Leitsatz (amtlich)

Die Schreibweise des Namens in einem von einer deutschen Ausländerbehörde ausgestellten Reiseausweis für Flüchtlinge ist für die Beurkundung in Personenstandsregistern jedenfalls dann nicht maßgebend, wenn sie ersichtlich im Widerspruch zu vorgeschriebenen Transliterationsregeln steht. Liegen sonst nur nicht in lateinischer Schrift gefasste - hier kyrillische - ausländische Personenstandsurkunden vor, sind diese durch Transliteration in die lateinische Schrift zu übertragen.

 

Normenkette

EGBGB Art. 10; NamÜbK Art. 2-4; PStV § 15

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Schöneberg (Beschluss vom 13.05.2016; Aktenzeichen 71c III 60/16)

 

Tenor

Die Beschwerde wird bei einem Wert von 5.000,00 EUR auf Kosten der Beteiligten zu 4. zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind Angehörige der Russischen Föderation mit tschetschenischer Volkszugehörigkeit. Sie reisten im Juni 2012 nach Deutschland ein. Mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 14.7.2015 wurde ihnen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.

Am 27.10.2013 gebar die Beteiligte zu 2 in Berlin ein Kind. Das Standesamt beurkundete die Geburt mit den Vermerken, die Namensführung des Kindes sowie die Identitäten der Eltern seien nicht nachgewiesen.

Am 26.1.2016 haben die Beteiligten zu 1 und 2 bei dem AG beantragt, das Standesamt zur Berichtigung des Geburtseintrags anzuweisen. Dabei legten sie jeweils die ihnen am 6.8.2015 von der Ausländerbehörde Berlin ausgestellten Reiseausweise, eine russische Heiratsurkunde nebst Übersetzung sowie russische Geburtsurkunden nebst Übersetzungen vor. Die Übersetzungen enthalten jeweils Hinweise auf die nach ISO 9- bzw. DIN 1416-Norm transliterierte Schreibweise, die teilweise nicht mit der Schreibweise in den Reiseausweisen übereinstimmt. In den Reiseausweisen sind auch keine Vatersnamen aufgeführt.

Im Laufe des amtsgerichtlichen Verfahrens haben sich die Beteiligten zu 1 und 2 mit der Aufnahme von Vatersnamen in den Geburtseintrag einverstanden erklärt.

Das AG hat das Standesamt mit Beschluss vom 10.3.2016 angewiesen, den Geburtseintrag zu berichtigen, wobei es die nicht nach ISO-Norm transliterierte Schreibweise aus den Übersetzungen der Personenstandsurkunden übernommen hat. Hiergegen hat die Beteiligte zu 4 am 30.3.2016 Beschwerde erhoben

Mit Beschluss vom 13.5.2016 hat das AG den Beschluss vom 10.3.2016 dahin abgeändert, dass sämtliche Namen in der nach ISO-Norm transliterierten Schreibweise zu berichtigen seien. Gegen diesen am 23.5.2016 zugestellten Beschluss hat die Beteiligte zu 4 mit am 16.6.2016 bei dem AG eingegangenem Schriftsatz vom 13.6.2016 Beschwerde erhoben. Sie ist der Auffassung, die Schreibweise in den Reiseausweisen sei maßgeblich, soweit dort Namen der Beteiligten zu 1 und 2 enthalten seien. Soweit das hinsichtlich der Vatersnamen nicht der Fall sei, müsse die nach ISO-Norm transliterierte Schreibweise gelten. Ein damit verbundenes Auseinanderfallen der Schreibweisen sei hinzunehmen.

Das AG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 2.9.2016 nicht abgeholfen.

II.1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht innerhalb eines Monats nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses des AG bei diesem erhoben worden, §§ 58 Abs. 1, 63 Abs. 1, 64, 65 FamFG, 51 Abs. 1 PStG.

2. Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

a) Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist lediglich, in welcher Schreibweise die von dem AG angeordneten Berichtigungen im Geburtenregister zu beurkunden sind. Die Feststellungen des AG zur Identität der Beteiligten zu 1 und 2 sowie zum Familiennamen des Kindes hat die Beteiligte zu 4 nicht in Frage gestellt. Es kommt deshalb auch nicht darauf an, dass die Beteiligten zu 1 und 2 im Beschwerdeverfahren entgegen ihrem erstinstanzlichen Einverständnis nunmehr die Beurkundung eines Vatersnamens bei dem Kind nicht mehr wünschen.

b) Die Namen der Beteiligten zu 1 und 2 richten sich nach dem Recht der Russischen Föderation, Art. 10 Abs. 1 EGBGB. Daran hat die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft nichts geändert. Zwar hat dies zu einem Wechsel ihres Personalstatuts geführt, Art. 12 Abs. 1 des Abkommens vom 28.7.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. II 1953, 560). Die Beteiligten zu 1 und 2 haben ihre Namen aber bereits vor der Anerkennung geführt. Das deutsche Internationale Privatrecht misst einem Statutenwechsel in Ansehung eines unter dem bisherigen Statut erworbenen Namens jedoch keine Rückwirkung bei; es macht den Namenserwerb also nicht rückwirkend ungeschehen (BGHZ 147, 159, 168). Ausdrücklich geregelt ist in Art. 12 Abs. 2 S. 1 des genannten Abkommens (vgl. Palandt/Thorn, BGB, 76. Aufl., Anhang zu Art. 5 EGBGB, Rdn. 25).

aa) Dem Namensstatut unterfällt grundsätzlich auch die Schreibweise des Namens (BGH, NJW 1993, 2241, 2242; Senat, Beschluss vom 30.9.2014 - 1 W 519/13 - MDR 2014, 1397; Hepting/Hausmann, in: Staudinger, BGB, 2013, Art. 10 EGBGB, Rdn. 54), wozu auch die Verwendung bestimmter - hier kyrillischer - Schriftzeichen gehört (Se...

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