Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Beschwerde gegen einen Aussetzungsbeschluss des Registergerichts gem. § 21 Abs. 2 FamFG i.V.m. §§ 567 bis 572 ZPO unterliegt nur dieser der Nachprüfung durch das Beschwerdegericht, nicht hingegen die dem Verfahren zugrunde liegende Anmeldung selbst.

2. Bei der Ermessensentscheidung über die Aussetzung hat das Registergericht zum einen den Zweck der Vorschrift zu berücksichtigen und darüber hinaus die Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen.

3. Das Löschungsverfahren gem. § 398 FamFG ist ein gegenüber dem Anmeldeverfahren selbständig ausgestaltetes Verfahren, das nicht dazu dient, etwaige Fehler des ersteren zu korrigieren.

4. Das Registergericht darf nach § 398 FamFG nur solche Gesellschafterbeschlüsse löschen, die wegen ihres gesetzwidrigen Inhalts, nicht aber wegen anderer Mängel nichtig sind.

5. Für die Geltendmachung der Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen allgemein steht den Gesellschaftern das Anfechtungsverfahren zur Verfügung.

6. Als "öffentliches Interesse" i.S.d. § 398 FamFG kommt nicht das Interesse der Gesellschafter, wohl aber das der Gesellschaftsgläubiger in Betracht.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Beschluss vom 06.12.2011; Aktenzeichen 84 HRB 107840 B)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2. vom 22.12.2011 gegen den Aussetzungsbeschluss des AG Charlottenburg vom 6.12.2011 wird hinsichtlich des Antrages zu 2. als unzulässig verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.

2. Die Beteiligte zu 2. trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens. Sie hat die der Beteiligten zu 1. im Beschwerdeverfahren entstandenen aussergerichtlichen Kosten zu erstatten.

3. Der Gegenstandswert wird auf 10.000,- EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit mehrerer während einer Gesellschafterver-sammlung vom 28.6.2010 gefasster Beschlüsse, durch die zum einen die Geschäftsanteile der Beteiligten zu 2. sowie einer anderen Gesellschafterin, der K.ehf. eingezogen sowie die ursprünglich als Geschäftsführer der Beteiligten zu 1. in das Handelsregister eingetragenen ...H.und ...S.abberufen worden sind. Streitig ist zwischen den Be-teiligten bereits die Frage der ordnungsgemäßen Einberufung der Gesellschafterversammlung, der ordnungsgemäßen Ergänzung der Tagesordnung und - in der Folge - die ordnungs-gemäße Beschlussfassung mit den erforderlichen Mehrheiten sowie der Zeitpunkt der Been-digung der Gesellschafterversammlung.

Die Beteiligte zu 2. hat vor dem LG Berlin Klage erhoben mit dem Antrag, festzustel-len, dass der Beschluss vom 28.6.2010 über die Abberufung der Geschäftsführer H.und S., der Grundlage für die auf Antrag der Beteiligten zu 1. vom 29.6.2010 am 7.7.2010 erfolgte Eintragung ist, nichtig ist. Eine rechtskräftige Entscheidung ist bislang nicht mitgeteilt worden (vgl. Bl. IV 179).

Die Beteiligte zu 2. hatte allerdings bereits am 1.7.2010 beim LG Berlin zum Aktenzeichen 95 O 58/10 eine einstweilige Verfügung erwirkt, durch die der Beteiligten zu 1. die Vollziehung der Beschlüsse vom 28.6.2010 untersagt worden war. Diese einstweilige Verfügung wurde von der Beteiligten zu 2. jedoch erst am 7.7.2010 beim Registergericht eingereicht und lag der zuständigen Rechtspflegerin zum Zeitpunkt der Eintragung der Abberufung der Geschäftsführer noch nicht vor. Gegen das die einstweilige Verfügung bestätigende Urteil des LG Berlin vom 1.12.2011 (95 O 58/10) hat die Beteiligte zu 1. Berufung eingelegt. Eine rechtskräftige Entscheidung ist auch zu dieser Frage bislang nicht mitgeteilt worden (vgl. Bl. IV 179).

Die Beteiligte zu 2. hatte mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 11.7.2011 (Bl. III 1) beim AG Charlottenburg beantragt, die unter dem 7.7.2010 in das Handelsregister der Beteiligten zu 1. eingetragene Abberufung der Geschäftsführer H.und S.sowie die Eintragung der Alleinvertretungsberechtigung des nach deren Lösch-ung allein verbliebenen Löschung weiteren Geschäftsführers Wagner nach § 395 FamFG von Amts wegen zu löschen, da sie auf einem Scheinbeschluss der Gesellschafterversammlung vom 28.6.2010 beruhe und durch diese falsche Eintragung bereits erhebliche Schäden für die Gesellschafter und Dritte entstanden seien (Bl. III 1 ff.)

Das AG Charlottenburg hat mit Beschluss vom 6.12.2011 das unter dem 11.7.2011 von der Beteiligten zu 2. beantragte Verfahren ausgesetzt und die Aussetzung damit begründet, dass die Entscheidung des Registergerichts in diesem Verfahren vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängig ist, über das in einem anderen anhängigen Verfahren vor dem LG entschieden werde.

Gegen diesen ihr am 9.12.2011 zugestellten Beschluss hat die Beteiligte zu 2. mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 22.12.2011 Beschwerde eingelegt und beantragt:

"1. Der Beschluss des AG Charlottenburg vom 8.12.2011, AZ: HRB 107840 B-A-717106/2011 wird aufgehoben.

2. Die unter dem 7.7.2010 in das Handelsregister der R.GmbH eingetragene Abberufung der Geschäftsführer ...

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