I. Unvollständige Erledigung (Abs. 2 S. 1)

 

Rz. 10

Liegt ein Löschungsantrag (-ersuchen) vor, so ist er/es unvollständig erledigt, wenn entweder der konstitutive Löschungsvermerk oder die deklaratorische Blattschließung noch nicht geschehen ist. Ist die Löschung auf dem Grundstücksblatt noch nicht geschehen, so sind bei rechtsgeschäftlicher Aufhebung Nutzungsrecht und/oder Gebäudeeigentum noch nicht erloschen. Da jedoch das Gebäudeblatt bereits geschlossen wurde, kann über das materiell fortbestehende Gebäudeeigentum ohnehin nicht mehr verfügt werden, so dass es genügt, wenn Abs. 2 S. 1 anordnet, dass der Löschungsvermerk aus Anlass einer anderen Eintragung nachgeholt wird.[9] Ist zwar ein Löschungsvermerk im Grundstücksblatt gebucht, jedoch das Gebäudeblatt nicht geschlossen worden, so ist das Gebäudeeigentum trotzdem erloschen, denn die Blattschließung ist lediglich deklaratorischer Natur. Im Hinblick auf Art. 233 § 2 Abs. 3, § 4 Abs. 1 S. 3 EGBGB ist ungeachtet der Existenz eines Grundbuches für das erloschene Gebäudeeigentum ein Erwerb kraft Gutglaubensschutzes ausgeschlossen. Deshalb genügt es auch in diesen Fällen, wenn die Blattschließung aus Anlass einer Eintragung nachgeholt wird.

[9] Meikel/Böhringer, GGV, § 12 Rn 12.

II. Umfunktionierte Gebäudeblätter (Abs. 2 S. 2)

 

Rz. 11

Bei der Aufhebung von Gebäudeeigentum an ehedem volkseigenen Grundstücken im Zusammenhang mit sog. "Modrow-Kaufverträgen" (G. v. 7.3.1990) existierte häufig für das Grundstück ein Grundbuchblatt, sondern nur die Bestandskarte nach Nr. 160 der Colido-Grundbuchanweisung. Die Liegenschaftsdienste (Grundbuchämter) haben dann häufig anstelle der Schließung des Gebäudeblattes und der Anlegung eines Grundstückblattes unter Streichung des Wortteiles "Gebäude" das Gebäude- als Grundstücksblatt fortgeführt. Abs. 2 S. 2 sanktioniert dieses Vorgehen und bezeichnet das umfunktionierte Blatt als Grundbuch im Sinne der Gesetze. Die Vorschrift darf freilich nur als Heilungsnorm für Verfahrensverstöße in Übergangszeiten verstanden werden; sie billigt nicht etwa eine solche Verfahrensweise allgemein und auch für die Zukunft.[10]

[10] Dazu auch Meikel/Böhringer, GGV, § 12 Rn 13.

III. Löschung ohne Rechtsgrundlage (Abs. 3)

 

Rz. 12

Vielfach sind Löschungen und/oder Schließung bzw. Umfunktionierung des Gebäudeblattes geschehen, ohne dass die erforderliche Aufhebungserklärung (Löschungsbewilligung) vorlag. Diese genügte weder nach DDR-Recht noch nach Bundesrecht; Nutzungsrecht und/oder Gebäudeeigentum bestehen fort.

 

Rz. 13

Abs. 3 sieht vor, dass die Erklärung aus Anlass der nächsten anstehenden Eintragung beim dortigen Grundstückseigentümer anzufordern sind; hat das Eigentum zwischenzeitlich gewechselt, so ist gem. Satz 2 die Erklärung vom derzeitigen und vom vorherigen Eigentümer anzufordern. Gehen die notwendigen Erklärungen ein, so hat das Grundbuchamt gem. Satz 3 die seinerzeitigen Eintragungen "zu bestätigen". Dies hat dann durch eine erneute Eintragung in den Spalten 6 und 7 zu geschehen: "Der am … eingetragene Löschungsvermerk gem. § 12 Abs. 3 GGV bestätigt am …". Die Löschung ist dann erst mit dem Tage des Bestätigungsvermerkes als geschehen anzusehen.

 

Rz. 14

Ist nur das Gebäudeblatt geschlossen oder dieses umfunktioniert worden, so ist ein Schließungsvermerk zu bestätigen, insbesondere aber ist der Löschungsvermerk im Grundstücksblatt (erstmals) einzutragen. Das ist zwar in der Vorschrift nicht ausdrücklich vorgesehen, ist aber zwingende Notwendigkeit für die vom Verordnungsgeber angestrebte Herbeiführung einer materiell wirksamen Aufhebung.[11]

 

Rz. 15

Gehen die angeforderten Erklärungen nicht ein, so sind nach Satz 4 regelmäßig Grundstück und Gebäude getrennt zu buchen. Das kann insbesondere dann unterbleiben, wenn Gebäude- und Grundstückseigentum sich in einer Hand befinden und der Eigentümer gem. § 78 Abs. 1 S. 3 SachenRBerG verpflichtet ist, das Gebäudeeigentum aufzuheben. Dann kann nämlich das Grundbuchamt den Eigentümer gem. § 82 GBO, § 35 FamFG dazu anhalten, die erforderlichen Erklärungen nachzureichen, § 78 Abs. 1 S. 5 und 6 SachenRBerG.

[11] Kritisch zur Norm Meikel/Böhringer, GGV, § 12 Rn 17 ff.

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