Entscheidungsstichwort (Thema)

EuVTVO und Zugewinnausgleich

 

Leitsatz (redaktionell)

Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen

 

Normenkette

ZPO § 1080 Abs. 2; VO (EG) Nr. 805/2004

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 09.12.2009; Aktenzeichen 143 F 9706/08)

 

Tenor

Die Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 9.12.2009 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Beschwerde der Gläubigerin gegen die Entscheidung des AG, ihren Antrag auf Erteilung einer Bestätigung nach der VO (EG) Nr. 805/2004 zurückzuweisen, ist nach § 1080 Abs. 2 ZPO zwar zulässig, im Ergebnis aber unbegründet.

Zwar trifft die Begründung der zurückweisenden Entscheidung nicht zu, da der in Bezug genommene Art. 6 Abs. 1 lit. d der Verordnung nur Verbrauchersachen betrifft (die drei hinter den Spiegelstrichen genannten Voraussetzungen müssten kumulativ, nicht alternativ vorliegen); die Erteilung einer Bestätigung nach der VO scheidet aber deshalb aus, weil diese nach Art. 2 Abs. 2 auf den vorliegenden Titel nicht anwendbar ist. Nach Art. 2 Abs. 2 lit. a ist die Verordnung nicht anzuwenden u.a. auf "die ehelichen Güterstände". Zu Unrecht geht die Gläubigerin davon aus, dass es im vorliegenden Verfahren nicht um einen gesetzlichen Anspruch aus dem ehelichen Güterrecht geht, weil es nur um die (vollstreckbare) Titulierung einer in der notariellen Vereinbarung vom 26.7./7.8.2000 vereinbarten Forderung ging. Die maßgebliche Vereinbarung (§ 3 Nr. 3 Abs. 2 der Vereinbarung) ist Teil der als "Ausgleich sämtlicher Ansprüche auf Zugewinnausgleich" versprochenen Leistungen. Ein selbständiges Schuldversprechen im Sinne einer Schuldumschaffung ist ersichtlich nicht vereinbart. Folglich - und zu Recht - hat die Klägerin die vorliegende Klage auch als "Zahlungsklage auf Zugewinnausgleich" überschrieben.

Eine solche Klage fällt aber unter "die ehelichen Güterstände" i.S.d. Art. 2 der VO Nr. 805. Die dort genannten Ausnahmen vom Anwendungsbereich entsprechen denen der VO Nr. 44/2001 (EuGVÜ). Keineswegs sind hiermit - wie in der Beschwerde geltend gemacht - nur Statusfragen gemeint, was sich schon daraus ergibt, dass die VO Nr. 805 ohnehin nur auf Forderungen über eine bestimmte Geldsumme anzuwenden ist (Art. 3 Abs. 1, ASrt. 4 Nr. 2). Ausgleichsansprüche nach Liquidation eines Güterstandes nach Scheidung der Ehe oder wie hier nach ehevertraglicher Beendigung eines Güterstandes zählen daher zu den "ehelichen Güterständen" im Sinne dieser Verordnung (vgl. Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 8. Aufl. 2005, Rz. 26 zu Art. 1 EuGVÜ unter Zitierung des sog. Schlosser-Berichtes; ebenso Rauscher, Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 2005, Rz. 1 zu Art. 1 EuGVÜ).

Die Richtigkeit dieser Auslegung ergibt sich auch daraus, dass ansonsten die auch von der Beschwerde unter Heranziehung der Entscheidungen des EuGH hervorgehobene Notwendigkeit nicht bestünde, bei einer Zahlung gegebenenfalls danach zu differenzieren, ob die Zahlung (auch) der Sicherung des Unterhalts dient. Dies ist aber hier ohne Zweifel nicht der Fall. Die versprochenen Leistungen, zu denen auch die Wertsicherung gehört, stellen ausdrücklich die Zahlung zum Ausgleich des Zugewinns dar. Die Unterhaltspflicht von monatlich 2.500 DM wurde außerhalb der Urkunde zusätzlich vereinbart und auf diese in § 8 des Vertrages Bezug genommen. Dass die Gläubigerin für die Zeit nach vollständiger Erfüllung der Zugewinnausgleichsansprüche auf Unterhalt verzichtet hat, macht aber die Zugewinnausgleichsforderung auch nicht teilweise zu einer Unterhaltsabfindung, sondern trägt nur dem Wegfall der Tatbestandsvoraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs (§ 1577 Abs. 1 BGB: Wegfall der Bedürftigkeit) Rechnung.

Soweit die Gläubigerin geltend macht, dass die Ausschlussgründe nach Art. 2 Abs. 2 dann nicht eingreifen, wenn sich die Parteien vertraglich geeinigt haben, so trifft das in dieser Form - jedenfalls auf den vorliegenden Fall - nicht zu. Da es sich bei den Forderungen i.S.d. Art. 3 um bestimmte Geldforderungen handeln muss, muss sich auch das ausdrückliche Anerkenntnis i.S.v. Art. 3 Abs. 1 lit. d auf diese bestimmte Forderung beziehen. Dies liegt eben gerade nicht vor, schon gar nicht in der in Art. 25 vorgesehenen vollstreckbaren Form.

Auch soweit die Gläubigerin geltend macht, dass gem. Art. 8 der VO. Nr. 805 das Versäumnisurteil jedenfalls i.H.v. 1.880,20 EUR nebst Zinsen als Europäischer Vollstreckungstitel zu bestätigen sei, ist die Beschwerde unbegründet. Richtig ist zwar, dass eine Forderung, deren eigentlicher Gegenstand ein von dem Anwendungsbereich der VO Nr. 805 erfasstes Rechtsgebiet betrifft, auch dann in den Anwendungsbereich fällt, wenn es sich bei ihm um den akzessorischen Teil eines Verfahrens handelt, das auf Grund seines Streitgegenstandes dem Anwendungsbereich nicht unterliegt (EuGH NJW 1980, 1218 für Art. 1 des VollstrZustÜbk). In diesem Verfahren (de Cavel) ging es jed...

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