Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 13 O 187/08)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 17.12.2009; Aktenzeichen III ZB 55/09)

 

Tenor

Das Ablehnungsersuchen des Klägers vom 12.6.2009 gegen die Richterin am AG K. wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt das beklagte Land wegen einer nach seiner Auffassung unrichtigen Entscheidung des LG in einem zivilrechtlichen Berufungsverfahren gem. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG auf Schadensersatz in Anspruch. Die zuständige erstinstanzliche Zivilkammer des LG hat die Amtshaftungsklage unter Hinweis auf den Haftungsausschluss nach § 839 Abs. 2 BGB abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger im Wege der Berufung und macht u.a. geltend, dass § 839 Abs. 2 BGB verfassungswidrig sei.

Der Senat hat mit Beschluss vom 28.5.2009 darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, die Berufung des Klägers gem. § 522 Abs. 2 ZPO im Beschlusswege als unbegründet zurückzuweisen. Mit Schriftsatz vom 12.6.2009 hat der Kläger daraufhin die an dem Hinweisbeschluss beteiligte Richterin am AG K. als befangen abgelehnt. Zur Begründung des Ablehnungsersuchens trägt der Kläger vor, die abgelehnte Richterin, die sich wohl zur Erprobung beim KG befinde, strebe offenbar ein Beförderungsamt an. Dabei sei sie auf das Wohlwollen der S.f.J. angewiesen, die in dem vorliegenden Rechtsstreit den Beklagten vertrete. Als Kläger müsse er deshalb besorgen, dass die abgelehnte Richtern versucht sein werde, nicht zu Ungunsten des Beklagten zu entscheiden.

Die abgelehnte Richterin hat sich zu dem Ablehnungsersuchen des Klägers wie folgt dienstlich geäußert:

"Ich bei seit dem 1.11.2008 zur obergerichtlichen Erprobung an das KG angeordnet. Meine Entscheidungen treffe ich ohne Ansehen der Person."

Die Parteien haben Gelegenheit erhalten, zu der dienstlichen Erklärung der abgelehnten Richterin Stellung zu nehmen.

II. Das Ablehnungsersuchen des Klägers ist nicht begründet, weil aus Sicht einer vernünftig und ruhig denkenden Partei, auf die es im Verfahren nach §§ 42 ff. ZPO ankommt (Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 42 Rz. 9 m.w.N.), kein hinreichender Anlass besteht, an der Unparteilichkeit der abgelehnten Richterin zu zweifeln.

1. Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist die Besorgnis der Befangenheit i.S.v. § 42 Abs. 2 ZPO nicht bereits im Hinblick darauf gerechtfertigt, dass die abgelehnte Richterin zur obergerichtlichen Erprobung an das KG abgeordnet ist und sich die vorliegende Klage gegen ihren - durch die S.f.J. vertretenen - Dienstherrn richtet. Zwar wird in Rechtsprechung und Schrifttum vereinzelt die Auffassung vertreten, ein Proberichter, der nicht planmäßig und auf Lebenszeit bei dem zur Entscheidung berufenen Gericht ernannt ist, könne stets wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn sich die Klage gegen seinen Dienstherrn richtet. Aufgrund seiner eingeschränkten persönlichen Unabhängigkeit sei nicht auszuschließen, dass sich ein nicht planmäßig angestellter Richter bei seinen Entscheidungen von dem Gedanken an die Zustimmung der vorgesetzten Dienstbehörde beeinflussen lasse. Allein dies rechtfertige nach der insoweit maßgeblichen Sicht der Partei regelmäßig die Besorgnis der Befangenheit (LG Berlin; NJW 1956, 1402; Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Auf., § 42 Rz. 12a).

Dieser Auffassung vermag der Senat jedoch nicht zu folgen. Wie das OVG Berlin bereits vor einiger Zeit ausgeführt hat, hieße es die rechtsethischen Wurzeln des richterlichen Berufes zu leugnen und die verfassungsrechtliche Institution der dritten Staatsgewalt von vornherein in Frage zu stellen, würde die Tatsache, dass der Richter über eine gegen seinen Dienstherrn gerichtete Klage zu entscheiden hat, als ein vernünftiger und verständiger Umstand gewürdigt werden, der geeignet sein kann, seine Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen (OVG Berlin, JR 1969, 159, 160). Dabei kann auch nicht danach differenziert werden, ob es sich um einen noch nicht planmäßig ernannten Richter oder einen Richter auf Lebenszeit handelt; denn beide genießen die volle sachliche Unabhängigkeit (§ 25 DRiG). Hieran ändert nichts, dass die persönliche Unabhängigkeit (Unversetzbarkeit, Unabsetzbarkeit) bei einem zur obergerichtlichen Erprobung abgeordneten Richter ähnlich wie bei einem Proberichter nicht uneingeschränkt gewährleistet ist. Denn im Rahmen seiner Erprobung soll der Richter gerade unter Beweis stellen, dass er nicht nur fachlich, sondern auch charakterlich in der Lage ist, ein Beförderungsamt auszuüben. Und dies gelingt ihm nicht durch ein angepasstes Verhalten, sondern durch die allein dem Recht und dem Gesetz verpflichtete Streitentscheidung (KG NJW-RR 1996, 1403, 1404 hinsichtlich der Ablehnung eines Proberichters; i. E. ebenso MünchKomm/ZPO/Gehrlein, ZPO, 3. Aufl., § 42 Rz. 12; Musielak/Heinrich, ZPO, 6. Aufl., § 42 Rz. 16; Bork in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 42 Rz. 5).

Im Übrigen ist es auch keineswegs zutreffend, wenn der Kläger meint, dass eine zukünftige Beförderung der abgelehnten Richterin all...

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