Leitsatz (amtlich)

Auch der Teileigentümer, der sein Sondereigentum unbeschränkt gewerblich nutzen darf, kann daraus nicht ableiten, dass die Eigentümergemeinschaft ihm bauliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums (hier: 315mm starke Abluftanlage an der Hoffassade bis über das Dach) gestatten müsste, damit er die Gewerbeeinheit intensiver (hier: Gaststätte mit Vollküche) nutzen kann.

 

Normenkette

WEG § 5 Abs. 1, § 14 Nr. 1, § 22 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 85 T 113/01)

AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 76 II 399/98)

 

Tenor

Unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses wird die Erstbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG Schöneberg vom 8.3.2001 – 76 II 399/98 WEG – zurückgewiesen, und zwar auch soweit der Antrag in zweiter Instanz geändert und ergänzt worden ist.

Der Antragsteller hat die Gerichtskosten aller drei Instanzen zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 2.556,46 EUR (5.000 DM) festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) und 2) bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft der im Rubrum bezeichneten Wohnanlage, die aus einem fünfgeschossigen Altberliner Mietshaus (Vorderhaus und Seitenflügel) besteht. Der Antragsteller ist Eigentümer der Teileigentumseinheit Nr. 2 im Erdgeschoss des Vorderhauses rechts und des Seitenflügels rechts. Nach der der notariellen Teilungserklärung vom 15.5.1984 beigefügten „Miteigentumsordnung” II. § 2 Nr. 2. darf u.a. das Teileigentumsrecht Nr. 2 „unbeschränkt gewerblich genutzt werden”. In dem folgenden Absatz heißt es:

„Die gewerbliche Nutzung des Wohnungs- und Teileigentums ist nur gestattet, wenn daraus keine unzumutbare Beeinträchtigung der anderen Wohnungseigentümer oder Mieter entsteht.”

Die Einheit des Antragstellers wird seit Jahrzehnten als Gaststätte, jedoch ohne „Vollküche”, betrieben. Die Antragsgegner (Beteiligte zu 2)) haben sich in der Vergangenheit beschwert, dass Zigarettenrauch aus der Gaststätte über eine Entlüftungsanlage im Fenster in den Hof geriete. Der Antragsteller (Beteiligter zu 1)) möchte die Räume mit der Möglichkeit vermieten, in ihnen eine Vollküche zu errichten. Das Bezirksamt genehmigt den Betrieb einer derartigen Küche nur, wenn die Räume mit einer über das Dach geführten Abzugsanlage ausgestattet sind. Der Antragsteller hat deshalb eine Abzugsanlage planen lassen, mit der die Abluft mittels eines Stahlrohrs an der Hoffassade bis über das Dach abgeleitet wird. Der Einbau des 315mm starken Abluftrohrs durch einen Schornstein ist nicht möglich, weil die Schornsteine nur ein Ausmaß von 14 x 20cm aufweisen. Die Eigentümer haben auf der Versammlung vom 13.10.1998 den Antrag des Antragstellers mehrheitlich abgelehnt, den Bau einer Abluftanlage zu erlauben. Auf der Eigentümerversammlung vom 13.6.2000 haben die Antragsgegner es erneut abgelehnt, den Einbau einer Abzugsanlage zu gestatten.

Der Antragsteller ist der Auffassung, dass sich die Anforderungen an Gaststättenräume im Laufe der Jahre gewandelt hätten und Gaststättenräume nunmehr den Betrieb einer sog. Vollküche erforderten, weshalb ein Abluftrohr in der beantragten Art und Weise erforderlich sei. Der Antragsteller hat beantragt, ihm die Erlaubnis zu erteilen, die im Einzelnen bezeichnete Küchenabluftanlage mit einer Luftleistung von 4.400cbm/h zu installieren. Das AG hat mit Beschluss vom 8.3.2001 den Antrag zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das LG mit Beschluss vom 12.10.2001 dem spezifizierten Antrag mit der Maßgabe stattgegeben, dass der Antragsteller die Kosten für die Errichtung, die Instandsetzung und die Instandhaltung der Abluftanlage zu übernehmen hat. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2).

II. Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) (Antragsgegner) ist gem. §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Der angefochtene Beschluss des LG ist nicht in allen Punkten rechtsfehlerfrei (§ 27 Abs. 1 FGG).

1. Das LG hat festgestellt, dass der Antragsteller zur Durchführung der im Einzelnen bezeichneten Installation der über das Dach geführten Küchenabluftanlage nicht der Zustimmung der Antragsgegner bedürfe und zur Begründung hierfür ausgeführt: Der Antragsteller habe ein Feststellungsinteresse, um eine mögliche Rückbauverpflichtung zu vermeiden. Der Bau der Abluftanlage sei eine bauliche Veränderung gem. § 22 Abs. 1 WEG, da die äußere Gestaltung der Wohnanlage geändert werde. Den übrigen Eigentümern erwachse auch i.S.v. § 14 Nr. 1 WEG ein Nachteil, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehe. Es liege eine nachteilige Veränderung des Gesamteindrucks der Wohnanlage vor, weil sich die bauliche Veränderung nachteilig auf das äußere Bild auswirke und sich ein Wohnungseigentümer verständlicherweise beeinträchtigt fühlen dürfe. Trotz des vermeidbaren Nachteils sei eine Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer gleichwohl nicht erforderlich, weil die...

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