Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 15.09.1992; Aktenzeichen 100 AR 11/93)

LG Berlin (Beschluss vom 16.12.1991; Aktenzeichen 90 O 185/91)

 

Tenor

In Änderung des angefochtenen Beschlusses werden als nach dem vor dem Landgericht Berlin am 16. Dezember 1991 geschlossenen Vergleich – 90.0.147/91 – die von der Klägerin an die Beklagte zu 2) zu erstattenden Kosten anderweit auf nur. 902,90 DM (in Worten: neunhundertundzwei 90/100 Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen seit dem 25. März 1992 festgesetzt.

Der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten zu 2) vom 25. April 1992 wird zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens hat nach einem Wert von 400,– bis 500,– DM die Beklagte zu 2) zu tragen.

 

Gründe

Die Klägerin machte zunächst in getrennten Verfahren vor dem Landgericht (90.0.147 und 185/91) gleichlautende Zahlungsansprüche gegen beide Beklagte geltend. Nach Verbindung beider Verfahren schlossen die Parteien zum nunmehr führenden Aktenzeichen 90 0 147/91 einen gerichtlichen Vergleich, wonach u. a. die Klägerin 9/10 und die Beklagten 1/10 der Kosten des Rechtsstreits zu tragen haben. In einem bereits rechtskräftig – abgeschlossenen Kostenfestsetzungsverfahren, welches zum Aktenzeichen 90 0 147/91 durchgeführt wurde, hat der Rechtspfleger u. a. zugunsten beider Beklagten eine gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO um 3/10 erhöhte Prozeßgebühr berücksichtigt und ausgeglichen. In der weiteren Kostenausgleichung betreffend die anwaltlichen Prozeßgebüren der Beklagten zu 2) und der Klägerin vor Verbindung (90 0 185/91), die Gegenstand des vorliegenden Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens ist, hat der Rechtspfleger auch bei der Beklagten zu 2) antragsgemäß eine 10/10-Prozeßgebühr in Ansatz gebracht. Der Kostenfestsetzungsbeschluß vom 15. September 1992 ist der Klägerin am 21. September 1992 zu Händen der Rechtsanwälte Gaedertz u. a. in Wiesbaden zugestellt worden. Diese Rechtsanwälte sind mit den in Berlin kanzleiansässigen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin in einer sog. überörtlichen Sozietät zusammengeschlossen. Am 12. Oktober 1992 hat die Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß Erinnerung eingelegt, mit der sie sich unter Hinweis auf die in dem bereits abgeschlossenen Kostenfestsetzungsverfahren berücksichtigte, nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO um 3/10 erhöhter Prozeßgebühr dagegen wendet, daß bei der Kostenausgleichung zugunsten dar Beklagten erneut eine Prozeßgebühr in voller Höhe in Ansatz gebracht worden ist. Das Landgericht hat die Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses an die Wiesbadener Anwälte für wirksam gehalten, die Erinnerung deshalb als verspätet angesehen und sie dem Kammergericht als sofortige Beschwerde vorgelegt.

Das Rechtsmittel ist gemäß § 11 Abs. 1 und 2 Satz 4 RpflG in Verbindung mit § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO zulässig. Insbesondere ist es rechtzeitig eingelegt worden, und zwar unbeschadet dessen, daß zwischen der Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses an die Wiesbadener Anwälte am 21. September 1992 und der Einlegung der Erinnerung am 12. Oktober 1992 mehr als zwei Wochen (vgl. § 104 Abs. 3 Satz 1, 577 Abs. 2 ZPO) liegen. Denn die Zustellung an die Wiesbadener Anwälte war unwirksam, so daß die Erinnerungs- und Beschwerdefrist nicht zu laufen begann. Dem steht nicht entgegen, daß die Wiesbadener Anwälte mit den Berliner Prozeßbevollmächtigten der Klägerin in sog. überörtlicher Sozietät verbunden sind.

Nach § 176 ZPO müssen Zustellungen, die in einem anhängigen Rechtsstreit bewirkt werden sollen, an den für den Rechtszug bestellten Prozeßbevollmächtigten erfolgen. Diese Vorschrift gilt auch für Zustellungen im Kostenfestsetzungsverfahren, das ein – wenn auch selbständiges – gerichtliches Nachverfahren zum Hauptprozeß ist (OLG Hamm, Rpflger 1983, 366; Baumbach/Hartmann, ZPO, 52. Aufl., § 176 Rdn. 3; Münchkomm/von Feldmann, ZPO, § 176 Rdn. 2). Die Wiesbadener Rechtsanwälte sind nicht als für den Rechtszug „bestellte” Prozeßbevollmächtigte der Klägerin im Sinne dieser Bestimmung anzusehen. In Rechtsprechung und Schriftum ist anerkannt, daß der Begriff der „Bestellung zum Prozeßbevollmächtigten” etwas anderes und mehr bedeutet, als die bloße interne Bevollmächtigung selbst (BGH NJW 1974, 240; VersR 1979, 255; 1986, 993/994; NJW-RR 1986, 286/287; FamRZ 1992, 665; KG, 24, ZS, NJW 1987, 1338/1339; OLG Hamburg NJW-RR 1988, 1277/1278; Baumbach/Hartmann, a.a.O., § 176 Rdn, 10; Zöller/Stöber, ZPO, 18. Aufl., § 176 Rdn. 5; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 21, Aufl., § 176 Rdn. 17 ff; MünchKomm/von Feldmann, a.a.O., § 176 Rdn. 4). Für die Bestellung zum Prozeßbevollmächtigten im Sinne des § 176 ZPO könnt es daher nicht darauf an, auf welche der überörtlichen Sozietät angehörenden Rechtsanwälte sich der von der Partei erteilte Prozeßauftrag erstreckt, und unter welchen Voraussetzungen dies auch für nicht am Ort des Prozeßgerichts Kanzleiansässige Sozietätsmitglieder anzunehmen wäre (vgl. dazu Senat KG Report 1993, 14). Vielmehr liegt eine Bestellung zum Prozeßbevollmächt...

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