Rz. 7

1. Die Vorlage eines Antrages beim Grundbuchamt kann erfolgen

1. durch den Beteiligten selbst;
2. durch den Notar als Boten. Hier wird der Notar nur als Übermittler, nicht als Antragsteller tätig;
3. durch den Notar aufgrund nachgewiesener verfahrensrechtlich erteilter Vollmacht. In diesem Fall ist nur der Umfang der verfahrensrechtlich erteilten Vollmacht maßgebend, nicht Abs. 2;
4. aufgrund gesetzlich vermuteter Vollmacht; dies ist der Fall des § 15 Abs. 2;
5. durch andere Vertreter.

Das Eigenantragsrecht der Beteiligten wird durch die anderen Möglichkeiten nicht beschränkt. Zur Beschränkung durch § 13 Abs. 1 S. 3 GBO siehe dort. Die Eintragungsbewilligung kann dadurch bedingt sein, dass der Antrag auf eine bestimmte dieser Möglichkeiten bzw. von einem bestimmten Bevollmächtigten gestellt wird.[11]

 

Rz. 8

2. Die Bestimmung schafft eine (nach überwiegender Lesart:) gesetzliche Vermutung für das Vorhandensein der Vollmacht eines Beurkundungsnotars zur Stellung eines Eintragungsantrages. Jedenfalls ist die "Ermächtigung" nicht technisch-wörtlich als Verfahrensstandschaft (Geltendmachung eines fremden Rechts im eigenen Namen) zu verstehen, wie der folgende Halbsatz zeigt.[12]

Sie findet ihre Rechtfertigung in dem Amtsverhältnis, in das der Notar durch seine Beauftragung zu den Beteiligten getreten ist, und insbesondere der daraus resultierenden Erwägung, dass er sich nicht ohne Auftrag in das Verhältnis anderer einmischen werde, sowie in der Erfahrung, dass der Wille der Beteiligten regelmäßig auf die Besorgung der ganzen Grundbuchangelegenheiten durch den Notar gerichtet ist;[13] diese Auffassung ist durch § 24 Abs. 1 BNotO bestätigt.

 

Rz. 9

Die Norm verdichtet diese Erfahrung zu einer gesetzlichen Vermutung, die dann auch nicht gesondert nachgewiesen werden muss.

 

Rz. 10

Die Bestimmung ist nicht eng auszulegen.[14] Sie begründet jedoch keine Amtspflicht, Anträge zu stellen. Eine solche ergibt sich indes aus § 53 BeurkG, wonach der Notar verpflichtet ist, dem Grundbuchamt eine Urkunde vorzulegen, wenn er Willenserklärungen beurkundet hat, die Urkunde vollzugsreif ist und kein übereinstimmender anderweitiger Wille der Beteiligten vorliegt. Dementsprechend sind auch Streitigkeiten über den weiteren Vollzug allein nach BeurkG (dort unter maßvoller Heranziehung des Rechtsgedankens des § 54c BeurkG) und § 15 BNotO abzuhandeln. Für das Grundbuchamt gilt: Ein fehlender Antrag kann grundbuchverfahrensrechtlich nicht erzwungen, ein – vertragswidrig – gestellter nicht aus diesem Grund abgelehnt werden. Die vorgenommene Antragstellung ist unbeachtlich nur dann, wenn alle Antragsteller, für die der Notar aufgetreten ist, formgerecht (§ 31 GBO) zuvor die Vollmacht widerrufen haben.[15]

 

Rz. 11

Die Bedeutung der Norm ist in der gegenwärtigen Kautelarpraxis schwer einzuschätzen. Der Anwendungsschwerpunkt dürfte – erstaunlicherweise – in Rechtsmittelverfahren liegen. Die beurkundeten und beglaubigten Erklärungen enthalten heute nämlich regelmäßig nach ihrer Formulierung den Antrag des gewinnenden oder verlierenden Teils. Diese Erklärung wäre somit auch bei einer bloßen Botenstellung des Notars vollzugsfähig. Es ginge dann lediglich um die Frage, wem die Vollzugsmitteilung zu übersenden ist.

Andererseits ist die Norm in ihrer Fokussierung auf die Antragstellung für die praxisrelevanten Problemfälle, in denen es zu Vollzugsschwierigkeiten kommt, zu eng gefasst. Das ist auch der Grund, weswegen jedenfalls beurkundete (häufig auch eigenentworfene unterschriftsbeglaubigte) Erklärungen weitergehende Vollzugsvollmachten enthalten, die z.B. Rangeinweisungen, Antragsrücknahmen, Vollzugsbeschränkungen, Entgegennahmen von Genehmigungen (bis hin zur Doppelvollmacht für § 1856 BGB), Anweisungen zur Briefaushändigung[16] etc. ermöglichen. Abs. 2 oszilliert damit in der Notarpraxis häufig zwischen überflüssig und unbrauchbar.

 

Rz. 12

Hilfreich ist die Vermutung im Einzelfall, weil sie eine Vollmacht auch für solche Beteiligte ins Leben ruft, die den Notar selbst gar nicht mandatiert haben und von denen somit eine echte rechtsgeschäftliche Vollzugsvollmacht nicht erteilt wurde. Beispiele: Der Notar beglaubigt die Eigentümerzustimmung zur Grundschuldlöschung und reicht beides unter Antragstellung ein. Wegen Abs. 2 bleibt der Antrag (der Bank!) auch dann vollzugsfähig, wenn der Eigentümer seine Antragsvollmacht widerrufen sollte. Oder: Der den Kaufvertrag vollziehende Notar gilt als bevollmächtigt gem. Abs. 2 auch für die Gläubigerbank, die andernorts die Löschung der Grundschuld bewilligt hat.[17]

 

Rz. 13

Abs. 2 hat Bedeutung für das Rechtsmittelverfahren: Die Vollmachtsvermutung erfasst auch die Vermutung, zwar nicht im eigenen Namen,[18] wohl aber als Vertreter für die Antragsteller/Antragsberechtigten Beschwerde einlegen zu dürfen.[19] Diese Verfahrensentwicklung – Erforderlichkeit des Rechtsmittels – ist von den parallelen rechtsgeschäftlichen Vollmachten nämlich typischerweise nicht erfasst.

[11] KG NJOZ 2019, 1305 ("Bewilligung, soweit Vollzug...

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