Leitsatz (amtlich)

Ein Bagatellverstoß nach § 3 UWG kann vorliegen, wenn ein nicht als marktstark erkennbarer Händler von Elektro-Haushaltsgeräten in einem deutschsprachigen Internet-Auftritt unter der Top-Level Domain "de" einen "Versand nach Europa" anbietet, ohne die Kosten entgegen § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PAngV der Höhe nach zu beziffern oder entgegen § 1 Abs. 2 Satz 2 PAngV die Einzelheiten der Berechnung anzugeben (a.A. OLG Hamm, Beschl. v. 28.3.2007 - 4 W 19/07).

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 09.08.2007; Aktenzeichen 15 O 652/07)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen die Teilzurückweisung in dem Beschluss der Zivilkammer 15 des LG Berlin vom 9.8.2007 - 15 O 652/07 - wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 4.000 EUR.

 

Gründe

I. Die gem. § 567 Abs. 1 Nr. 2, § 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet, § 935 ZPO.

1. Die Angabe einer Telefonnummer im Zusammenhang mit der Belehrung über das Rückgaberecht (Antrag d) begründet vorliegend keinen Unterlassungsanspruch der Antragstellerin aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 356 Abs. 2 Nr. 1, § 312d Abs. 1 Satz 2 BGB.

a) Nach § 356 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist der Verbraucher über ein ihm eingeräumtes Rückgaberecht mit einer "deutlich gestalteten Belehrung" zu informieren.

aa) Um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts nicht zu beeinträchtigen, darf die Belehrung grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten (BGH v. 4.7.2002 - I ZR 55/00, MDR 2003, 40 = BGHReport 2002, 1014 = GRUR 2002, 1085 - Belehrungszusatz, juris Rz. 16 zur gleichlautenden Regelung in § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB). Dies schließt zwar nicht schlechthin jeden Zusatz zur Belehrung aus. Ihrem Zweck entsprechend sind Ergänzungen als zulässig anzusehen, die ihren Inhalt verdeutlichen. Nicht hierzu rechnen jedoch Erklärungen, die einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung von Bedeutung sind und die deshalb von ihr ablenken (BGH, a.a.O., m.w.N.).

bb) Die Angabe einer Telefonnummer in einer Widerrufsbelehrung kann die Gefahr bergen, dass der Verbraucher den Inhalt der Widerrufsbelehrung irrtümlich dahin versteht, er könne sein Widerrufsrecht auch telefonisch ausüben, was das Gesetz gerade nicht erlaubt. Die Angabe der Telefonnummer ist dann geeignet, den Leser von dem zutreffenden Inhalt der Widerrufsbelehrung abzulenken und sie verletzt deshalb das Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB (OLG Frankfurt, Urt. v. 17.6.2004 - 6 U 158/03).

b) Vorliegend eröffnet die Telefonnummer - wie im vorgenannten Fall des OLG Frankfurt - dem Verbraucher die Möglichkeit, ohne weitere Suche bei der Beklagten weitergehende Informationen zur Rücksendung einzuholen. Insoweit kann ihre Angabe zur Verdeutlichung beitragen.

Anders als im vorgenannten Fall des OLG Frankfurt besteht hier aber keine Gefahr eines Missverständnisses über die Form der Ausübung des Rückgaberechts. Denn anders als das nach seinem Wortlaut grundsätzlich auf eine Widerrufserklärung gerichtete Widerrufsrecht nach § 355 BGB ist das Rückgaberecht schon seinem Wortlaut nach primär auf eine tatsächliche Handlung (die Rückgabe) gerichtet. Darüber hinaus schließt vorliegend jedenfalls der Kontext der Angabe der Telefonnummer Missverständnisse aus. Denn der diesbezügliche Absatz besteht aus drei Sätzen, die mit der Wendung "Die Rücksendung hat zu erfolgen an:" beginnen. Nachfolgend wird die vollständige postalische Anschrift des Antragsgegners genannt, erst dann folgt die Angabe der Telefonnummer. Auch die beiden nachfolgenden Sätze verhalten sich nur zu Einzelheiten der Rücksendung der Ware. Unter diesen Umständen ist jedem Verbraucher klar, dass die Angabe der Telefonnummer nicht zur Ausübung des Rückgaberechts selbst verhelfen, sondern nur Rückfragen zur Durchführung der Rücksendung der Ware erleichtern soll.

2. Auch hinsichtlich der Angabe des Antragsgegners "Versand nach: Europa" (Antrag e) steht der Antragstellerin kein Unterlassungsanspruch nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 PAngV wegen einer fehlenden Information über die Höhe der Versandkosten in das Ausland zu.

a) Es ist schon nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegner für den Versand nach Europa höhere Kosten ansetzt als die zuvor allgemein vom Antragsgegner genannten "Versandkosten: 12 EUR". Denn der nachfolgende Zusatz für Deutschland bezieht sich allein auf einen versicherten Versand als Serviceleistung neben weiteren "Versandservices".

b) Darüber hinaus hat das LG zutreffend einen bloßen Bagatellverstoß nach § 3 UWG angenommen (a.A. OLG Hamm, Beschluss vom 28.3.2007, 4 W 19/07, juris Rz. 8).

Dass Interessen der Käufer ernstlich betroffen werden, wenn sie im Einzelfall die Versandkosten nicht berechnen können (OLG Hamm, a.a.O.), ist im Regelfall richtig und deshalb Grundlage der gesetzlichen Vorschrift. Vorliegend geht es ...

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