Leitsatz (amtlich)

Eine offenkundig gesetzwidrige Kostenentscheidung (hier: § 11 Abs. 2 Satz 6 RVG widersprechende Belastung der unterlegenen Partei mit außergerichtlichen Kosten der obsiegenden Partei im Vergütungsfestsetzungsverfahren) entfaltet trotz ihrer Bestandskraft keine Bindungswirkung für das Kostenfestsetzungsverfahren. Ob dies auch dann gilt, wenn es die durch die gesetzwidrige Kostenentscheidung belastete Partei unterlassen hat, durch Einlegung von Rechtmitteln auf eine Korrektur der Entscheidung hinzuwirken, wird offen gelassen (im hiesigen Falle war kein gesetzliches Rechtsmittel statthaft).

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 10.11.2009; Aktenzeichen 19 O 292/07)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG Berlin vom 10.11.2009 - 19 O 292/07 - wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 224,91 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Im Ausgangsrechtsstreit des Rechtsanwalts C.C.P. gegen den hiesigen Antragsteller hatten die Antragsgegner den hiesigen Antragsteller und dortigen Beklagten vertreten. Nach Abschluss des Rechtsstreits beantragten die Antragsgegner, die bei ihnen für die Prozessvertretung angefallenen Gebühren gem. § 11 RVG gegen den Antragsteller festzusetzen. Mit Beschluss vom 10.2.2009, berichtigt am 26.3.2009, setzte die Rechtspflegerin die vom Antragsteller an die Antragsgegner zu erstattenden Gebühren auf 5.636,86 EUR fest. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers hob der zuständige Einzelrichter des 1. Zivilsenats des KG den Festsetzungsbeschluss mit Beschl. v. 24.4.2009 - 1 W 97/09 - auf und wies den ihm zugrunde liegenden Festsetzungsantrag zurück. Ferner wurde ausgesprochen, dass die hiesigen Antragsgegner - dort als Antragsteller bezeichnet - die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen hätten. In den Gründen heißt es dazu, die Kostenentscheidung folge aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Unter dem 10.7.2009 beantragte der Antragsteller, die für das Tätigwerden seiner Betreuerin als Rechtsanwältin in dem Beschwerdeverfahren angefallenen Gebühren i.H.v. 224,91 EUR gegen die Antragsgegner festzusetzen. Durch Beschluss vom 10.11.2009 wies die Rechtspflegerin den Antrag zurück, weil sich die Betreuerin in dem Beschwerdeverfahren nicht als verfahrensbevollmächtigte Rechtsanwältin gemeldet habe und keine Gebühren nach RVG abrechnen könne. Gegen den dem Antragsteller am 17.11.2009 zugestellten Beschluss legte dessen Verfahrensbevollmächtigter am 18.11.2009 "Beschwerde" ein. Der Antragsteller vertritt die Auffassung, dass die Tätigkeit seiner Betreuerin in dem Beschwerdeverfahren eine berufsspezifische Leistung in ihrer Eigenschaft als Rechtsanwältin dargestellt habe, für welche die Betreuerin neben ihrer Betreuervergütung Gebühren nach dem RVG beanspruchen könne.

Im Mai 2010 schlug der Einzelrichter den Parteien vor, das Beschwerdeverfahren einvernehmlich dergestalt zu beenden, dass die Antragsgegner die Hälfte des streitigen Betrages, mithin 112,45 EUR, bei Kostenaufhebung an den Antragsteller zahlen. Der Antragsteller stimmte dem Vorschlag mit der Maßgabe zu, dass er nach Zahlung von 112,45 EUR die Erledigung des Beschwerdeverfahrens erklären wolle. Die Antragsgegner teilten mit, es könne entsprechend dem gerichtlichen Vergleichsvorschlag verfahren werden und leisteten "unter dem Vorbehalt einer endgültigen Klärung und damit einer Rückforderung" eine Zahlung von 112, 45 EUR an den Antragsteller. Zugleich stellten sie in dem vorangegangenen Beschwerdeverfahren 1 W 97/09 den Antrag, den Beschluss vom 24.4.2009 wegen offenkundiger Fehlerhaftigkeit im Hinblick auf § 11 Abs. 2 Satz 6 RVG dahingehend zu korrigieren, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten seien. Mit Beschluss vom 6.7.2010 wies die nunmehr zuständige Einzelrichterin des 1. Zivilsenats den Antrag zurück.

Der Antragsteller beruft sich auf die Bestandskraft der vom 1. Zivilsenat im Beschluss vom 24.4.2009 getroffenen Kostenentscheidung. Die Antragsgegner machen geltend, dass die Betreuerin für ihre Tätigkeit in dem vorangegangenen Beschwerdeverfahren keine Gebühren nach RVG beanspruchen könne und die Kostenentscheidung im Beschluss vom 24.4.2009 entweder gesetzeskonform auszulegen oder aber als unwirksam zu behandeln sei.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens und des Verfahrensganges wird auf die Schriftsätze der Parteien und die Akten verwiesen.

II. Die Beschwerde ist als sofortige Beschwerde gem. § 104 Abs. 3 Satz 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, § 569 ZPO statthaft und zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Rechtspflegerin hat den streitgegenständlichen Festsetzungsantrag im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

1. Über die sofortige Beschwerde ist zu entscheiden, weil ein das Verfahren beendigender Vergleich (§ 779 BGB) zwischen den Parteien nicht zustande gekommen ist. Das - vom gerichtlichen Vorschlag abweichende - Vergleichsangebot des Antragstellers vom 7.5.2010 beinhaltete, da...

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