Rz. 188

Der Nießbrauch umfasst grundsätzlich sämtliche Nutzungen des Grundstücks. Abdingbar (§ 1030 Abs. 2 BGB) mit Eintragungspflicht[726] ist es, einzelne Nutzungen qualitativer Art von dem Recht auszunehmen,[727] soweit dadurch nicht gegen das Wesen des Nießbrauches verstoßen wird, indem die begriffswesentlichen Grenzen zwischen Eigentum und Nießbrauch und damit der Grundsatz der Substanzerhaltung der nießbrauchsbelasteten Sache nicht verletzt werden.[728]

Zulässig ist es, das Recht des Eigentümers nach § 1051 BGB abzudingen[729] und das Recht des Nießbrauchers, die Ausübung zu überlassen.[730] Schuldrechtliche Verpflichtungen können mit dinglicher Wirkung beschränkt oder erweitert werden.[731] Eintragbar ist daher beispielsweise eine Vereinbarung, dass der Nießbraucher keine Mietverträge mit einer Laufzeit von mehr als 12 Monaten abschließen darf[732] oder dass der Nießbraucher die Kosten für außerordentliche Ausbesserungen und Erneuerungen des Grundstücks zu tragen hat.[733] Unzulässig ist eine Einschränkung dahingehend, dass der Nießbraucher bloß noch einzelne Benutzungen behält. Dies wäre eine Reallast oder beschränkt persönliche Dienstbarkeit. Unzulässig ist, dass der Nießbraucher von den Nutzungen der Sache und seinem Besitzrecht, das ihm die Ziehung der Nutzungen ermöglicht, ausgeschlossen ist,[734] auch zur Bestellung an einem "Holznutzungsrecht" in einem Waldgrundstück.[735]

Die Grenze zur Dienstbarkeit liegt dort, wo die Nutzung nur auf eine Nutzungsart beschränkt ist, wenn mehrere Nutzungsmöglichkeiten denkbar sind.[736] Zulässig ist jedoch, den Gebrauch der Sache selbst auszuschließen.[737]

Nicht abdingbar sind allgemein die gesetzlichen Regelungen §§ 1037 Abs. 1, 1039 Abs. 1 S. 2 BGB.[738] Als unzulässiges Abbedingen des § 1037 Abs. 1 BGB ist auch die Gestattung anzusehen, auf einer unbebauten Teilfläche ein Bauwerk zu errichten.[739] Nicht zulässig ist es auch, die Haftung des Nießbrauchers gegenüber dem Eigentümer auf diligentia quam in suis zu begrenzen.[740]

 

Rz. 189

Unzulässig als Typus ist der Dispositionsnießbrauch, der dem Nießbraucher eine Verfügungsbefugnis über das Grundstück einräumen soll.[741] Natürlich kann der Nießbraucher rechtsgeschäftlich zur Verfügung bevollmächtigt werden.[742]

 

Rz. 190

Abdingbar ist die grundsätzlich (§ 1047 BGB) bestehende Pflicht zur Lastentragung. Unzulässig ist jedoch ein Nießbrauch, der dinglich dem Eigentümer eine sonstige Leistungspflicht auferlegt, beispielsweise ein abgeholztes Waldgrundstück wieder aufzuforsten.[743] Dies ergibt sich aus der Eigenschaft des Nießbrauches als besonders geartete Dienstbarkeit. Unzulässig ist die Pflicht zur Tilgung von Grundpfandrechten,[744] von Verzugszinsen oder Zinsen für bloße Forderungen, mögen sie auch durch Grundschuld gesichert sein.

 

Rz. 191

Der Nießbrauch erfasst auch die Bestandteile (§ 93 ff. BGB), bei einem Grundstück daher die mit dem Eigentum verbundenen Rechte, deren Ausübung einem anderen überlassen werden kann:[745] Die Erstreckung tritt kraft Gesetzes ein, ein Vermerk im Grundbuch ist überflüssig. Unzulässig ist daher der Ausschluss des Nießbrauches an wesentlichen Bestandteilen, beispielsweise an einem bebauten Grundstück mit der Beschränkung, dass sich der Eigentümer die Nutzung einer bestimmten Wohnung vorbehält.[746] Umgekehrt kann für den Nießbraucher nicht auch noch ein Wohnungsrecht eingetragen werden.[747]

 

Rz. 192

Bedingte und befristete Bestellung ist zulässig.[748] Zulässig ist auch die auflösende Bedingung, dass mit dem Tod eines Dritten der Nießbrauch erlöschen soll.[749] Unzulässig ist es, die auflösende Bedingung für die Zeit nach dem Tod des Nießbrauchers zu setzen.[750] Zulässig ist es, die Befriedigung des Berechtigten als auflösende Bedingung zu vereinbaren[751] oder die Kündigung des Nießbrauches als auflösende Bedingung.[752] Wird jedoch nur vereinbart, dass der Berechtigte in diesem Fall "aufgeben muss", so handelt es sich im Regelfall um eine obligatorische Verpflichtung.[753] Die auflösende Bedingung, der Nießbrauch solle auf die Dauer des Mietverhältnisses bestehen, ist zu unbestimmt und daher nicht zulässig.[754]

[726] BayObLGZ 1973, 300.
[727] BayObLG DNotZ 1978, 99; MittBayNot 1979, 166; DNotZ 1979, 230 = Rpfleger 1980, 18; eingehend Staudinger/Chr. Heinze, BGB, § 1030 Rn 54 ff.
[728] BGH Rpfleger 1985, 373; siehe dazu auch BayObLGZ 1979, 276; KG Rpfleger 1992, 14; kritisch dazu Frank, DNotZ 1992, 678.
[729] BayObLGZ 1977, 81 = Rpfleger 1977, 25.
[730] BGH 1995, 99 = NJW 1995, 2827.
[731] BayObLGZ 1972, 366; LG Nürnberg Rpfleger 1979, 199.
[732] LG Aachen Rpfleger 1986, 468.
[733] BayObLGZ 1985, 6 = MittBayNot 1985, 70.
[734] OLG Hamm Rpfleger 1993, 144.
[735] BayObLG Rpfleger 1981, 439; dazu Schöner, DNotZ 1982, 416.
[736] BayObLG Rpfleger 1981, 439; MittBayNot 1981, 185.
[737] BGH LM § 2203 Nr. 1.
[738] BayObLG MittBayNot 1977, 120; Rpfleger 1977, 252; DNotZ 1978, 99; LG Köln MittRhNot 1986, 24.
[739] KG Rpfleger 1992, 14 = DNotZ 1992, 675 ff.; dagegen zutr. Frank, DNotZ 1992, 678.
[740] K...

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