Leitsatz (amtlich)

1. Studiengebühren bzw. allgemein die Kosten für einen studien- oder ausbildungsbedingten Auslandsaufenthalt sowie die Kosten eines vollständig im Ausland absolvierten Studiums einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Mehrkosten sind als unterhaltsrechtlicher Mehrbedarf anzusehen.

2. Ein Anspruch des Kindes darauf, dass ihm die Eltern im Rahmen des Ausbildungsunterhalts Ausbildungsabschnitte im Ausland beispielsweise in Form von Auslandssemestern, zeitweiligen Auslandsaufenthalten oder Auslandssprachkursen finanzieren, besteht außerhalb einer entsprechenden Absprache zwischen Eltern und Kind nur, wenn die damit einhergehende finanzielle Mehrbelastung den Eltern bzw. dem Elternteil wirtschaftlich zumutbar ist, der Auslandsaufenthalt sachlich begründet und sinnvoll ist, um das angestrebte Ausbildungsziel zu erreichen und dieser Unterhaltsbedarf unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles insgesamt angemessen erscheint.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 10.07.2012; Aktenzeichen 144 F 8724/12)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 10.7.2012 - 144 F 8724/12 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 3, 569 ZPO), jedoch nicht begründet. Das Familiengericht hat der Antragstellerin die von ihr nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe für die Rechtsverfolgung - die Verpflichtung der Mutter zur Zahlung von laufendem und rückständigem Ausbildungsunterhalt einschließlich der Mehrkosten für ein Auslandsstudium am G...College, Dublin, Irland, in der Fachrichtung 'Bachelor of Arts in Journalism and Visual Media' - zu Recht versagt, weil das Unterhaltsverlangen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 114 ZPO). Der Senat schließt sich der sehr sorgfältigen, überzeugenden Begründung des Familiengerichts an und macht sich diese zu Eigen. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung:

1. Das Einklagen eines von der Unterhaltsschuldnerin anerkannten und gezahlten "Sockelbetrages" ist mutwillig, soweit die Schuldnerin nicht vorab zur Titulierung aufgefordert wurde. Dagegen, dass diese eine Titulierung - wie aus dem Schreiben vom 7.8.2012 (Anlage K13 bzw. Bl. P21) ersichtlich - davon abhängig macht, dass die Antragstellerin zunächst eine aktuelle Studienbescheinigung vorlegt, ist nichts zu erinnern: Aus der mit Anwaltsschreiben vom 9.5.2012 vorgelegten Studienbescheinigung vom 18.4.2012 ergibt sich lediglich, dass das zweite Studienjahr besucht wird; dieses endete jedoch - worauf in der Bescheinigung hingewiesen wird - bereits am 25.5.2012. Damit fehlt ein Nachweis, dass von der Antragstellerin tatsächlich auch das dritte (und voraussichtlich letzte) Studienjahr absolviert wird. Nachdem die Antragsgegnerin den von ihr anerkannten Unterhalt bislang regelmäßig gezahlt hat, bestehen keine Bedenken, wenn von ihr vor der Schaffung eines entsprechendes Titels - auf den die Antragstellerin Anspruch hat - zunächst die aktuelle Studienbescheinigung für das dritte Studienjahr - die Vorlesungszeit soll im September 2012 beginnen - eingefordert wird (vgl. Luthin/Koch-Kamm, Unterhaltsrecht [11. Aufl. 2010], Rz. 7031 f., 7219; Wendl/Schmitz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis [8. Aufl. 2011], § 10 Rz. 39, 41).

2. Auch in Bezug auf den weiter gehenden, über den anerkannten "Sockelbetrag" hinaus geforderten Unterhalt wurde der Antrag vom Familiengericht mit zutreffender Begründung zurückgewiesen: Studiengebühren bzw. allgemein die Kosten für einen studien- bzw. ausbildungsbedingten Auslandsaufenthalt oder, weiter gehend, ein vollständig im Ausland absolviertes Studium einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Mehrkosten gelten als unterhaltsrechtlicher Mehrbedarf (vgl. nur Wendl/Klinkhammer, Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis [8. Aufl. 2011], § 2 Rz. 532, § 6 Rz. 17; Palandt/Brudermüller, BGB [71. Aufl. 2012], § 1610 Rz. 13). Ein Anspruch des Kindes darauf, dass ihm die Eltern im Rahmen des Ausbildungsunterhalts Ausbildungsabschnitte im Ausland finanzieren, beispielsweise in Form von Auslandssemestern, zeitweiligen Auslands- aufenthalten oder Auslandssprachkursen etc. besteht nach der Rechtsprechung, soweit nicht eine entsprechende Absprache zwischen dem studierwilligen Kind und den Eltern bzw. Eltern- teil vorliegt, überhaupt nur dann, wenn die damit einhergehende finanzielle Mehrbelastung den Eltern bzw. dem Elternteil wirtschaftlich zumutbar ist, der Auslandsaufenthalt sachlich be- gründet und sinnvoll ist, um das angestrebte Ausbildungsziel zu erreichen und der Unterhaltsbedarf unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles insgesamt ange- messen erscheint (vgl. - vom Familiengericht bereits angeführt - BGH, Urt. v. 26.2.1992 - XII ZR 97/91 -, FamRZ 1992, 1064: Angemessenheit eines zweisemestrigen Auslands- studium einer Jurastudentin an...

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