Entscheidungsstichwort (Thema)

Formbedürftigkeit von Abschluß- und Auflassungsvollmacht. im Grundbuch verzeichnetes Wohnungseigentum

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Vollmacht zum Erwerb eines Grundstückes oder von Wohnungseigentum unterliegt ausnahmsweise dem Formzwang des § 313 BGB, wenn sich ihre Erteilung aufgrund der Umstände des Einzelfalles als Vorwegnahme der Erwerbsverpflichtung darstellt.

2. Der Formzwang des § 313 BGB erstreckt sich auch auf die Auflassungsvollmacht, wenn diese mit einem schuldrechtlichen Vertrag ein einheitliches Rechtsgeschäft bildet, dass einerseits dieser Form bedarf.

 

Normenkette

GBO §§ 20, 29 Abs. 1; BGB § 313 S. 1, § 167 Abs. 2; WEG § 4 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 19.12.1983; Aktenzeichen 84 T 169/83)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Wert beider Beschwerdeverfahren wird – zugleich in Änderung der Wertfestsetzung der Zivilkammer 84 im angefochtenen Beschluß – für beide Beschwerdeverfahren auf je 5.000,– DM festgesetzt.

 

Gründe

Die weitere Beschwerde ist statthaft (§ 78 GBO), in rechter Form eingelegt worden (§ 80 Abs. 1 Satz 2 GBO) und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch unbegründet.

Ohne Rechtsfehler haben die Vorinstanzen angenommen, Voraussetzung für die beantragte Eigentumsumschreibung sei der Nachweis der rechtswirksamen Auflassung, dieser sei aber bisher nicht erbracht. Nach § 20 GBO darf im Falle der Auflassung eines Grundstücks im Grundbuch die Eintragung nur erfolgen, wenn die erforderliche Einigung des Berechtigten und des Erwerbers erklärt ist. Das Grundbuchamt hat also nicht nur zu prüfen, ob die Einigung tatsächlich erklärt ist, sondern auch, ob diese Einigung rechtswirksam ist. Dazu gehört, sofern, wie hier, eine Einigung durch einen rechtsgeschäftlichen Vertreter erklärt worden ist, dessen Vertretungsmacht. In Anwendung dieser Grundsätze sind die Vorinstanzen mit Recht der Frage der Formgültigkeit der formularmäßigen, lediglich öffentlich beglaubigten Vollmacht der Beteiligten zu 2 nachgegangen.

Nach § 167 Abs. 2 BGB bedarf die Erteilung der Vollmacht grundsätzlich nicht der Form, die für das Rechtsgeschäft bestimmt ist, auf das sich die Vollmacht bezieht. Auch im Grundstücksverkehr ist daher trotz der Regelung des § 313 BGB dem Grundsatz nach die Vollmacht formfrei. Lediglich das Grundbuchverfahrensrecht verlangt zum Nachweis dieser Vollmacht gegenüber dem Grundbuchamt gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO die Erteilung der Vollmacht (wenigstens) in öffentlich beglaubigter Form, der hier genügt ist. Der Grundsatz der Formfreiheit der Vollmacht auch im Grundstücksverkehr gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Als formbedürftig wird die Auflassungsvollmacht – wie auch die Abschlußvollmacht – allgemein dann angesehen, wenn sie mit einem schuldrechtlichen Vertrag ein einheitliches Rechtsgeschäft bildet, das seinerseits der Form des § 313 BGB bedarf (RGZ 81, 49/51; 94, 147/149; Staudinger-Wufka, BGB, 12. Aufl. 1979, § 313 Rdn. 126; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, Grundbuchrecht, 2. Aufl. 1979, § 20 Rdn. 89; vgl. auch RGZ 50, 163). Darüber hinaus ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, daß eine Vollmacht zur Veräußerung eines Grundstücks auch denn der Formvorschrift des § 313 BGB unterliegt, wenn eine formfreie Bevollmächtigung deshalb zur Umgehung der Formvorschrift führen würde, weil seitens des Veräußerers durch Erteilung der Vollmacht tatsächlich oder rechtlich bereits dieselbe Gebundenheit hervorgerufen worden ist wie durch den Abschluß des formbedürftigen Hauptvertrages selbst. Dies ist anzunehmen, wenn die Vollmacht entweder unwiderruflich oder zwar widerruflich ist, tatsächlich aber mit der Bevollmächtigung schon die gleiche Bindungswirkung eintreten sollte und nach der Vorstellung des Vollmachtgebers auch eingetreten ist, wie durch den Abschluß des formbedürftigen Hauptvertrages, die Vollmacht mithin den damit in Wahrheit bereits gewollten Grundstücksübertragungsvertrag lediglich verdeckt (RGZ 76, 182/184; 104, 236; BGH DNotZ 1963, 672; WM 1965, 1006 = DNotZ 1966, 92; WM 1974, 1229; OLG Stuttgart Rpfleger 1981, 145; OLG Frankfurt Rpfleger 1979, 133; OLG Zweibrücken Rpfleger 1982, 216; Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 7. Aufl. 1983, Rdn. 1951; Kuntze/Ertl/Hermann/Eickmann, a.a.O.; vgl. auch KG JW 1937, 471; Kanzleiter DNotZ 1979, 687/688). Als ein Fall, in dem sich die Vollmacht lediglich als das äußere Gewand der ins Auge gefaßten Verpflichtung darstellt, kann zwar dabei noch nicht der angesehen werden, in dem die Ausgestaltung der Vollmacht lediglich auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht (BGH DNotZ 1965, 549; 1979, 684). Auch die Befreiung des Bevollmächtigten von den Beschränkungen des § 181 BGB stellt für sich allein keinen Umstand dar, der die Anwendung des § 313 BGB gebietet (BGH DNotZ 1966, 92/96 = WM 1965, 1006; 1979, 684/685). Sie kann jedoch im Zusammenwirken mit sonstigen Umständen ein nicht ungewichtiges Indiz sein. So ist es in der Rechtsprechung wiederholt als ausreichend für das Eingreifen der Formvorschrift angesehen word...

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