Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 24.03.2009)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Freigesprochenen gegen den Beschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Berlin vom 24. März 2009 wird mit der Maßgabe verworfen, dass ihre an den Sachverständigen Dipl.-Ing. R. abgetretenen notwendigen Auslagen auf 38.307,98 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszinssatz seit dem 6. August 2008 festgesetzt werden.

Die sofortige Beschwerde des Sachverständigen Dipl.-Ing. R. wird als unzulässig verworfen.

Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

Der Beschwerdewert beträgt 13.067,98 Euro.

 

Gründe

Das Landgericht Berlin hat die frühere Angeklagte wegen Mordes in Tateinheit mit besonders schwerer Brandstiftung, mit Brandstiftung mit Todesfolge, mit Versicherungsmissbrauch und mit fahrlässiger Körperverletzung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt und die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Den Feststellungen zufolge habe sie Brennspiritus im Ober- und im Erdgeschoss des von ihrem Vater, ihrem Lebensgefährten und ihr bewohnten Hauses verteilt und dieses dann mit der ausgebrachten Flüssigkeit in Brand gesetzt, wodurch ihr Vater ums Leben gekommen und ihr Lebensgefährte schwer verletzt worden seien. Es sei ihr darum gegangen, durch den Brand Zahlungen der Feuer- und Hausratversicherung zu erlangen. Die Überzeugung von diesem Geschehen hat das Landgericht nach einem aufwändigen Indizienprozess im Wesentlichen auf zwei Sachverständigengutachten gestützt, zu deren Entkräftung die damalige Angeklagte - zunächst erfolglos - selbst fünf Gutachter beauftragt hatte. Auf ihre Revision hat der Bundesgerichtshof das Urteil aufgehoben, weil die Strafkammer sich nicht im erforderlichen Umfang mit den widerstreitenden Gutachten auseinandergesetzt habe. Das Landgericht Berlin hat in der erneuten Hauptverhandlung eine weitere Sachverständige gehört und die Überzeugung gewonnen, dass es nur einen Brandherd gegeben und ein Brandbeschleuniger keine Verwendung gefunden habe. Es hat die Angeklagte freigesprochen und deren notwendige Auslagen der Landeskasse auferlegt.

Dipl.-Ing. R., einer der von ihr beauftragten Sachverständigen, hat von der Freigesprochenen für das von ihm erstellte Gutachten mit Rechnungen vom 27. September 2004, 18. März 2005 und 21. März 2005 Zahlung von insgesamt 54.031,20 Euro verlangt. Den Rechnungen hat ein Zeitaufwand von 453 Arbeitsstunden zugrunde gelegen, wobei 28 Stunden bei einem ermäßigten Stundensatz auf eine Hilfskraft, 404 Stunden auf den Sachverständigen R. und 21 Stunden auf den - im Übrigen selbst liquidierenden - Diplomkriminalisten C. entfallen sollten. Als Stundensatz sind für die Sachverständigen R. und C. jeweils 100,- Euro berechnet worden. Des Weiteren hat der Sachverständige R. Aufwendungsersatz für die Beratung durch Prof. Dr. E. von der Universität Leipzig in Höhe von 2.500,- Euro verlangt.

Die Freigesprochene hat ihren hierauf bezogenen Erstattungsanspruch gegen die Landeskasse an den Sachverständigen zur Sicherung seiner Forderung abgetreten und im Kostenfestsetzungsverfahren durch ihren Verteidiger im eigenen Namen die Erstattung des Betrages unmittelbar an den Sachverständigen geltend gemacht. Auf die Aufforderung der Rechtspflegerin, ihre Antragsberechtigung darzulegen, hat der Verteidiger eine Erklärung des Sachverständigen vom 9. Februar 2009 vorgelegt. Aus dieser ergibt sich, dass er der Freigesprochenen das Recht zugestanden hat, den an ihn abgetretenen Kostenerstattungsanspruch im eigenen Namen einzuziehen, und dass er mit der Geltendmachung durch sie ausdrücklich einverstanden ist.

Die Rechtspflegerin des Landgerichts hat mit dem angefochtenen Beschluss die an den Sachverständigen abgetretenen notwendigen Auslagen der Freigesprochenen auf einen Betrag von 40.963,22 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 9. Februar 2009 festgesetzt. Dagegen richten sich die sofortigen Beschwerden der Freigesprochenen und des Sachverständigen. Die Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg.

I. 1. Die fristgemäß eingelegte sofortige Beschwerde der Freigesprochenen ist zulässig. Sie ist durch die angefochtene Entscheidung beschwert. Die - als Zulässigkeitsvoraussetzung für jedes förmliche Rechtsmittel notwendige - Beschwer ist (nur) bei einer unmittelbaren Beeinträchtigung der Rechte oder schutzwürdigen Belange des Betroffenen gegeben (vgl. Meyer-Goßner, StPO 54. Aufl., vor § 296 Rdn. 8f). Das ist hier der Fall. Die Beschwerdeführerin ist zwar infolge der Abtretung an den Sachverständigen R. nicht mehr Inhaberin des Kostenerstattungsanspruchs, weshalb sie nicht unmittelbar in einem Recht beeinträchtigt ist. Die angefochtene Entscheidung beeinträchtigt jedoch unmittelbar ihre schutzwürdigen Interessen, weil von der Beschwerdeentscheidung abhängt, in welchem Umfang sie gegenüber dem von ihr beauftragten Sachverständigen von ihrer Verbindlichkeit frei wird. Die Beschwerdeführerin ist von diesem auch in zulässiger...

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