Leitsatz (amtlich)

1. Ein Verstoß gegen die Pfanderhebungspflicht gem. § 8 Abs. 1 VerpackV stellt zugleich einen Wettbewerbsverstoß i.S.v. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG dar.

2. Ein Imbissstand ist gem. § 3 Abs. 10 S. 2 VerpackV regelmäßig als Endverbraucher anzusehen, der der Pfanderhebungspflicht nicht unterliegt.

3. Ein etwaiger Verstoß gegen die Pfanderhebungspflicht beim Außer-Haus-Verkauf von Getränken durch einen Imbissstand ist regelmäßig nicht geeignet, i.S.v. § 3 UWG den Wettbewerb nicht unerheblich zu beeinträchtigen.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 22.03.2005; Aktenzeichen 102 O 20/05)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der Kammer für Handelssachen 102 des LG Berlin vom 22.3.2005 - 102 O 20/05 - wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Beschwerdewert wird auf 6.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 567 ff. ZPO zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Dem Antragsteller steht gegen den Antragsgegner der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung des Vertriebs von Getränken in Einwegverpackungen ohne Erhebung von Pfand gem. §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG i.V.m. § 8 Abs. 1 S. 1 der Verpackungsverordnung (VerpackV) nicht zu.

1. Der Antragsteller hat einen Verstoß des Antragsgegners gegen § 8 Abs. 1 VerpackV schon in tatsächlicher Hinsicht nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht.

Gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 VerpackV sind Vertreiber, die flüssige Lebensmittel in Getränkeverpackungen, die keine Mehrwegverpackungen sind, in Verkehr bringen, verpflichtet, von ihrem Abnehmer ein Pfand i.H.v. mindestens 0,25 EUR (ab einem Füllvolumen von mehr als 1,5 Liter von mindestens 0,50 EUR) einschließlich Umsatzsteuer je Verpackung zu erheben. Die Verpflichtung gilt für alle Handelsstufen bis zur Abgabe an den Endverbraucher (§ 8 Abs. 1 S. 2 VerpackV). Nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 10 S. 1 und 2 VerpackV sind (private) Endverbraucher im Sinne dieser Verordnung auch Haushaltungen und vergleichbare Anfallstellen von Verpackungen, insb. Gaststätten, die über haushaltsübliche Sammelgefäße u.a. für Leichtverpackungen im haushaltsüblichen Abfuhrrhythmus entsorgt werden können.

Vorliegend legt die Bezeichnung des vom Antragsgegner betriebenen Unternehmens als "China-Imbiss" die Annahme nahe, dass es sich um einen bloßen Imbissstand handelt, in dem Speisen auf Bestellung in kurzer Zeit zum sofortigen Verzehr oder zur Mitnahme zubereitet und dazu auch Getränke zum Verkauf angeboten werden. Es ist davon auszugehen, dass die dabei anfallenden Getränkeverpackungen noch über haushaltsübliche Sammelgefäße im haushaltsüblichen Abfuhrrhythmus entsorgt werden können. Gegenteiliges - etwa ein besonderer Umfang des Getränkeverkaufs - ist vom Antragsteller nicht vorgetragen und auch nicht glaubhaft gemacht worden. Der vom Antragsgegner betriebene Imbiss ist demnach gem. § 3 Abs. 10 S. 2 VerpackV - vergleichbar einer Gaststätte - als Endverbraucher im Sinne der Verordnung anzusehen, der als solcher der Pfanderhebungspflicht nicht unterliegt (§ 8 Abs. 1 S. 2 VerpackV).

2. Selbst wenn in tatsächlicher Hinsicht ein Verstoß des Antragsgegners gegen § 8 Abs. 1 S. 1 VerpackV vorliegen sollte, ist jedenfalls ein Unterlassungsanspruch des Antragstellers gem. §§ 3, 4 Nr. 11, § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG mangels Erheblichkeit des Verstoßes nicht gegeben.

a) Allerdings ist der Antragsteller nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG antragsbefugt. Er hat glaubhaft gemacht, dass er die Voraussetzungen des § 4 des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) erfüllt und in die Liste qualifizierter Einrichtungen eingetragen ist. Seine Antragsbefugnis ist gem. § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG (anders als nach § 13 Abs. 2 Nr. 3 a.F.) nicht auf Wettbewerbsverstöße beschränkt, die wesentliche Belange der Verbraucher berühren, da die Verfolgung von Bagatellverstößen bereits durch § 3 UWG ausgeschlossen ist (Baumbach/Hefermehl/Köhler, UWG, 23. Aufl., § 8 Rz. 3.52).

b) Gemäß § 4 Nr. 11 UWG handelt unlauter i.S.v. § 3 UWG insb., wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Als Marktverhalten ist jede Tätigkeit auf einem Markt anzusehen, die unmittelbar oder mittelbar der Förderung des Absatzes oder Bezugs eines Unternehmens dient; dazu gehören das Angebot und die Nachfrage von Waren (vgl. Baumbach/Hefermehl/Köhler, UWG, 23. Aufl., § 4 Rz. 11.34).

Zu der Bestimmung des § 8 Abs. 1 VerpackV hat der Senat in seinem noch zu § 1 UWG a.F. ergangenen Beschl. v. 2.12.2003 - 5 U 231/03 - ausgeführt:

"§ 8 Abs. 1 VerpackV dient der Wahrung der Lauterkeit des Wettbewerbs; ein Verstoß gegen diese Vorschrift stellt daher zugleich einen Verstoß gegen § 1 UWG dar. Denn § 8 Abs. 1 VerpackV ist zwar auf den Umweltschutz ausgerichtet. Sie wirkt sich aber nicht im "Vorfeld des Wettbewerbshandelns" aus (zu diesem Erfordernis BGH v. 11.5.2000 - I ZR 28/98, MDR 2000, 1206 = GRUR 2000, 1076), sondern u...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge