Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Ermächtigung des WEG-Verwalters zur Klage auf Zustimmung zur Änderung von Miteigentumsquoten

 

Leitsatz (amtlich)

Ein mit relativer Mehrheit gefasster Eigentümerbeschluss, der den WEG-Verwalter ermächtigt, eine verbleibende Mehrheit von Wohnungseigentümern auf Zustimmung zur Änderung von Miteigentumsquoten zu verklagen, ist mit Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung nicht zu vereinbaren, weil es sich bei solchen Ansprüchen um Individualansprüche handelt, welche die sich benachteiligt fühlenden Wohnungseigentümer nicht zu einer Verwaltungsangelegenheit machen können, und weil der Verwalter mit der Ausübung einer solchen Klageermächtigung (Gerichtsverfahren auf Kosten der Gemeinschaftskasse) gegen seine vertraglichen Neutralitätspflichten verstoßen müsste.

 

Normenkette

WEG §§ 3, 10, 21, 27 Abs. 1 Nr. 5

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Pankow/Weißensee (Beschluss vom 01.11.1999; Aktenzeichen 70 II 20/99)

LG Berlin (Aktenzeichen 85 T 342/99)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Auf die Erstbeschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Amtsgerichts Pankow-Weißensee vom 1. November 1999 – 70 II 20/99 (WEG) – teilweise geändert und auch der in der Wohnungseigentümerversammlung vom 12. Juni 1997 zu TOP 2 gefasste Eigentümerbeschluss für ungültig erklärt.

Die Gerichtskosten aller drei Instanzen fallen dem Verwaltungsvermögen der Eigentümergemeinschaft zur Last. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet in diesen Instanzen nicht statt.

Der Geschäftswert wird für die erste Instanz – zugleich in Änderung der Wertfestsetzung des Amtsgerichts – auf 24.000,00 DM und für die Beschwerdeinstanzen auf 2.000,00 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten sind oder waren bei Verfahrenseinleitung die Wohnungseigentümer der im Rubrum näher bezeichneten Wohnanlage, die aus 106 Altbauwohnungen besteht und um 38 durch Ausbau zu errichtende Dachgeschosswohnungen ergänzt werden sollte, für die bereits getrennte Grundbuchblätter angelegt sind.

Am 29. März 1999 ließ der Geschäftsführer der Verwalterin als Vertreter ohne Vertretungsmacht für sämtliche Wohnungseigentümer handelnd den Entwurf einer Vereinbarung notariell beurkunden, durch die die Teilungserklärung vom 20. Oktober 1994 geändert werden sollte. In diesem Entwurf heißt es unter I. („Vorbemerkung”) unter anderem wie folgt

„…

3. …,

Zwischenzeitlich hat sich herausgestellt, dass die Errichtung der Dachgeschosswohnungen aus baurechtlichen Gründen nicht möglich ist, sodass zur Wohnanlage endgültig höchstens 106 Einheiten gehören werden.

4. Die Wohnungseigentümer sind nunmehr übereingekommen, dass die Eigentümer der Dachgeschosswohnungen aus der Eigentümergemeinschaft ausscheiden und die Miteigentumsanteile der 106 Bestandswohnungen entsprechend den tatsächlichen Wohnflächen neu gebildet werden …”

In der Folgezeit forderte die Verwalterin die Wohnungseigentümer auf, der in Aussicht genommenen Änderung der Teilungserklärung zuzustimmen. In ihrem Schreiben vom 6. Mai 1999, mit welchem die Verwalterin die Versammlung der Wohnungseigentümer auf den 12. Juni 1999 einberief, war unter anderem als TOP 2 der

„Bericht über den Stand der Zustimmungen:

  1. Änderung der Teilungserklärung
  2. schriftliches Beschlussverfahren

Beschlussfassung über weiteres Vorgehen”

vorgesehen.

In dem Protokoll über die Eigentümerversammlung vom 12. Juni 1999 heißt es zu TOP 2 einleitend unter anderem wie folgt:

„Zu dem allen Eigentümern vorliegenden Entwurf vom 30.03.1999” (gemeint ist der Entwurf vom 29.03.1999) „der Änderung der Teilungserklärung liegen zum Versammlungstag erst 30 % der erforderlichen 100 % Zustimmung vor. Die Gründe sind fehlendes Interesse und Unsicherheit über die Bedeutung dieser Erklärung …”

In der betreffenden Eigentümerversammlung fassten die Wohnungseigentümer zu TOP 2 mehrheitlich folgenden Beschluss:

„Der Verwalter wird aufgefordert, den der Änderung der TE nicht zustimmenden Eigentümern eine letzte Frist bis zum 30.06.1999 für die Erteilung ihrer Zustimmung zu setzen. Danach sind die nicht zustimmenden Eigentümer auf Erteilung der Zustimmung zu verklagen.”

Mit ihrem am 8. Juli 1999 bei Gericht eingegangenen Antrag haben die Antragsteller unter anderem die Ungültigerklärung dieses zu TOP 2 gefassten Eigentümerbeschlusses mit der Begründung begehrt, dass ein Einberufungsmangel vorliege und die Beschlussfassung im Übrigen den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung widerspreche, weil eine Änderung der Teilungserklärung nicht erforderlich sei und nicht verlangt werden könne.

Mit Beschluss vom 1. November 1999 hat das Amtsgericht unter anderem den Anfechtungsantrag der Antragsteller betreffend den zu TOP 2 gefassten Eigentümerbeschluss zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht durch Beschluss vom 30. Mai 2000 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitig bei Gericht eingegangene sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller, mit der diese ihren Antrag auf Ungültigerklärung des zu TOP 2 gefassten Eigent...

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