Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 03.12.2021; Aktenzeichen (536 KLs) 244 Js 481/16 (4/20))

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Vorsitzenden der Strafkammer 36 des Landgerichts Berlin vom 3. Dezember 2021 wird verworfen.

2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

 

Gründe

I.

Die 36. Strafkammer des Landgerichts Berlin führt gegen den Angeklagten und weitere zehn Personen sowie sieben Einziehungsbeteiligte ein Strafverfahren wegen des Vorwurfs des gemeinschaftlich begangenen gewerbs- und bandenmäßigen Subventionsbetruges (§§ 263 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 5, § 264 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3, 25 Abs. 2 StGB).

Die Angeklagten sollen zwischen dem 4. Januar 2011 und dem 27. Januar 2016 das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch unrichtige Angaben zur Bewilligung und Auszahlung von Fördergeldern an die GmbH (Gxxxx) veranlasst haben. Das hierfür genutzte Förderprogramm ("go-inno") unterstützt mittelständische Unternehmen, indem es deren Kosten für die Inanspruchnahme von Beratungsleistungen anteilig übernimmt. Um ein ernsthaftes Bedürfnis an der Beratung sicherzustellen, müssen die beratenen Unternehmen nach den Förderrichtlinien mindestens die Hälfte der anfallenden Kosten selbst tragen. Die GmbH soll in den angeklagten 340 Fällen Beratungsleistungen gegenüber dem Ministerium abgerechnet haben, die sie nicht oder jedenfalls nicht in dem geltend gemachten Umfang erbracht hatte und die von den beratenen Unternehmen faktisch auch nicht selbst bezahlt worden waren. Stattdessen soll diesen der Zahlbetrag zuvor von der GmbH selbst oder von einem ihr nahestehenden Unternehmen zur Verfügung gestellt worden sein.

An diesem System sollen sich die elf Angeklagten in unterschiedlichen Rollen beteiligt und Taten nach dem dargestellten Muster begangen haben. Dem Angeklagten liegen dabei 80 Fälle zur Last. Er soll als Prokurist der GmbH bei diesen Taten insbesondere als "interner Berater" aufgetreten sein. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Berlin vom 28. Juli 2020 und den Eröffnungsbeschluss der Strafkammer vom 25. Juni 2021 Bezug genommen.

Für den Angeklagten meldete sich noch im Ermittlungsverfahren Rechtsanwalt Dxxx als Wahlverteidiger. Mit Schriftsatz vom 18. November 2021 hat zudem Rechtsanwalt Hxxxx die Übernahme der Verteidigung neben Rechtsanwalt Dxxxx angezeigt und seine Beiordnung als Pflichtverteidiger neben dem Wahlverteidiger Dxxx beantragt. Dabei bezog er sich auf ein beigefügtes und ebenfalls an das Landgericht Berlin adressiertes Schreiben des Angeklagten, in dem auch dieser die zusätzliche Beiordnung von Rechtsanwalt Hxxxx beantragte.

Mit Beschluss vom 3. Dezember 2021 - zugestellt am 7. Dezember 2021 - hat der Vorsitzende der Strafkammer den Antrag abgelehnt. Hiergegen legte Rechtsanwalt Hxxxx mit am 7. Dezember 2021 eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde ein. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass die Beiordnung zur Gewährleistung eines fairen Verfahrens und zur Vermeidung von Verzögerungen unabdingbar sei. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat beantragt, die sofortige Beschwerde als unzulässig zu verwerfen, da diese vom Verteidiger im eigenen Namen eingelegt worden sei.

II.

1. Die form- und fristgerecht erhobene sofortige Beschwerde ist gemäß § 142 Abs. 7 Satz 1 StPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist sie im Namen des beschwerdeberechtigten Angeklagten eingelegt.

Dafür spricht zunächst die in § 297 StPO enthaltene gesetzliche Vermutung, wonach Rechtsmittel eines Verteidigers im Auftrag und mit Willen des Beschuldigten eingelegt werden. Unbeschadet der Tatsache, dass der Verteidiger dabei aus eigenem Recht und im eigenen Namen tätig wird, handelt es sich bei dem eingelegten Rechtsmittel um ein solches des Beschuldigten (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Juli 2019 - 2 StR 181/19 -, Rn. 10, juris m. w. N.).

Es spricht nichts dafür, dass die sofortige Beschwerde hier abweichend davon im eigenen (Gebühren-) Interesse des Rechtsanwalts erhoben worden ist. Im Gegenteil verfolgt das Rechtsmittel in der Sache einen Beiordnungsantrag weiter, den der Angeklagte auch selbst gestellt hatte. Die Beschwerdebegründung bezieht sich sogar ausdrücklich auf diesen Antrag des Angeklagten. Inhaltlich argumentiert der Verteidiger ebenfalls mit Interessen seines Mandanten, nämlich insbesondere mit dessen Recht auf ein faires und zügiges Verfahren.

2. Die sofortige Beschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, denn die Entscheidung des Strafkammervorsitzenden ist nicht zu beanstanden.

a) Gemäß § 144 Abs. 1 StPO können in Fällen der notwendigen Verteidigung einem Beschuldigten zu seinem Wahlverteidiger bis zu zwei weitere Pflichtverteidiger zusätzlich bestellt werden, wenn dies zur Sicherung der zügigen Durchführung des Verfahrens, insbesondere wegen dessen Umfang oder Schwierigkeit, erforderlich ist.

Nach ihrem Wortlaut hat die Vorschrift demnach zur zentralen Voraussetzung, dass ...

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