängigkeitsvermerk können rechtliche Wirkungen nur geknüpft sein, soweit der Kläger die genannten dinglichen Ansprüche verfolgt. Nur in diesem Fall kommt eine Rechtskrafterstreckung gem. § 325 Abs. 1 ZPO und die Möglichkeit eines rechtskraftfreien gutgläubigen Erwerbs gem. § 325 Abs. 2 ZPO, § 892 Abs. 1 BGB in Betracht. Ist Gegenstand der Klage ein (bloß schuldrechtlicher) Anspruch auf Übertragung oder Einräumung eines dinglichen Rechts, kann das Urteil schon nicht gem. § 325 Abs. 1 BGB für und gegen einen (Einzel-)Rechtsnachfolger des beklagten Grundstückseigentümers wirken. Denn eine solche Rechtskrafterstreckung setzt voraus, dass das Grundstück streitbefangen i.S.v. § 265 Abs. 1 ZPO ist, sich der geltend gemachte Anspruch gegen den Eigentümer/Buchberechtigten als solchen richtet. Streitbefangen ist eine Sache, wenn die Sachlegitimation des Klägers oder des Beklagten auf der rechtlichen Beziehung zu der Sache beruht und diese den unmittelbaren Gegenstand des Rechtsstreit bildet (BGH NJW-RR 2008, 102, 104; NJW 2006, 1351, 1353; Becker-Eberhard in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., § 265 Rz. 17). Bei einer Klage auf Auflassung oder Belastung eines Grundstücks mit einem dinglichen Recht ist nicht das Eigentum streitbefangen, sondern der (vertragliche oder gesetzliche) Anspruch, der auf der persönlichen Schuld und nicht dem Eigentum beruht (BGHZ 39, 21, 25 f.; MünchKomm/Becker-Eberhard, a.a.O., § 265 Rz. 23 f.; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 265 Rz. 9). Schuldrechtliche Ansprüche können - abgesehen von der Sonderregelung in § 116 SachenRBerG - nicht durch einen Rechtshängigkeitsvermerk, sondern nur durch eine Vormerkung (§§ 883 ff. BGB) gesichert werden. Weiter ist die Eintragung eines Rechtshängigkeitsvermerks selbst bei einem dinglichen Anspruch dann ausgeschlossen, wenn es - wie z.B. bei einer Klage nach § 917 Abs. 1 S. 2 BGB - an der Geltendmachung einer Grundbuchunrichtigkeit fehlt. In einem solchen Fall wirkt das Urteil zwar gem. § 325 Abs. 1 ZPO gegenüber dem Sondernachf...

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