Gesetzestext

 

In den Fällen, in denen nach gesetzlicher Vorschrift eine Behörde befugt ist, das Grundbuchamt um eine Eintragung zu ersuchen, erfolgt die Eintragung auf Grund des Ersuchens der Behörde.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Angesichts der vielfältigen Eintragungsvorschriften des öffentlichen Rechts hat § 38 GBO eine hohe praktische Bedeutung. Flankiert nur durch die besondere Formvorschrift des § 29 Abs. 3 GBO stehen die behördlichen Ersuchen außerhalb der auf Bewilligung und Antrag aufbauenden Eintragungstätigkeit des Grundbuchamts (GBA). Dazu ordnet § 38 GBO einen Vorrang des öffentlichen Rechts und sonstigen Verfahrensrechts vor dem Grundbuchverfahrensrecht an: Nicht die Behörde muss sich auf die Nachweiserfordernisse der GBO einlassen (etwa durch Inanspruchnahme der Betroffenen auf Abgabe entsprechender Bewilligungen); vielmehr muss sich das GBA auf die jeweilige Gesetzesvorschrift (auch des Landesrechts) einlassen.

B. Voraussetzungen

I. Ersuchen einer Behörde

 

Rz. 2

Zum Begriff Behörde siehe § 29 GBO (vgl. § 29 GBO Rdn 102).

 

Rz. 3

Unter Ersuchen ist der Eintragungsantrag der Behörde zu verstehen, welcher grundsätzlich auch die sonst notwendigen weiteren Erfordernisse weitgehend ersetzt (i.E. siehe Rdn 72). Das Ersuchen hat sich auf eine Grundbucheintragung zu richten.

Soweit aufgrund der Mitteilung einer Behörde das GBA eine Eintragung von Amts wegen vorzunehmen hat, ist § 38 GBO nicht unmittelbar anwendbar, so z.B. nicht auf die von der Katasterbehörde zur Berichtigung der Bestandsangaben des Grundbuchs vorgelegten Veränderungsnachweise.[1]

 

Rz. 4

Ersucht das GBA ein anderes GBA um Eintragung der Mitbelastung oder eines Mithaftvermerks, steht dies ebenfalls außerhalb des § 38 GBO. Aufgrund § 48 GBO wird hier jedes GBA von Amts wegen aufgrund eigener Zuständigkeit tätig.[2] Ebenso wenig stellt es ein Verlangen des Beschwerdegerichts an das GBA dar, eine Vormerkung oder einen Widerspruch einzutragen (§§ 76, 80 Abs. 3 GBO), ein Ersuchen im Sinne des § 38 GBO dar.

 

Rz. 5

Dem Ersuchen einer nach dem Recht eines Landes zuständigen Behörde ist auch von dem GBA eines anderen Landes zu entsprechen.[3]

 

Rz. 6

Soweit die Behörde um die Grundbucheintragung ersuchen kann, ist das Antragsrecht der Beteiligten grundsätzlich ausgeschlossen.[4] Parallele Antragsrechte der Beteiligten selbst bestehen nur im Fall des § 941 ZPO[5] sowie nach § 32 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 2 InsO dar. Auch wenn Anträge der Beteiligten ausgeschlossen sind, sind diese jedoch zur Einlegung einer Beschwerde berechtigt.[6]

 

Rz. 7

Eine Unterscheidung zwischen deutschen und nichtdeutschen Behörden macht das Gesetz nicht. Die notwendige Begrenzung des Rechts, Eintragungsersuchen zu stellen, ergibt sich aus dem weiteren Erfordernis einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung. Gebunden ist das GBA z.B. an das Ersuchen eines deutschen Insolvenzgerichts, welches auf einem englischen Insolvenzverfahren aufbaut.[7]

[1] OLG Düsseldorf Rpfleger 1988, 140.
[2] Vgl. KG KGJ 52, 105.
[3] Demharter, § 38 Rn 28.
[4] KG JFG 18, 72; OLG München JFG 1923, 330; OLG Frankfurt NJOZ 2014, 128 (zu § 130 ZVG).
[5] KG JFG 18, 72; KG KGJ 41, 221; KG JFG 5, 303.
[6] KG JFG 18, 72.

II. Nach gesetzlicher Vorschrift befugt

 

Rz. 8

Die Behörde muss nach gesetzlicher Vorschrift befugt sein, das GBA um die Eintragung zu ersuchen.

 

Rz. 9

a) Die gesetzliche Vorschrift kann bundesrechtlicher oder landesrechtlicher Art sein. Bei Ersuchen aufgrund landesrechtlicher Vorschrift gilt § 38 GBO auch für Ersuchen in anderen Bundesländern, selbst wenn am Belegenheitsort keine inhaltsgleiche oder -ähnliche Norm existiert.[8]

 

Rz. 10

b) Die gesetzliche Vorschrift muss der Behörde das Recht geben, das GBA um eine bestimmte, gerade in Frage stehende Eintragung zu ersuchen. Diesem Erfordernis wird genügt, indem die Behörde abstrakt befugt ist, um die gewünschte Eintragung zu ersuchen, d.h. wenn die begehrte Eintragung den möglichen Inhalt eines Ersuchens bilden kann.[9] Die abstrakte "Ersuchensberechtigung" als der Behörde gesetzlich zugeordnete Kompetenz fällt in die Prüfungsbefugnis und -pflicht des GBA.[10]

 

Rz. 11

Fehlt es hingegen an der Zuweisung einer Ersuchensbefugnis als gesetzlicher Grundlage, darf diese nicht aus einer Gesamtanalogie oder Lückenfüllung gewonnen werden.[11] Da § 38 GBO im Umkehrschluss die Handlungsmöglichkeiten der nach allgemeinem Grundbuchverfahrensrecht Betroffenen beschränkt (z.B. durch Ausschluss von deren Antragsbefugnis), wäre eine solche Analogie den Rechtsbeschränkungen der Eingriffsverwaltung zu unterwerfen, die jeweils einer ausdrücklichen Eingriffsermächtigung bedarf.

 

Rz. 12

Ob die Behörde auch tatsächlich im vorliegenden Einzelfall dazu befugt ist, bleibt für das GBA außer Betracht. Die richtige Anwendung des Gesetzes auf den Einzelfall ist Sache der ersuchenden Behörde, die dafür allein die Verantwortung trägt; das GBA kann diese konkrete Entscheidung nicht nachprüfen.[12] Insoweit hat das Ersuchen auch abschließende Tatbestandswirkung für das GBA (siehe Rdn 85).

[8] OLG Jena BeckRS 2013, 14129; Demharter, § 38 Rn 28.
[9] BayObLG OLG 25, 382; BGH BGHZ 19, 385 = NJW 1...

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