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Dienstbarkeiten:

Bei der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit ist Gesamtberechtigung zulässig; jeder Berechtigte ist durch das Nutzungsrecht des anderen beschränkt.[45]
Bei der Grunddienstbarkeit wird eine Gesamtberechtigung mehrerer herrschender Grundstücke für zulässig angesehen,[46] wenn mehrere Grundstückseigentümer das Recht erhalten sollen, auf dem dienenden Grundstück eine ihnen gemeinsam zum Vorteil gereichende Anlage zu unterhalten.[47] Insofern kann von einer modifizierten Gesamtberechtigung analog §§ 428, 432 BGB gesprochen werden.[48] Ein Berechtigungsverhältnis allein aus §§ 1024, 1025 BGB ist aber nicht herleitbar.[49]
Eigentum: Gesamtberechtigung ist schon deshalb nicht zulässig, weil das Eigentum kein schuldrechtliches Forderungsrecht ist, was durch § 428 BGB begrifflich vorausgesetzt ist.[50]
Erbbaurecht: Nach einer Ansicht soll Gesamtberechtigung zulässig sein.[51] Dies überzeugt jedoch nicht, weil die Berechtigung an einem Erbbaurecht eine gleiche ist wie das Eigentum am Grundstück. Der Erbbauberechtigte ist Eigentümer des Erbbaurechts ebenso wie ein Grundstückseigentümer Eigentümer des Grundstücks ist. Der Anspruch auf Gewährung des Erbbaurechts, der ähnlich wie der Übereignungsanspruch in Gesamtberechtigung bestehen kann, ist mit Eintragung des Erbbaurechts in das Grundbuch erfüllt. Fortan schuldet der Eigentümer des Grundstücks keine Leistung, für die § 428 BGB anwendbar wäre. Ein Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht nach § 31 WEG kann dagegen in Gesamtberechtigung bestehen, weil hier ähnlich der Dienstbarkeit die Gewährung der Raumüberlassung Gegenstand des Rechts ist.[52]
Grundpfandrechte: Gesamtberechtigung ist zulässig bei Hypotheken[53] und Grundschulden.[54] Dies gilt auch für die Bestellung eines einheitlichen Grundpfandrechts an den Anteilen mehrerer Miteigentümer als Gesamtberechtigte nach § 428 BGB.[55] Aus der Gesamtberechtigung folgt auch, dass ein Gesamtgläubiger die Löschung des gesamten Grundpfandrechts bewilligen kann.[56]
Nießbrauch: Gesamtberechtigung ist zulässig.[57]
Reallast: Gesamtberechtigung ist zulässig.[58]
Vorkaufsrecht: Da die in § 472 BGB vorgeschriebene gemeinsame Ausübung zwingend ist, ist die Eintragung einer Gesamtberechtigung nicht zulässig.[59]
Vormerkung: Eine Auflassungsvormerkung für Gesamtgläubiger ist zulässig.[60] Zwar kann man nicht "als Gesamtgläubiger" Eigentümer sein, jedoch sind der Anspruch auf Eigentumsübertragung und das Eigentum selbst zu unterscheiden. Ein Anspruch auf Eigentumsverschaffung kann durchaus mehreren Personen im Berechtigungsverhältnis zustehen, der Schuldner muss das Eigentum aber nur an einen der Berechtigten oder in deren Einvernehmen an mehrere in einem bestimmten Anteilsverhältnis übertragen. Im Übrigen ist Gesamtberechtigung dann zulässig, wenn das vorzumerkende Recht endgültig für Gesamtberechtigte eingetragen werden kann.
Wohnungsrecht: Die Zulässigkeit der Gesamtberechtigung ist anerkannt.[61] Der Eigentümer des Grundstücks muss nicht nur das Wohnen eines Berechtigten, sondern das gleichzeitige Wohnen mehrerer dulden, hierin liegen zwar Anklänge an die Gesamthand oder die Mitberechtigung des § 432 BGB, diese Besonderheit hat aber das Wohnungsrecht mit anderen, für Gesamtberechtigte bestellten Rechten gemeinsam, die keine Leistung sondern primär ein Dulden verlangen.[62] Vermittelnd wird eine modifizierte Gesamtberechtigung analog §§ 428, 432 BGB angenommen.[63] Das entscheidende Argument für die Gesamtberechtigung nach § 428 BGB ist aber die elegante Lösung des Problems der Alternativ- oder Sukzessivberechtigung: Fällt ein Berechtigter weg, bleibt das Recht ungeschmälert dem oder den anderen erhalten.
[45] BGH DNotZ 1967, 187; BGH NJW 1981, 176 = DNotZ 1981, 121; BayObLG DNotZ 1975, 619; Meikel/Böhringer, § 47 Rn 130; Bauer/Schaub/Wegmann, § 47 Rn 87; a.A. Lemke/Böttcher, § 47 Rn 21 (dieser für modifizierte Gesamtberechtigung analog §§ 428, 432 BGB).
[46] BayObLG BayObLGZ 1965, 256 = Rpfleger 1966, 367; BayObLG NotBZ 2002, 265 = MittBayNot 2002, 286; BayObLG Rpfleger 2002, 619; Meikel/Böhringer, § 47 Rn 132; Bauer/Schaub/Wegmann, § 47 Rn 81.
[47] Ebenso: LG Dortmund Rpfleger 1963, 197; KG NJW 1970, 1686; SchlHOLG SchlHA 1975, 94; Hügel/Reetz, § 47 Rn 43; Haegele, Rpfleger 1966, 368; 1967, 62; Haegele, Rpfleger 1975, 153, 154; a.A. Meisner/Ring/Götz/Götz, Nachbarrecht in Bayern, § 28 Rn 45; Herrmann, DNotZ 1974, 189; Rohs, Geschäftsführung der Notare, S. 25.
[48] Eingehend Staudinger/Weber, BGB, § 1018 Rn 51a; MüKo-BGB/Falckenberg, § 1018 Rn 23; Meikel/Böhringer, § 47 Rn 92, 132; Amann, DNotZ 2008, 324.
[49] Staudinger/Weber, BGB, § 1018 Rn 51a; Bauer/Schaub/Wegmann, § 47 Rn 82 ff.; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn 115; a.A. LG Kassel Rpfleger 2009, 502; Amann, DNotZ 2008, 324, 339.
[50] Meikel/Böhringer, § 47 Rn 132.
[51] LG Hagen DNotZ 1950, 381; LG Bielefeld Rpfleger 1985, 248; Ingenstau, § 1 ErbbauRG Rn 40; Palandt/Herrler, § 1 ErbbauRG Rn 9; a.A. Meikel/Böhringer, § 47 Rn 123; MüKo-BGB/...

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