Rz. 92

Relative Verfügungsverbote bezwecken nur den Schutz bestimmter Personen mit der Folge, dass nur ihnen gegenüber eine materiell-rechtliche Verfügung unwirksam ist (siehe §§ 135, 136 BGB), während sie im Verhältnis zu anderen wirksam bleibt. Sie können im Grundstücksrecht nur im Anwendungsbereich des § 888 Abs. 2 BGB (nicht nach § 894 BGB) geltend gemacht werden.[223] Gegenüber dem Verbotsgeschützten kann der Erwerber das Recht dagegen nur behalten, wenn der Verbotsgeschützte zustimmt oder seinen Anspruch aus § 888 Abs. 2 BGB nicht ausübt.[224] Relative Verfügungsverbote sind nicht eintragungspflichtig, aber -fähig, um einen gutgläubigen Erwerb (§§ 135 Abs. 2, 892 Abs. 1 S. 2 BGB) auszuschließen. Sind die Voraussetzungen des § 878 BGB nachgewiesen, ist die Eintragung ohne Rücksicht auf das Verbot vorzunehmen. Anderenfalls sind bei der Eintragung eines Rechts folgende Fälle zu unterscheiden:

 

Rz. 93

Ist das Verbot im Grundbuch vermerkt, so ist der Verbotsgeschützte vor Rechtsverlust an einen gutgläubigen Dritten gesichert. Das GBA hat nach Eintrag des Verfügungsbeschränkungsvermerks alle Eintragungen so zu vollziehen, wie wenn keine Beschränkung bestünde.[225] Eine Ausnahme besteht (wegen § 1 Abs. 4 ErbbauRG) für die Bestellung eines Erbbaurechts; es kann deshalb nur mit Zustimmung des Verbotsgeschützten[226] oder unter den Voraussetzungen des § 878 oder § 892 BGB eingetragen werden.[227]
Ist das bereits bestehende Verfügungsverbot weder im Grundbuch vermerkt noch dem GBA bekannt, so ist die beantragte Rechtsänderung zwangsläufig einzutragen. Mit der Eintragung erwirbt der Berechtigte, sofern er zur Zeit des Eingangs seines Antrags beim GBA oder einer späteren Einigung gutgläubig war (§ 892 Abs. 2 BGB), das Recht auch im Verhältnis gegenüber dem Verbotsgeschützten nach §§ 135, 136, 892 Abs. 1 S. 2 BGB.[228]
Umstritten ist im Hinblick auf die Bedeutung des § 892 BGB für das Grundbuchverfahren wieder der Fall, dass das Verfügungsverbot vor dem für § 878 BGB maßgeblichen Zeitpunkt im Grundbuch noch nicht vermerkt, aber dem GBA bereits bekannt geworden ist (z.B. aus einem noch unerledigten Grundbucheinlauf). M.E. hat das GBA die Eintragung der Rechtsänderung davon abhängig zu machen, dass das Verfügungsverbot vorher oder mindestens gleichzeitig eingetragen wird oder in Form des § 29 GBO die Umstände nachgewiesen werden, aus denen sich die Wirksamkeit des Rechtserwerbs gegenüber dem Verbotsgeschützten ergibt.[229] Nach anderer Ansicht verstieße dies gegen § 17 GBO und § 892 BGB, so dass das im GB nicht vermerkte Verfügungsverbot im laufenden Eintragungsverfahren auch nicht berücksichtigt werden dürfte.[230]
Die Löschung eines Rechts entgegen einem relativen Verfügungsverbot (z.B. dem GBA wird bekannt, dass der die Löschung einer Grundschuld bewilligende Erbe durch eine Nacherbfolge eingeschränkt ist) ist grundsätzlich unabhängig davon unzulässig, ob das Verbot im Grundbuch eingetragen ist oder nicht, wenn und weil mit der Löschung des Rechts das eingetragene Verbot wegen § 17 Abs. 2 GBV seine Wirkung verliert[231] und die Wiedereintragung des gelöschten Rechts u.U. nicht mehr an der früheren Rangstelle erfolgen könnte.[232] Das GBA darf das Recht deshalb entgegen einem relativen Verfügungsverbot antragsgemäß nur löschen, wenn entweder ein Fall des § 878 BGB oder der Nachweis der Zustimmung des Verbotsgeschützten vorliegt oder – ausnahmsweise – das Verfügungsverbot doch im Grundbuch bestehen bleiben kann.[233] Auch bei der Löschung eines Rechts kommt der Gutglaubensschutz des § 893 BGB (z.B. zugunsten des Eigentümers des durch die Löschung lastenfrei gestellten Grundstücks) in Betracht.[234]
[223] Staudinger/Gursky, § 894 Rn 41; Meikel/Böttcher, Anh. zu § 19 Rn 164.
[224] Vgl. Eickmann, GBVerfR 5. Kap., § 3 IV.
[225] BayObLG DNotZ 1954, 395; RG RGZ 105, 76; OLG Stuttgart BWNotZ 1985, 127.
[226] Eickmann, GBVerfR 5. Kap., § 3 IV; Böttcher, Rpfleger 1985, 381, 387.
[227] Meikel/Böttcher, § 18 Rn 89.
[228] KG ZWE 2022, 33; OLG München JFG 16, 145, 149.
[229] BayObLG BayObLGZ 1954, 97 = DNotZ 1954, 394; OLG Düsseldorf MittBayNot 1975, 225; OLG Stuttgart BWNotZ 1985, 127; Grüneberg/Herrler, § 888 Rn 10; Demharter, §§ 19 Rn 59, 22 Rn 52.
[230] MüKo-BGB/Schäfer, § 892 Rn 67; Böttcher, Rpfleger 1985, 381, 385 ff.; Böttcher, BWNotZ 1993, 25, 33.
[231] So RG RGZ 102, 332 für den Nacherbenvermerk.
[232] Meikel/Böttcher, Anh. zu § 19 Rn 170; Raebel, in: Lambert-Lang/Tropf/Frenz, Teil 5, Rn 186.
[233] Böttcher, Rpfleger 1985, 381, 386, 3 87; Meikel/Böttcher, Anh. zu § 19 Rn 172; Raebel, Rn 186.
[234] MüKo-BGB/Schäfer, § 893 Rn 9; Ertl, DNotZ 1990, 684, 704.

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