Leitsatz (amtlich)

Die von dem zur Räumung verurteilten Mieter gem. § 711 S. 1 ZPO zur Abwendung der Zwangsvollstreckung geleistete Sicherheit soll nicht nur die Räumung der Wohnung als solche gewährleisten, sondern darüber hinaus auch mögliche Erfüllungs- und Verzögerungsschäden abdecken; sie steht dem Vermieter daher sowohl zum Ausgleich der in dem Zeitraum zwischen Erlass des Räumungsurteils und der tatsächlichen Herausgabe der Wohnung nicht gezahlten Nutzungsentschädigung, als auch des durch Verletzung der Pflicht zur vollständigen und ordnungsgemäßen Herausgabe der Wohnung entstandenen Schadens zur Verfügung.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 27.09.2009; Aktenzeichen 5 O 500/08)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 5 des LG Berlin vom 27.8.2009 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Bewilligung der Auszahlung einer zur Abwendung der Räumungsvollstreckung von der Schuldnerin K.K. geleisteten Sicherheit i.H.v. 8.800 EUR, nachdem der entsprechende Freigabeanspruch gepfändet und ihr - der Klägerin - zur Einziehung überwiesen und die Wohnung - mit einer Reihe von Schäden - von der Schuldnerin an den Beklagten zurückgegeben worden ist.

Das LG hat die Klage abgewiesen; hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin.

Die Berufung war gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert.

Dazu kann auf den Hinweisbeschluss des Senats nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO vom 19.1.2010 verwiesen werden, in dem ausgeführt worden ist, dass das LG die Klage jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat. Geht man nämlich trotz der grundsätzlichen Vorrangigkeit eines Verfahrens nach § 109 ZPO für die Zurückerlangung der geleisteten Sicherheit von der Zulässigkeit der Klage aus, weil zwischen den Parteien sachlicher Streit über die Inanspruchnahme der Sicherheit besteht, ist die Klage - und damit auch die Berufung - jedenfalls unbegründet. Der Klägerin steht nämlich der geltend gemachte Anspruch auf Bewilligung (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 HinterlO) der Auszahlung der bei dem AG Tiergarten hinterlegten Sicherheit i.H.v. 8.800 EUR an die Klägerin nicht zu.

Dies folgt in Höhe eines Teilbetrages von 4.299 EUR (nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 9.1.2009) bereits daraus, dass die Wohnung R.21a in 1.B., zu deren Herausgabe die Schuldnerin durch Urteil des AG Charlottenburg vom 28.11.2007 (2.C .../0.) vorläufig vollstreckbar verurteilt worden ist, erst am 30.10.2008 geräumt worden ist, nachdem zur Abwendung der Vollstreckung die vorliegend streitbefangene Sicherheitsleistung i.H.v. 8.800 EUR hinterlegt und die Schuldnerin durch Anerkenntnisteilurteil des AG Charlottenburg vom 18.3.2009 (2.C .../0..) zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die Monate August, September und Oktober 2008 i.H.v. 4.299 EUR nebst Zinsen verurteilt worden ist. Da die von dem Schuldner zu leistende Sicherheit dem Gläubiger (auch) als Sicherheit für den durch die Abwendung der Vollstreckung des Herausgabeanspruchs entstehenden Mietausfall (bzw. Nutzungsentschädigung) dienen soll, kann der Beklagte als Gläubiger nunmehr Auszahlung der Sicherheit in entsprechender Höhe zu seiner Befriedigung verlangen. Damit ist die Veranlassung für die Sicherheitsleistung (noch) nicht zugunsten der Schuldnerin weggefallen (vgl. Herget in Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 109 Rz. 5).

Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 15.2.2010 rügt, es fehle bereits in der älteren Rechtsprechung eine plausible Begründung dafür, dass die "Räumungssicherheit" auch den Nutzungsersatz umfassen solle und in diesem Zusammenhang ausführt, Abwendungsbefugnis und Sicherheitsleistung dienten als Elemente des Schuldnerschutzes nur dazu, die Räumungsvollstreckung zu verhindern und nicht dazu, den Gläubiger auch noch gegen Zahlungsausfälle abzusichern, kann dem nicht gefolgt werden.

Nachdem der Beklagte das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs wirksam gekündigt hatte, ist die Schuldnerin durch Urteil des AG Charlottenburg vom 28.11.2007 unter Ziff. 1 des Tenors verurteilt worden, die streitbefangene Wohnung geräumt herauszugeben. Gemäß § 708 Nr. 7 ZPO war dieses Urteil entsprechend dem Grundgedanken des Gesetzes (§§ 704 ff. ZPO), die Stellung des Gläubigers zu stärken, sobald er ein Urteil erstritten hat (vgl. Baumbach/Lauterbach, ZPO, 68. Aufl., Einführung vor §§ 708-720, Rz. 2; § 710 Rz. 2), für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung zu erklären. Zugleich war der Schuldnerin gem. § 711 Satz 1 ZPO die Befugnis einzuräumen, die Vollstreckung abzuwenden, was in der Tat einen Schutz des Mieters als Vollstreckungsschuldner darstellt, der davor geschützt werden soll, seine Wohnung zu verlieren, obwohl - im Falle der Rechtsmitteleinlegung - eine Aufhebung oder Änderung des (nur) vorläufig voll...

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