Entscheidungsstichwort (Thema)

Nutzungsschranken für „Geschäftsräume”. Wohnungseigentumssache betreffend die Wohnungseigentumsanlage

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Auslegung der in der Teilungserklärung für ein Teileigentum festgelegten Zweckbestimmung als „Geschäftsräume” ist auf eine wertende Beurteilung und eine Gesamtwürdigung der Teilungserklärung unter Einbeziehung der örtlichen Verhältnisse (Charakter der Wohnanlage) abzustellen (im Anschluß an BayObLG, WuM 1985, 298).

2. Mit der Zweckbestimmung des Teileigentums als „Geschäftsräume” läßt sich der Betrieb eines bis in die frühen Morgenstunden geöffneten Nachtlokals mit Musikveranstaltungen allenfalls dann vereinbaren, wenn eine solche gewerbliche Nutzung dem Charakter der Wohnanlage entspricht.

 

Normenkette

WEG § 5 Abs. 4, § 14 Nr. 1, § 15 Abs. 1, 3

 

Beteiligte

weitere Beteiligte zu 10. bis 44. wie aus dem Beschluß des Landgerichts vom 13. Januar 1988 ersichtlich

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 76 II (WEG) 32/86)

LG Berlin (Aktenzeichen 191 T 102/87 (WEG))

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung – auch über die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens – an das Landgericht Berlin zurückverwiesen.

Der Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 8.000,– DM.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer der im Rubrum naher bezeichneten Wohnanlage. Der Antragsgegnerin gehört das in der Teilungserklärung vom 4. Februar 1977 unter § 1 Nr. 4 und 5 wie folgt beschriebene Teileigentum:

„… Miteigentumsanteil von 4,81/100 stel, verbunden mit dem Sondereigentum an den Geschäftsräumen Nr. … im Hause … S., gelegen im Erdgeschoß, bestehend aus 3 Räumen mit Nebengelaß, ca. 139,31 qm groß und dem ausschließlichen Sondernutzungsrecht an der Kellerbox Nr. … … Miteigentumsanteil von 2, 69/100 stel, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Hause R. S., Erdgeschoß rechts gelegenen Wohnung Nr. … bestehend aus 3 Zimmern mit Nebengelaß, ca. 78,02 qm groß und dem ausschließlichen Sondernutzungsrecht an der Kellerbox Nr. …”

Die Räume des Teileigentums Nr. … und …, in denen sich zuletzt eine Drogerie und bis zum Kriegsende eine „Eckkneipe” befand, sind durch einen offenen Zugang miteinander verbunden.

Durch schriftlichen Vertrag vermietete die Antragsgegnerin die vorbezeichneten Räumlichkeiten mit Wirkung zum 1. Januar 1986 bis zum 31. Dezember 1990 an G. C. zum Betrieb als „Musikcafé”. Aufgrund dieses Mietvertrages betreibt die Mieterin in den Räumen die Gaststätte „T. R.”, die jedenfalls nach dem Vortrag der Antragsgegnerin in der Zeit von 23.00 Uhr bis 5.00 Uhr morgens geöffnet ist und die in der veröffentlichten Werbung als neuer „Nachtclub” mit Öffnungszeiten von 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr („Freitags und Samstags open end”) bezeichnet wird.

Die Antragsteller, die sich durch den Betrieb der Gaststätte in ihren Rechten beeinträchtigt, insbesondere durch den mit dem Nachtbetrieb des Lokals verbundenen Musiklärm und den von den Fahrzeugen der Gäste ausgehenden Geräuschen gestört fühlen, haben im vorliegenden Verfahren unter anderem die Feststellung begehrt, daß die Antragsgegnerin nicht berechtigt ist, das in ihrem Eigentum stehende Teileigentum Nr. … Dritten zum Betriebe einer Gaststätte, eines Musikcafés oder einer Nachtbar zur Verfügung zu stellen. Durch Beschluß vom 6. April 1987 hat das Amtsgericht Schöneberg zwar festgestellt, daß die Antragsgegnerin nicht berechtigt ist, die in ihrem Eigentum stehendeWohnung Nr. … durch Dritte gewerblich nutzen zu lassen, und die Antragsgegnerin auch verpflichtet, dafür zu sorgen, daß die Pächter bzw. Mieter des in ihrem Eigentum stehenden Teileigentums Nr. … nicht in das Gemeinschaftseigentum durch Umbaumaßnahmen eingreifen, jedoch den vorgenannten Feststellungsantrag betreffend das Teileigentum Nr. … zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1. bis 4. hat das Landgericht durch Beschluß vom 13. Januar 1988 zurückgewiesen.

Gegen diesen den Beteiligten zu 1. bis 4. am 3. Februar 1988 zugestellten Beschluß richtet sich ihre am 15. Februar 1988 bei Gericht eingegangene sofortige weitere Beschwerde. Sie erstreben damit weiterhin die Feststellung, daß die Antragsgegnerin nicht berechtigt ist, das in ihrem Eigentum stehende Teileigentum Nr. 4 Dritten zum Betriebe einer Gaststätte, eines Musikcafés oder einer Nachtbar zur Verfügung zu stellen, und die Antragsgegnerin zu verpflichten, das Mietverhältnis betreffend die Gaststätte „I. R.” zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu kündigen.

II.

Das als Rechtsbeschwerde gemäß § 45 Abs. 1 WEG in Verbindung mit § 27 FGG statthafte Rechtsmittel der Beschwerdeführer ist rechtzeitig und formgerecht eingelegt worden (§§ 22 Abs. 1, 29 FGG). Es ist auch begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Denn die angefochtene Beschwerdeentscheidung halt einer rechtlichen Nachprüfung (§ 27 FGG...

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