Leitsatz (amtlich)

1. Nicht bereits jede Überschneidung der Angebote im Nebensortiment reicht für eine Konkurrenzschutzverletzung aus. Bezieht sich der vertraglich vereinbarte Konkurrenzschutz ausdrücklich auf die Vermietung an einen "Lebensmitteldiscounter", so ist ein Laden mit dem Charakter eines russischen Kaufhauses davon auch dann nicht erfasst, wenn dort - zum großen Teil russische - Lebensmittel angeboten werden.

2. Der vertraglich vereinbarte Konkurrenzschutz geht einem möglicherweise weitergehenden vertragsimmanenten Konkurrenzschutz vor, da er ihn einschränken kann.

3. Der Mieter, der Geschäftsräume in Kenntnis einer dadurch entstehenden Wettbewerbssituation mietet, kann in der Regel keinen Konkurrenzschutz beanspruchen.

Die Berufung wurde aufgrund dieses Hinweises zurückgenommen

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 32 O 64/09)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten Zahlung rückständiger Miete für Gewerberäume. Die Beklagte tritt dem Anspruch im Wesentlichen damit entgegen, es sei von Vermieterseite gegen den mietvertraglichen Konkurrenzschutz verstoßen worden.

Die G GmbH & Co. Investitions KG, deren Insolvenzverwalter der Kläger ist, vermietete an die P GmbH & Co. OHG mit Mietvertrag vom 12.1./2.2.1995 im Handelszentrum A in Berlin Räumlichkeiten.

§ 2 Nr. 2 des Mietvertrages lautet: "Der Mieter ist berechtigt und verpflichtet, im Mietobjekt ein Lebensmitteldiskontschäft (ohne individuelle Bedienungsabteilungen Fleisch/Wurst/Molkerei/Backwaren) zu betreiben. Er ist auch zu einer anderen Nutzung berechtigt, wenn durch die Nutzungsänderung kein direkter Wettbewerb zu einem Mitmieter entsteht. Das Mietobjekt ist allerdings in jedem Falle als Einzelhandelsgeschäft zu nutzen."

§ 6 des Mietvertrages lautet: "Der Vermieter wird auf den ihm jetzt oder zukünftig gehörenden Grundstücken, die im Einzugsbereich des Ladens des Mieters (Einzugsbereich = Umkreis um das Mietobjekt herum mit einem Radius von 500 m) liegen, keinen weiteren Lebensmitteldiskonter ansiedeln, betreiben bzw. durch Dritte betreiben lassen. Dem Mieter ist bekannt, dass die Fa. R im Gesamtobjekt einen Lebensmittelfrischmarkt betreiben wird."

Nach Schließung des R-Marktes und mehreren anderen Nutzungen (u.a. "99-Cent -Laden") vermietete die Insolvenzschuldnerin diese Räumlichkeiten an den F-Markt, der vielfach russische Waren anbietet.

Die Beklagte ist zum 1.3.2008 auf Mieterseite anstelle der ursprünglichen Mieterin in den Vertrag eingetreten. Die Miete betrug zuletzt monatlich 14.529,79 EUR.

Die Beklagte wies die Vermieterseite mit Schreiben vom 1.4.2008 darauf hin, dass sie durch die Vermietung an den F-Markt eine Konkurrenzschutzverletzung begehe. Sie setzte eine Frist bis zum 31.5.2008, um den vermeintlichen Konkurrenzschutzverstoß zu beseitigen. Die Beklagte kündigte das Mietverhältnis "außerordentlich fristlos" mit Schreiben vom 27.6.2008 und erneut am 8.7.2008.

Der Kläger meint, das Mietverhältnis sei nicht wirksam gekündigt worden. Vertragsimmanenter Konkurrenzschutz bestehe nicht, weil die streitigen Objekte in einem Einkaufszentrum lägen. Demzufolge sei nur der vereinbarte Konkurrenzschutz für weitere Lebensmitteldiscounter maßgeblich. Dieser Konkurrenzschutz werde durch die Vermietung an den F-Markt nicht verletzt, weil ein komplett anderes Warensortiment vertrieben und ein anderes Zielpublikum angesprochen werde. Die Beklagte habe die Konkurrenzsituation auch schon sei nahezu fünf Jahren widerspruchslos hingenommen, weshalb jeglicher Konkurrenzschutz entfalle.

Der Kläger verlangt die Zahlung der Miete für August 2008 (anteilig) bis einschließlich Mai 2009 i.H.v. insgesamt 142.016,98 EUR.

Die Beklagte macht geltend, der vertragsimmanente Konkurrenzschutz werde durch das vertraglich vereinbarte Konkurrenzverbot ergänzt. Der vertragliche Konkurrenzschutz werde durch die Vermietung an den F-Markt verletzt, weil es sich bei diesem ebenfalls um einen Lebensmitteldiscounter handle. Dafür sprächen die geringen Verkaufspreise und die typische einfache Warenpräsentation. Zudem werde der vertragsimmanente Konkurrenzschutz verletzt. Das Angebot des F-Marktes überschneide sich nämlich auch nicht unerheblichen mit den Hauptartikeln, die üblicherweise von Lebensmitteldiscountern angeboten werden, zu denen Lebensmittel im Niedrigpreissegment zählten. Eine Konkurrenzschutzklausel im Mietvertrag führe zudem dazu, dass das Konkurrenzverbot sogar bereits Überschneidungen von Nebenleistungen des später hinzugekommenen Mieters umfasse. Der Verstoß gegen den Konkurrenzschutz führe zu einem Sachmangel, der zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung des Mietvertrages gem. § 543 Abs. 1 S. 2 BGB berechtige. Die Fortsetzung des Mietverhältnisses sei nicht mehr zumutbar gewesen, wobei die Konkurrenzschutzverletzung durch den Gesamtzustand des Mietkomplexes (Leerstand von mehr als 50 %, heruntergekommener Eindruck, nicht gepflegte Außenanlagen) noch verst...

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