Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Aktenzeichen 176 F 12916/18)

 

Tenor

Der Senat erteilt dem Sachverständigen B., xxxx im Rahmen der Begutachtung aufgrund des Beweisbeschlusses vom 27. November 2020 gemäß §§ 30 Abs. 1 FamFG, 404a Abs. 1 ZPO folgende Weisungen:

1. Die Anwesenheit einer Begleitperson bei der Untersuchung des Vaters wird nicht gestattet.

2. Video- und technische Tonaufzeichnungen darf der Sachverständige nur über die Untersuchungen und Gespräche mit dem Vater anfertigen. Die Dokumentation über die Untersuchungen und Gespräche ist ausschließlich dem Senat auf Anforderung zu überlassen.

3. An den Sachverständigen gerichtete Fragen und Anträge der Beteiligten sind zunächst dem Senat vorzulegen.

 

Gründe

Nach den §§ 30 Abs. 1 FamFG, 404a Abs. 1 ZPO hat das Gericht die Tätigkeit des Sachverständigen zu leiten; dabei kann es ihm für Art und Umfang seiner Tätigkeit Weisungen erteilen.

Mit dieser Regelung ist klargestellt, dass der Gutachter Gehilfe des Gerichts ist und ihm vom Gericht vorgegeben werden kann, was rechtlich bedeutsam ist (BGH, Beschluss vom 15. Januar 2020 - VII ZB 96/17, NJW 2020, 1074 Rn. 12; BGH, Urteil vom 23. September 2020 - IV ZR 88/19 -, Rn. 15, juris). Das gerichtliche Weisungsrecht umfasst damit neben den inhaltlichen Vorgaben, die der Sachverständige seiner Begutachtung zugrunde zu legen hat, grundsätzlich auch die zur Beantwortung der Beweisfrage erforderlichen Maßnahmen, die der Begutachtung selbst oder deren Vorbereitung dienen und der Sachkunde des gerichtlich bestellten Gutachters bedürfen, sowie Weisungen zur Art und Weise des bei der Untersuchung des Beweisgegenstands gebotenen Vorgehens (BGH, Urteil vom 23. September 2020 - IV ZR 88/19 -, Rn. 15, juris).

Die dem Gericht durch § 404a ZPO aufgegebene Leitung der Tätigkeit des Sachverständigen unterliegt vollumfänglich richterlichem Ermessen. Dabei sind der mögliche Erkenntniswert und die Verhältnismäßigkeit einer Weisung, aber auch berechtigte Belange des Sachverständigen oder Dritter, insbesondere auch Belange des Geheimnis- und Persönlichkeitsschutzes der zu Untersuchenden zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 23. September 2020 - IV ZR 88/19 -, Rn. 21 juris; BGH, Urteil vom 17. Juli 2014 - III ZR 514/13 -, Rn. 26, juris). Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit einer Weisung ist zu beachten, dass in Verfahren nach den §§ 1666, 1666a BGB ein Elternteil mangels einer gesetzlichen Grundlage nicht gezwungen werden kann, sich körperlich oder psychiatrisch/psychologisch untersuchen zu lassen und zu diesem Zweck bei einem Sachverständigen zu erscheinen. Verweigert ein Elternteil die Mitwirkung an der Begutachtung, kann dieses Verhalten auch nicht nach den Grundsätzen der Beweisvereitelung gewürdigt werden (BGH, Beschluss vom 17. Februar 2010 - XII ZB 68/09-, FGPrax 2010, 128, beck-online). Insoweit steht es einem Elternteil, zu dessen Ungunsten eine Weisung ergeht, frei, sich ohne Rechtsnachteile der Begutachtung zu entziehen.

1. Die Anwesenheit einer Begleitperson des Vaters, insbesondere des von dem Vater beauftragten Privatgutachters Herrn Gxxxxx, ist nicht zu gestatten.

Bei seinen Ermittlungen muss ein Sachverständiger im Allgemeinen den Beteiligten und ihren Verfahrensbevollmächtigten Gelegenheit zur Teilnahme geben. Dies folgt aus dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit und vor allem mit Rücksicht darauf, dass anderenfalls der Sachverständige als befangen abgelehnt wird (§ 406 ZPO) und auch jeder Beteiligte die Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen bestreiten kann, mit der Folge, dass der Beweis nicht verwertet werden kann, sondern eine gerichtliche Beweisaufnahme erfolgen muss. Die Grenzen der Teilnahme bei den Ermittlungen des Sachverständigen sind Unmöglichkeit, Unzumutbarkeit, Überflüssigkeit und Untunlichkeit (MüKoZPO/Zimmermann, 6. Aufl. 2020, ZPO, § 404a Rn. 12). So ist die Teilnahme der Parteien und Parteivertreter bei einer ärztlichen Untersuchung für den Patienten unzumutbar. Gleiches muss für eine psychologische Untersuchung eines Elternteils gelten. Aus Gründen der Waffengleichheit müssen die Verfahrensbevollmächtigten beider Elternteile der Untersuchung fernbleiben. Aus dem gleichen Grund darf auch eine Begleitperson des zu Untersuchenden nicht zugelassen werden, die das Geschehen beobachten und bezeugen soll. Soweit teilweise vertreten wird, die Teilnahme einer Begleitperson zu Beweiszwecken (,die keine Teilnahme- oder Äußerungsrechte hat), könne nicht untersagt werden (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 3. Februar 2015 -II-14 UF 135/14, 14 UF 135/14-, juris), berücksichtigt diese Entscheidung den Grundsatz der Waffengleichheit (vgl. Hansen DRiZ 2013, 400, 401), der gebieten würde, dass auch die übrigen Beteiligten einen "Beobachter" entsenden dürfen, nicht. Denn es ist denkbar, dass der zu Untersuchende und die in seinem Lager stehende Begleitperson einen Sachverhalt schildern, der die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen begründen könnte, ohne dass sich der Sachverständige - wenn keine Video-...

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