Rz. 430

Das auf die Form einer letztwilligen Verfügung anzuwendende Recht wird weitgehend durch staatsvertragliche Regelungen bestimmt. Hieran hat die EuErbVO im Grunde nichts geändert, da Art. 75 Abs. 1 Unterabs. 2 EuErbVO auf das Haager Testamentsformübereinkommen verweist.[1290] Neben dem insoweit in Deutschland in Kraft getretenen Haager Testamentsformübereinkommen[1291] enthält auch der deutsch-türkische Konsularvertrag vom 28.5.1929 in § 16 eine Vorschrift, die die Formgültigkeit regelt, indem sie wahlweise die Ortsform oder die Form des Heimatrechts für ausreichend erklärt.

 

Rz. 431

In der Bundesrepublik Deutschland hatte der Gesetzgeber aus Gründen der kodifikatorischen Einheit die Bestimmungen des Haager Testamentsformübereinkommens in Art. 26 EGBGB integriert.[1292] Die Streitfrage, ob das Haager Testamentsformübereinkommen oder Art. 26 EGBGB die Formgültigkeit einer letztwilligen Verfügung regelt, war, da beide Regelungen weitgehend inhaltsgleich sind, akademischer Natur.[1293] Diese Vorschrift gilt nach dem Inkrafttreten der EuErbVO und der dazugehörigen Ausführungsgesetze[1294] nicht mehr. Infolge der Verweisung in Art. 75 Abs. 1 Unterabs. 2 EuErbVO auf das Haager Testamentsformübereinkommens gilt die inhaltliche Regelung aber fort.[1295] Zu beachten ist jedoch, dass hiervon Testamente erfasst sind, nicht jedoch Erbverträge, die auch bislang nicht unter das Haager Testamentsformübereinkommen fielen. Deshalb gilt für Erbverträge im Sinne des Art. 25 Abs. 1 EuErbVO die Formvorschrift des Art. 27 Abs. 1 EuErbVO ("Formgültigkeit einer schriftlichen Verfügung von Todes wegen").

 

Rz. 432

Das Haager Testamentsformübereinkommen enthält eine Reihe alternativer Anknüpfungen der Formwirksamkeit, d.h. eine Verfügung von Todes wegen ist formwirksam, wenn sie nur einer der zur Verfügung gestellten Rechtsordnungen entspricht. Die Formwirksamkeit kann sich insbesondere ergeben aus einem effektiven oder tatsächlichen Heimatrecht des Erblassers zum Zeitpunkt der Errichtung oder des Todes, aus dem Recht des Errichtungsortes, aus dem Recht des Ortes des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers zum Zeitpunkt der Errichtung oder des Todes und hinsichtlich des unbeweglichen Vermögens aus dem Recht am Belegenheitsort. In vergleichbarer Weise verhält sich Art. 27 Abs. 1 EuErbVO.

 

Rz. 433

Das Haager Testamentsformübereinkommen gilt nach seinem Art. 4 auch für gemeinschaftliche Testamente, nicht aber für Erbverträge. Deshalb gilt für Erbverträge im Sinne des Art. 25 Abs. 1 EuErbVO die Formvorschrift des Art. 27 Abs. 1 EuErbVO (vgl. Art. 26 Abs. 2 EGBGB).

[1290] Frank/Döbereiner, Nachlassfälle mit Auslandsbezug, S. 77 Rn 259.
[1291] BGBl II 1965, 1145.
[1292] Reimann/Bengel/Mayer/Riering, Testament und Erbvertrag, B Rn 9.
[1293] Reimann/Bengel/Mayer/Riering, Testament und Erbvertrag, B Rn 9.
[1294] Gesetz zum Internationalen Erbrecht und zur Änderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 29.6.2015 (BGBl I 2015, S. 1042), in Kraft getreten am 17.8.2015.
[1295] Frank/Döbereiner, Nachlassfälle mit Auslandsbezug, S. 77 Rn 259.

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