Sachverhalt

Assurandor-Societetet

Bei dem Verfahren ging es um die Frage, ob Leistungen einer Vereinigung dänischer Versicherungsgesellschaften für die angeschlossenen Mitglieder in Versicherungsfällen die Höhe der Schäden festzustellen, ein nach Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f der 6. EG-Richtlinie steuerfreier Umsatz oder ein steuerfreier Versicherungsumsatz im Sinne von Artikel 13 Teil B Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie ist.

Nach dem Urteil stellt die Schadensfeststellung keinen Versicherungsumsatz im eigentlichen Sinne gem. Artikel 13 Teil B Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie dar, weil weder ein Versicherungsumsatz noch eine dazugehörige Dienstleistung, die von Versicherungsmaklern und Versicherungsvertretern erbracht wird, vorliegt. Der EuGH bestätigt seine frühere Rechtsprechung. Danach setzt ein Versicherungsumsatz seinem Wesen nach eine Vertragsbeziehung zwischen dem Erbringer der Versicherungsleistung und der Person voraus, deren Risiken von der Versicherung gedeckt werden (Versicherter). Der Versicherungsumsatz besteht darin, dass ein Versicherer ein Risiko übernimmt, das andernfalls der Versicherte tragen müsste. Eine Schadensfeststellungsleistung führt in diesem Sinne nicht zur Übernahme eines Risikos, sondern stellt eine gesonderte, zur Ausübung der Versicherungstätigkeit notwendige Leistung dar.

Zu Versicherungs- und Rückversicherungsumsätzen gehörende Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und Versicherungsvertretern erbracht werden (Artikel 13 Teil B Buchst. a zweite Alternative der 6. EG-Richtlinie), gehören nur Dienstleistungen der Makler und Vertreter, die zugleich mit dem Versicherer und dem Versicherten in Verbindung stehen. Versicherungsmakler im Sinne dieser Vorschrift sind Vermittler. Der Begriff der Versicherungsmakler bzw. Versicherungsvertreter im Sinne der Richtlinie 77/92 EWG des Rates vom 13.12.1976 über Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs für die Tätigkeiten des Versicherungsagenten und des Versicherungsmaklers (ABl. EG 1977 Nr. L 26/14) ist nicht notwendigerweise wie die vergleichbaren Begriffe in der 6. EG-Richtlinie auszulegen. Die Mitwirkung bei der Verwaltung und Erfüllung von Versicherungsverträgen nach Artikel 2 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/92/EWG tritt zu den Tätigkeiten hinzu, eine Verbindung zwischen den Versicherungsnehmern und den Versicherungsunternehmen herzustellen und den Abschluss der Versicherungsverträge vorzubereiten. Eine Schadensfeststellungstätigkeit genügt dieser Voraussetzung nicht. Das gilt auch für Artikel 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/92/EWG, wonach die Mitwirkung bei der Verwaltung und Erfüllung von Versicherungsverträgen die Befugnis umfasst, den Versicherer gegenüber dem Versicherten, dem ein Schaden entstanden ist, zu verpflichten.

Die Schadensfeststellungstätigkeit fällt auch nicht mit Blick auf die Möglichkeit der Steuerbefreiung im Bereich der Finanzumsätze ausgelagerter Dienstleistungen unter die Steuerbefreiung. Anders als Artikel 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 und 5 der 6. EG-Richtlinie, wonach allgemein die Umsätze steuerfrei sind, die sich auf bestimmte Bankgeschäfte beziehen, ohne sich auf Bankumsätze im engeren Sinne zu beschränken, erfasst Artikel 13 Teil B Buchst. a der 6. EG-Richtlinie nur die Versicherungsumsätze im eigentlichen Sinne.

Der EuGH hat sich des Weiteren erstmals zu den Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f der 6. EG-Richtlinie für Leistungen einer Vereinigung gegenüber ihren Mitgliedern und dem dort enthaltenen Begriff der Wettbewerbsverzerrungen befasst. Er stellt fest, dass die Steuerbefreiung der Dienstleistungen der Vereinigung selbst und nicht der Umstand, dass die Vereinigung den Tatbestand der Vorschrift im Übrigen erfüllt, geeignet sein muss, Wettbewerbsverzerrungen hervorzurufen, die zu einer Versagung der Steuerbefreiung führen würden. Im Übrigen darf die Steuerbefreiung nicht gewährt werden, wenn eine reale Gefahr besteht, dass die Befreiung für sich genommen mittelbar oder in der Zukunft zu Wettbewerbsverzerrungen führen kann. Die Befreiung ist also bereits in Fällen potentieller Wettbewerbsverzerrungen ausgeschlossen. Im Übrigen haben die Mitgliedstaaten nach dem Urteil die Möglichkeit, die Steuerbefreiung nach Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f zeitlich zu begrenzen, wenn zweifelhaft ist, ob die Befreiung zu einem späteren Zeitpunkt eine Wettbewerbsverzerrung hervorrufen kann. Hat der Mitgliedstaat die Steuerbefreiung gewährt, muss sie allerdings so lange beibehalten werden, wie der Betreffende den Tatbestand der Regelung erfüllt.

 

Hinweis

Für das geltende deutsche Umsatzsteuerrecht ergibt sich aus der EuGH-Entscheidung kein Korrekturbedarf.

 

Link zur Entscheidung

EuGH, Urteil vom 20.11.2003, C-8/01

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