Entscheidungsstichwort (Thema)

Verbot psychischer Beeinträchtigungen

 

Leitsatz (amtlich)

Von einem Wohnungseigentümer verursachte psychische Beeinträchtigungen der Personen in einer Wohnungseigentumsanlage können nach §§ 14 Nr. 1 WEG, 1004 BGB von einem anderen Wohnungseigentümer nur dann untersagt werden, wenn diese Beeinträchtigungen einerseits mit dem räumlich-gegenständlichen Bereich des Wohnungseigentums verbunden und andererseits geeignet sind, das körperliche Wohlbefinden des Gestörten zu beeinträchtigen.

 

Normenkette

WEG § 14 Nr. 1; BGB § 1004

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 06.02.1987; Aktenzeichen 191 T 106/86 (WEG))

AG Berlin-Schöneberg (Beschluss vom 15.05.1986; Aktenzeichen 76 II (WEG) 162/85)

 

Tenor

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des Landgerichts Berlin vom 6. Februar 1987 – 191 T 106/86 (WEG) – teilweise aufgehoben:

Auf die Erstbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des Amtsgerichts Schöneberg vom 15. Mai 1986 – 76 II (WEG) 162/85 – teilweise geändert und wie folgt neu gefaßt:

Dem Antragsgegner wird untersagt, das Wohnungseigentum des Antragstellers dadurch zu beeinträchtigen, daß er aus seiner Wohnung oder von Gemeinschaftsflächen die Mieter des Antragstellers, deren Angehörige und Besucher durch laute Radio- oder Fernsehgeräusche, durch lautstarkes Beschimpfen und Bedrohen, durch grundlose Telefonanrufe und grundloses Klingeln oder in ähnlicher Weise belästigt.

Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird dem Antragsgegner ein Ordnungsgeld bis zu 10.000,– DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu einem Monat angedroht.

Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.

Die weitergehende Erst- und Rechtsbeschwerde werden zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten aller drei Instanzen haben der Antragsteller zu 1/4 und der Antragsgegner zu 3/4 zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Geschäftswert wird für alle drei Instanzen auf 6.482,– DM festgesetzt.

 

Gründe

Das Amtsgericht hat festgestellt, der Antragsgegner habe die Mieter des Antragstellers über Jahre hinweg durch Lärm infolge lauter Radiomusik, durch Beschimpfungen, Verspotten und Bedrohungen belästigt. Es hat dem Antragsgegner die im Tenor seiner Entscheidung präzisierten Verbote erteilt und dem Antragsteller wegen einer eingetretenen Mietminderung seiner Wohnung Schadensersatz in Höhe von 1.482,25 DM nebst Zinsen zuerkannt. – Das Landgericht hat die von dem Amtsgericht getroffenen Feststellungen bestätigt und ausdrücklich weiter festgestellt, der Antragsgegner habe bei seinen Belästigungen ein agressives Verhalten an den Tag gelegt. Es hat deshalb mit seinem Beschluß vom 6. Februar 1987 die sofortige Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingeiegte Rechtsbeschwerde des Antragsgegners.

Die Rechtsbeschwerde ist nur teilweise begründet. Die Entscheidung des Landgerichts ist nicht frei von Rechtsfehlern, soweit es die Entscheidung über den von dem Antragsteller erhobenen Schadensersatzanspruch betrifft. Im übrigen aber ist die Rechtsbeschwerde unbegründet und führt insoweit lediglich zu einer Klarstellung der von dem Amtsgericht verhängten Verbote.

I. Zutreffend haben die beiden Vorinstanzen den Rechtsweg der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG bejaht. Verfahrensgegenstand ist ein Streit um die Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander. Denn der Antragsteller begehrt nach §§ 14 Nr. 1 WEG, 1004 BGB von dem Antragsgegner, daß dieser die Beeinträchtigungen seines Wohnungseigentums unterläßt. Er macht als Wohnungseigentümer gegen einen anderen Wohnungseigentümer einen Sachverhalt geltend, der geeignet ist, diesen Anspruch zu begründen und der deshalb im Wege des WEG-Verfahrens zu verfolgen ist (OLG Frankfurt OLGZ 1984, 120 = MDR 1982, 151 für den Fall der Beeinträchtigung durch Klavierspiel). Der Wohnungseigentümer kann – wie hier – als die Verletzung eigenen Eigentumsrechtes auch geltend machen, daß sein Mieter in seinem Besitzrecht beeinträchtigt wird (OLG Frankfurt NJW 1961, 324). In diesem Fall ist es zulässig, dem Mieter den Streit zu verkünden (BayObLGZ 1970, 65, 69 ff.).

Das Wohnungseigentumsverfahren wäre nur dann nicht zulässig, wenn der Antragsteller als Prozeßstandschafter seines Mieters dessen Rechte auf Abwehr von Beeinträchtigungen geltend machen würde (Augustin in RGRK 12. Aufl., § 14 WEG Rdn. 14). In diesem Fall läge nämlich nicht ein Streit der Wohnungseigentümer um die gegenseitigen Pflichten vor. Es würde dann vielmehr um den Anspruch des Mieters aus der Verletzung seines Persönlichkeitsrechts gestritten. Für diese Ansprüche aber ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Ein solcher Fall liegt hier aber – wie dargelegt – nicht vor.

Auch der geltend gemachte Schadensersatzanspruch wegen des Mietausfalls gehört in das Wohnungseigentumsverfahren. Denn auch seine Grundlage ist die Beeinträchtigung des Wohnungseigentums. Er wird auf § 823 Abs. 2 i.V. mit §§ 14 Nr. 1 WEG, 1004 BGB gestützt.

II. Zutreffend hat ...

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