Gesetzestext

 

(1) Gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2. die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Auf das weitere Verfahren finden § 73 Absatz 2 Satz 2 dieses Gesetzes sowie die §§ 71 bis 74a des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechende Anwendung.

A. Normzweck; Allgemeines

 

Rz. 1

Das Rechtsmittelverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist durch das FGG-RG v. 17.12.2008[1] mit Wirkung vom 1.9.2009 neu geordnet worden. Anstelle der weiteren Beschwerde an das OLG mit der Vorlagemöglichkeit an den BGH in Divergenzfällen zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wurde auch in Grundbuchsachen (vgl. § 79 GBO a.F.) entsprechend den §§ 70 FamFG und §§ 574 ff. ZPO die Rechtsbeschwerde an den BGH (§ 133 GVG) eingeführt. Dies soll zur Rechtsvereinheitlichung und zur Fortbildung des Rechts bzw. Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beitragen. Ergänzt wird die Vorschrift durch die Regelung des zuständigen Entscheidungsorgans in § 81 Abs. 1 GBO sowie der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akten in § 81 Abs. 4 GBO.

 

Rz. 2

Um eine Überlastung der dritten Instanz zu vermeiden, macht Abs. 1 die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde ausnahmslos von der Zulassung durch das Beschwerdegericht abhängig. Abs. 2 regelt die Voraussetzungen und die Wirkung der Zulassung. Der BGH ist an die Zulassung gebunden, auch wenn die Zulassungsgründe nicht vorliegen (Abs. 2 S. 2). Für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens enthält die GBO keine eigenständigen Bestimmungen. Mit der Bezugnahme in Abs. 3 auf § 73 Abs. 2 S. 2 GBO wird die elektronische Aktenführung eröffnet. Zudem werden durch die Verweisung auf die §§ 71 bis 74a FamFG Bestimmungen über die Frist und Form der Rechtsbeschwerde, ihr Revisionscharakter, die Zulässigkeit der Anschlussbeschwerde und die Entscheidungsmöglichkeiten des Rechtsbeschwerdegerichts für anwendbar erklärt. Letztlich besteht ein Gleichklang mit den FamFG- und ZPO-Vorschriften über die Rechtsbeschwerde. Dagegen verweist Abs. 3 nicht auf § 75 FamFG. Daher gibt es keine Sprungrechtsbeschwerde unmittelbar vom Grundbuchamt an den BGH.

 

Rz. 3

Die Rechtsbeschwerde nach § 78 GBO vereint Elemente der Rechtsbeschwerde gem. §§ 574 ff. ZPO mit der zivilprozessualen Revision (§§ 542 ff. ZPO). Die Rechtsbeschwerdeinstanz ist eine reine Rechtsanwendungskontrolle. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an den von dem Beschwerdegericht festgestellten Sachverhalt gebunden. Soweit § 74 Abs. 4 FamFG für das weitere Verfahren auf die für den ersten Rechtszug geltenden Vorschriften verweist, bedeutet dies für die Rechtsbeschwerde in Grundbuchsache vorrangig eine Bezugnahme auf die Verfahrensvorschriften der GBO. Zur Schließung von Lücken im Rechtsbeschwerdeverfahren ist zudem auf die eigenständigen Beschwerdebestimmungen der GBO (§§ 71 ff. GBO) zurückzugreifen.[2] Entsprechend hat auch das Rechtsbeschwerdegericht die Besonderheiten der Beschwerdeberechtigung und bei einer Rechtsbeschwerde gegen eine Eintragung die Beschränkungen des § 71 Abs. 2 GBO zu beachten.[3]

[1] BGBl I 2008, 2586.
[2] Vgl. zum Rückgriff auf die Beschwerdevorschriften des FamFG: BGH FGPrax 2010, 150; BGH FGPrax 2010, 97.
[3] Bauer/Schaub/Sellner, § 78 Rn 1; Demharter, § 78 Rn 3; Hügel/Kramer, § 78 Rn 31.

B. Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde

I. Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde

1. Grundsatz

 

Rz. 4

Statthaft ist die Rechtsbeschwerde nur gegen eine zulassungsfähige Beschwerdeentscheidung des OLG, sofern das Beschwerdegericht ausdrücklich die Zulassung angeordnet hat. Das Rechtsmittel findet nur gegen endgültige, instanzabschließende Entscheidungen des Beschwerdegerichts i.S.v. § 77 GBO statt. Dazu gehören auch Teilentscheidungen,[4] die Verwerfung einer Beschwerde als unzulässig,[5] die Zurückweisung einer unzulässigen Beschwerde als unbegründet oder Entscheidungen gem. § 43 FamFG über die Ergänzung des Beschlusses des Beschwerdegerichts.[6] Die Entscheidung des Beschwerdegerichts kann erst mit deren Existenz angefochten werden. Dies erfordert die Unterzeichnung des Beschlusses durch die Mitglieder des Senats (vgl. § 81 Abs. 1 GBO) sowie den Erlass des Beschlusses (vgl. § 38 Abs. 3 S. 3 FamFG);[7] eine Bekanntgabe bzw. förmliche Zustellung der Entscheidung ist indes nicht notwendig. Die Rechtsbeschwerde muss die tragenden Rechtsausführungen des Beschwerdegerichts angreifen, nicht nur sonstige Ausführungen.

 

Rz. 5

Demgegenüber findet keine Rechtsbeschwerde nach § 78 GBO gegen eine einstweilige Anordnung oder deren Ablehnung (§ 76 Abs. 1 GBO) statt, weil insoweit § 70 Abs. 4 FamFG entsprechende Anwendung findet (s. § 76 GBO Rdn 18).[8] Ebenso wenig unterliegen Neben- und Zwischenentscheidungen[9] des Beschwerdegerichts...

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