Entscheidungsstichwort (Thema)

zum Schadensersatz bei Aufhebung einstweiliger Anordnungen. Wohnungseigentumssache

 

Leitsatz (amtlich)

Einem Wohnungseigentümer erwächst nicht schon dadurch ein Schaden im Sinne von § 945 ZPO, daß er auf Betreiben eines nicht zur gerichtlichen Geltendmachung befugten Miteigentümers durch eine später aufgehobene einstweilige Anordnung veranlaßt wird, fällige Wohngeldzahlungen an den Verwalter zu leisten.

 

Normenkette

WEG § 44 Abs. 3; ZPO § 945

 

Beteiligte

weitere Beteiligte zu 4. – 19. wie aus dem Beschluß des Landgerichts Berlin vom 16. Oktober 1990 – 85 T 138/90 – ersichtlich

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Neukölln (Aktenzeichen 70 II 83/89)

LG Berlin (Aktenzeichen 85 T 138/90)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird zu Nr. 2. Abs. 1 des Beschlußtenors aufgehoben. Der Widerantrag der Antragsgegnerin wird insgesamt zurückgewiesen.

Hinsichtlich der Gerichtskosten erster Instanz bleibt es bei der Kostenentscheidung des angefochtenen Beschlusses des Landgerichts. Die Gerichtskosten zweiter und dritter Instanz hat die Antragsgegnerin zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Geschäftswert für die zweite und dritte Instanz – für die zweite Instanz in Änderung des angefochtenen Beschlusses – wird auf 1.900,– bis 2.000,– DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Beteiligte zu 3. hat als Wohnungseigentümerin das von dem ehemaligen Verwalter eingeleitete Verfahren in der ersten Instanz mit Zustimmung des Gerichts, das die Antragsänderung für sachdienlich erachtet hat, weitergeführt. Die Antragsgegnerin, Wohnungseigentümerin der Wohnung Nr. 26 mit 18/1000 Miteigentumsanteilen, zahlte die in der einstweiligen Anordnung des Amtsgerichts Neukölln vom 6. April 1989 – 70 II 137/88 – mit dem Wirtschaftsplan für das Wirtschaftsjahr vom 1. Mai 1988 bis zum 30. April 1989 festgesetzten und dort zum 13. April 1989 als fällig angeordneten Wohngelder dieses Wirtschaftsjahrs in Höhe von noch 1.901,04 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 14. April 1989 nicht. Wegen dieser Beträge ist die Antragsgegnerin durch den Beschluß des Amtsgerichts Neukölln vom 1. Dezember 1989 zur Zahlung verpflichtet worden, zugleich ist diese Verpflichtung im Wege einstweiliger Anordnung für sofort wirksam erklärt worden. Auf die hiergegen eingelegte Erstbeschwerde der Antragsgegnerin hat das Landgericht die Zahlungsverpflichtung aufgehoben und auf den Widerantrag der Antragsgegnerin, die am 22. Januar 1990 1.901,04 DM nebst 76,04 DM Zinsen gezahlt hatte, die Antragstellerin verpflichtet, an die Antragsgegnerin 1.977,08 DM zu zahlen. Gegen diese Zahlungsverpflichtung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin, die Erfolg hat.

Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig. Sie ist in dem eingelegten Umfang, nämlich soweit sie sich gegen die Zahlungsverpflichtung gemäß dem Widerantrag der Antragsgegnerin richtet, auch sachlich gerechtfertigt. Der angefochtene Beschluß ist insofern nicht rechtsfehlerfrei (§ 27 FGG). Das Landgericht hat ausgeführt: Der Widerantrag in zweiter Instanz sei trotz Widerspruchs der Antragstellerin entsprechend § 530 Abs. 1 ZPO als sachdienlich zuzulassen, da er geeignet sei, neue Verfahren zu vermeiden, und über ihn ohne weitere Sachaufklärung entschieden werden könne. Der Widerantrag sei aus § 945 ZPO analog begründet. Das ergebe sich aus dem Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 20. April 1990 (NJW 1990, 2386). Daß die Zurückweisung der Wohngeldansprüche nur aus prozessualen Gründen erfolge, stehe der Anwendung des § 945 ZPO nicht entgegen.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nur teilweise stand: Die rechtsfehlerfreie Zulassung des zweitinstanzlichen Widerantrages ist vom Senat als bindend hinzunehmen, selbst wenn das Landgericht die Sache rechtsirrig für entscheidungsreif gehalten hätte oder der Senat das Ermessen anders angewandt hätte. Der Senat legt ferner die vom Bundesgerichtshof (NJW 1990, 2386) entgegen der – soweit ersichtlich – bisher unangefochtenen Meinung in Rechtsprechung (OGHZ 3, 108; OLG Oldenburg MDR 1953, 303) und Schrifttum (Stein-Jonas-Grunsky, ZPO, 20. Aufl., § 945 Rdnr. 15) vertretene Rechtsauffassung zugrunde, daß auf einstweilige Zahlungsanordnungen im Wohnungseigentumsverfahren § 945 ZPO entsprechend anzuwenden sei. Auch von diesem Ausgangspunkt ist die angefochtene Entscheidung nicht haltbar.

Rechtsirrtümlich leitet der angefochtene Beschluß einen Schaden der Antragsgegnerin bereits daraus her, daß sie auf die später aufgehobene einstweilige Anordnungen Zahlungen geleistet hat. Einem Wohnungseigentümer erwächst nicht schon dadurch ein Schaden im Sinne von § 945 ZPO, daß er auf Betreiben eines nicht zur gerichtlichen Geltendmachung befugten Miteigentümers durch eine später aufgehobene einstweilige Anordnung veranlaßt wird, fällige Wohngeldzahlungen an den Verwalter zu leisten.

Nach § 945 ZPO ist die Partei, welche die später als ungerechtfertigt erkannte Anordnung erwirkt hat, verpflichtet, dem Gegner denSchaden zu ersetzen, d...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge