Entscheidungsstichwort (Thema)

keine Aufspaltung des Geschäftswerts bei Anfechtung eines Eigentümerbeschlusses betreffend Sonderumlage. Wohnungseigentumssache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Verteidigt ein Wohnungseigentümer die Gültigkeit eines Sonderumlagebeschlusses im Beschlußanfechtungsverfahren mit anwaltlicher Hilfe, ist der Eigentümerbeschluß insgesamt Verfahrensgegenstand und dessen Gesamtwert auch Grundlage für die anwaltlichen Gebühren.

2. Unberührt bleibt die Herabsetzung des Geschäftswertes im Hinblick auf das eingeschränkte Anfechtungsinteresse des Antragstellers gemäß § 48 Abs. 3 Satz 2 WEG.

 

Normenkette

WEG § 48 III; BRAGO § 10

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 70 II 244/92)

LG Berlin (Aktenzeichen 85 T 331/94)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Beschwerdeführerin ist Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft. Eine andere Miteigentümerin, der drei Wohneinheiten gehören, und ihr Zwangsverwalter heben u. a. den Eigentümerbeschluß vom 24. Juni 1992 zu TOP 7 angefochten, mit dem die Eigentümergemeinschaft zur Sicherung des Baufortschritts von Sanierungsmaßnahmen eine Liquiditätssonderumlage in Höhe von 500.000,– DM, fällig zum 5. Oktober 1992, beschlossen hat. Unter Änderung des amtsgerichtlichen Beschlusses insoweit hat des Landgericht mit Beschluß vom 27. Januar 1995 den in zweiter Instanz allein noch anhängigen Beschlußanfechtungsantrag zu TOP 7 zurückgewiesen. Im Hinblick auf die Regelung des § 48 Abs. 3 Setz 2 WEG hat das Landgericht den Geschäftswert für die zweite Instanz nicht auf 500.000,– DM, sondern lediglich auf 84.750,– DM festgesetzt, die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten jedoch abgelehnt. Unter Berufung auf § 10 Abs. 1 BRAGO hat zunächst die zweitinstanzliche Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführerin in eigenem Namen die weitere Herabsetzung des Geschäftswerts für ihre Anwaltsgebühr beantragt, weil sie nur ein Mitglied von 68 Miteigentümern vertreten habe. Mit dem am 5. November 1996 zugestellten Beschluß hat das Landgericht die Herabsetzung des Geschäftswerts für die anwaltliche Tätigkeit unter Bezugnahme auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG abgelehnt. Hiergegen richtet sich die am 15. November 1996 beim Landgericht und beim Kammergericht von der jetzigen Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin eingelegte Beschwerde, mit der diese entsprechend ihrem Wohnungseigentumsanteil von 2,35 % die Herabsetzung des Geschäftswerts erster Instanz von 779.800,– DM auf 18.325,30 DM bzw. von 603.400,– DM auf 14.179,90 DM sowie für die zweite Instanz von 84.750, DM auf 1.991,63 DM erstrebt. Das Rechtsmittel bleibt erfolglos, soweit nicht die Entscheidung des Landgerichts hinsichtlich der ersten Instanz aufzuheben ist.

A. Zulässigkeit der Beschwerde

I. Beschwerde betreffend Herabsetzung des Geschäftswerts für die erste Instanz.

Die gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 und 3 BRAGO zulässige Beschwerde ist insoweit begründet, als das Landgericht über die für die erste Instanz beantragte Herabsetzung des Geschäftswerts mit dem angefochtenen Beschluß vom 31. Oktober 1996 nicht selbst entscheiden durfte. Gemäß § 10 Abs. 1 BRAGO ist die selbständige Festsetzung des Geschäftswerts für den Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag von dem „Gericht des Rechtszugs” vorzunehmen, also für jede Instanz gesondert. Die Beschwerde ist jedoch im Ergebnis unbegründet, weil der Herabsetzungsantrag für die erste Instanz als vor dem Landgericht unzulässig zurückzuweisen ist.

II. Beschwerde betreffend die Herabsetzung des Geschäftswerts zweiter Instanz.

Die Beschwerde ist gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 und 3 BRAGO zulässig. Das Landgericht hat für die zweite Instanz eine Herabsetzung des Geschäftswerts nach § 10 Abs. 1 BRAGO abgelehnt.

B. Begründetheit der Beschwerde

Zutreffend hat des Landgericht eine Herabsetzung des Geschäftswerts für die von der Beschwerdeführerin zu tragenden Anwaltsgebühren abgelehnt. Diese richten sich hier nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert.

Auch in Wohnungseigentumssachen kommt eine gesonderte Festsetzung des Geschäftswertes nur für die Anwaltsgebühren nach § 10 BRAGO in Betracht (Bärmann/Pick/Merle, WEG 7, Auflage, § 48 Rdnr. 58). Voraussetzung ist hier wie auch sonst, daß sich die Gebühren für die anwaltliche Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert richten. Nach § 9 Abs. 1 BRAGO, der auch auf das Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit Anwendung findet, ist die gerichtliche Festsetzung für die Gerichtsgebühren auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend. Dieser Grundsatz gilt jedoch nur insoweit, als die gerichtliche Tätigkeit, für welche die Gebühren festgesetzt worden sind, in bezug auf den Streit- bzw. Verfahrensgegenstand mit derjenigen des Rechtsanwalts übereinstimmt (BGH NJW 1968, 2334). Denn § 9 BRAGO will nicht die allgemeine Regel des § 7 BRAGO durchbrechen, nach dem sich die G...

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