Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 36 O 530/04)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtaussetzung des Rechtsstreits wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 83.656,38 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer wurde von dem Erblasser auf Rückzahlung von aus dessen Vermögen entnommenen Zahlungen in Anspruch genommen. Nachdem das LG durch Endurteil ein zuvor ergangenes, auf antragsgemäße Zahlung an den Erblasser gerichtetes Versäumnis-urteil bestätigt hatte, verstarb der Erblasser vor Abfassung und Zustellung der Urteilsgründe des landgerichtlichen Urteils. Ebenfalls vor Zustellung des landgerichtlichen Urteils wurde der vormalige Betreuer und Prozessbevollmächtigte des Erblassers im Hinblick auf ein den Beklagten enterbendes Testament zum Nachlasspfleger für die unbekannten Erben nach dem Erblasser bestellt und erklärte, den Rechtsstreit für diese fortzuführen.

Der Beschwerdeführer beantragte nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils die Aussetzung des Verfahrens nach § 246 Abs. 1 ZPO. Das LG beschied diesen Antrag nicht, führte jedoch in seinem Urteil aus, dass Raum für eine Verfahrensaussetzung nicht bestehe, da der Urteilstenor bereits vor dem Tod des Erblassers verkündet worden sei.

Mit der sofortigen Beschwerde hat der Beschwerdeführer die Anordnung der Verfahrensaus-setzung unter Hinweis darauf begehrt, dass die Anordnung der Nachlassverwaltung zu Unrecht erfolgt sei, weil es kein wirksames Testament des Erblassers gebe und er deshalb gesetzlicher Erbe sei, was sich auch im Erbscheinsverfahren herausstellen werde.

Die sofortige Beschwerde blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Die nach § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 252 ZPO statthafte sofortige Beschwerde gegen die Nichtaussetzung des Rechtsstreits durch das LG ist zulässig, da sie form- und fristgemäß eingelegt worden ist. Zur ihrer Entscheidung ist der Einzelrichter des Beschwerdegerichts nach § 568 ZPO berufen, da die Entscheidung von einem Einzelrichter erlassen wurde und die Sache weder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist noch von grundsätzlicher Bedeutung ist.

Zwar entbehrt es einer selbständigen Entscheidung des LG über den vom Beklagten gestellten Aussetzungsantrag nach § 246 Abs. 1 ZPO, das LG hat hierüber jedoch in den Gründen des dem Beklagten am 8.12.2005 zugestellten Urteils vom 18.10.2005 befunden, indem es eine Aussetzung des Rechtsstreits als nicht angezeigt angesehen hat.

Auch wenn die Entscheidung über die Aussetzung in einem grundsätzlich nur mit dem Rechtsmittel der Berufung anfechtbaren Urteil enthalten ist, ist hier ausnahmsweise auch die sofortige Beschwerde nach §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 252 ZPO als statthaft anzusehen. Die Entscheidung des LG vom 18.11.2005 beruht nicht auf der Verweigerung der Aussetzung, zumal der Aussetzungsgrund erst nach Urteilsverkündung entstanden ist. Lediglich die Urteilsgründe verbinden die Entscheidung über die Klage mit der über die Aussetzung. Wenn aber die Ablehnung der Aussetzung nicht der Begründung einer vor Stellung des Aussetzungsantrags ergangenen Entscheidung dient, muss sie als selbständige, mit der sofortigen Beschwerde anfechtbare Entscheidung angesehen werden.

Das LG hat die Aussetzung des Rechtsstreits i.E. zu Recht abgelehnt.

Allerdings hat das LG in seiner Entscheidung übersehen, dass der Tod des früheren Klägers zwar gem. § 249 Abs. 3 ZPO nicht zur Aussetzung des Rechtsstreits hinsichtlich der Begründung und Zustellung des bereits vor dem Tod des vormaligen Klägers verkündeten Urteils führt, wohl aber das LG in der Zeit zwischen dem Erlass des Endurteils und der Einlegung eines Rechtsmittels noch über den Aussetzungsantrag zu befinden hat (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 246 Rz. 3). Die dann etwa noch anzuordnende Aussetzung hat insoweit gem. § 249 Abs. 1 ZPO auch Einfluss auf den Lauf der Rechtsmittelfristen hat.

Das LG musste aber den Rechtsstreit nicht nach § 246 ZPO aussetzen. Zwar handelt es sich insoweit um eine gebundene Entscheidung, die dem Gericht einen Ermessenspielraum nicht einräumt, hat es über den Aussetzungsantrag nicht bereits bei Eingang des Antrags, sondern erst nach Gewährung rechtlichen Gehörs ggü. dem Prozessgegner zu entscheiden. Nach Gewährung rechtlichen Gehörs bestand ein Aussetzungsgrund jedoch nicht, weil die Beschwerdegegner, vertreten durch den Nachlasspfleger, mit Schriftsatz vom 2.12.2005 bereits erklärt hatten, den Rechtsstreit aufnehmen und fortführen zu wollen.

Insoweit besteht nach §§ 241, 243, 246 Abs. 2 ZPO kein Raum mehr für die Aussetzung des Rechtsstreits. Insbesondere spielt es hierfür keine Rolle, ob die Bestellung des Nachlasspflegers zu Recht erfolgt ist, diese Frage ist dem Verfahren über die Nachlasspflegschaft vorbehalten. Entgegen der Auffassung des Beklagten gibt es auf jeden Fall mehrere Erbprätendenten. Wenn er wirksam testamentarisch enterbt worden sein sollte und kein anderer Erbe an seiner Stelle benannt ist, scheidet er einerseits als geset...

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