Leitsatz (amtlich)

Zu den Auswahlkriterien bei Bewerbungen von Rechtsanwälten mit einem Abschluss als Diplom-Jurist um eine Notarstelle.

 

Tenor

1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 25.10.2001 - M 541 G KG - wird zurückgewiesen.

2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

3. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

4. Der Wert des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz wird auf 10.225,84 EUR (20.000 DM), derjenige in der Hauptsache auf 51.129,19 EUR (100.000 DM) festgesetzt.

 

Gründe

A. Der 1956 geborene Antragsteller studierte Rechtswissenschaft in der Fachrichtung Wirtschaftsrecht an der Martin-Luther-Universität in Halle-Wittenberg. Er schloss das Studium 1983 mit dem Gesamtprädikat "gut" ab, daneben wurde ihm der akademische Grad des Diplom-Juristen mit dem Prädikat "sehr gut" verliehen. In der Folgezeit absolvierte er an der Universität in Halle-Wittenberg ein wirtschaftsrechtliches Forschungsstudium und promovierte 1987 zum "Dr. jur.".

Im Mai 1990 wurde der Antragsteller vom Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik - Ministerium der Justiz - zum Rechtsanwalt zugelassen, zunächst mit Sitz in Potsdam, ab August 1990 mit Sitz in Berlin. Im Dezember 1990 erfolgte die Zulassung des Antragstellers bei dem LG Berlin.

Im Jahr 1995 trat der Antragsteller den Referendardienst im Bezirk des KG an und legte im Februar 1997 vor dem Justizprüfungsamt Berlin die zweite juristische Staatsprüfung mit der Note "befriedigend" (7,30 Punkte) ab. Seit 1998 ist er als Rechtsanwalt auch bei dem KG zugelassen.

Der Antragsteller hat sich um eine der im Amtsblatt für Berlin vom 31.3.2000 (ABl. S. 1091) ausgeschriebenen 60 Notarstellen beworben. Mit Bescheid vom 25.10.2001 teilte ihm die Antragsgegnerin mit, dass beabsichtigt sei, die Notarstellen anderen Bewerbern zu übertragen. Die in der Besetzungsliste auf den Plätzen 1 bis 60 geführten Bewerberinnen und Bewerber hätten Punktzahlen von 123,45 (Rang 1) bis 100,35 (Rang 60) Punkten erreicht. Seine fachliche Eignung sei mit 95,40 Punkten zu bewerten. Die Antragsgegnerin hat dabei die Note der vom Antragsteller abgelegten zweiten juristischen Staatsprüfung zugrunde gelegt und hierfür 36,50 Punkte (7,30 × Multiplikator 5) berücksichtigt.

Gegen diesen, ihm am 29.10.2001 zugestellten Bescheid wendet sich der Antragsteller mit seinem am 13.11.2001 eingegangenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung.

Er meint, die Antragsgegnerin hätte bei der Bewertung der fachlichen Eignung seine Benotung als Diplom-Jurist zugrunde legen müssen. Nach der Rechtsprechung des BVerfG sei Diplom-Juristen der Zugang zum Notariat unter den gleichen Voraussetzungen wie Juristen mit der Befähigung zum Richteramt zu gewähren. In seinem Fall folge aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung, dass er gegenüber Bewerbern aus dem Beitrittsgebiet, die es beim Diplom haben bewenden lassen, nicht benachteiligt werden dürfe, also auch für ihn statt des zusätzlich erworbenen zweiten Staatsexamens sein Zeugnis als Diplom-Jurist maßgeblich sei. Da er das Diplom mit der Note "gut" erworben habe, sei gem. § 12 Abs. 2a) der AVNot der Mittelwert dieser Notenstufe zugrunde zulegen, entsprechend 12,74 Punkte. Unter Berücksichtigung des Multiplikators 5 ergebe sich ein Punktwert von 63,70 für die Staatsprüfung und damit eine Gesamtpunktzahl von 122,60.

Der Antragsteller beantragt, der Antragsgegnerin zu verpflichten, ihn zum Notar zu bestellen, hilfsweise die Antragsgegnerin zu verpflichten, seinen Antrag auf Bestellung zum Notar unter Beachtung der Auffassung des Gerichts neu zu bescheiden, sowie die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, eine der im Amtsblatt für Berlin vom 31.3.2000 (ABl. S. 1091) ausgeschriebenen Notarstellen bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache freizuhalten.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Anträge zurückzuweisen.

Sie meint, das Diplom des Antragstellers sei schon deshalb zu Recht unberücksichtigt geblieben, weil es nicht innerhalb der Bewerbungsfrist eingereicht worden sei. Außerdem sage das Ergebnis der vom Antragsteller im Jahr 1997 abgelegten zweiten juristischen Staatsprüfung mehr über seine fachliche Eignung für das angestrebte Notaramt aus als der Hochschulabschluss mit Fachrichtung Wirtschaftsrecht aus dem Jahr 1983.

Jedenfalls aber sei es weder geboten noch zulässig gewesen, die Abschlussnote des Diploms mit der entsprechenden Notenstufe der zweiten juristischen Staatsprüfung gleichzusetzen. Dies hätte Notarbewerber (nur) mit zweitem juristischem Staatsexamen unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG unangemessen benachteiligt. Nach Auskunft von in der DDR tätigen Hochschullehrern seien Leistungen der Diplom-Juristen in den Hochschulzeugnissen überwiegend mit "gut" oder "sehr gut" bewertet worden. Die zweite juristische Staatsprüfung werde dagegen von der Mehrzahl der Absolventen mit der Note "ausreichend" oder "befriedigend" abgelegt. Sofern eine Umrechnung der Abschl...

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