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Die Vormerkung als sachenrechtliches Sicherungsmittel kann im Wege sog. gutgläubigen Ersterwerbs erworben werden, wenn die Bewilligung von einem Nichtberechtigten abgegeben worden ist, der als Berechtigter im Grundbuch eingetragen war (§ 892 Abs. 1 S. 1 BGB) oder wenn der Berechtigte verfügungsbeeinträchtigt war (§ 892 Abs. 1 S. 2 BGB).[20] Sie ermöglicht aber keinen gutgläubigen Erwerb eines nicht bestehenden Anspruchs,[21] fingiert nicht das Bestehen des Anspruchs[22] und heilt einen Formmangel des schuldrechtlichen Geschäfts nicht.[23]

Wird ein bestehender Anspruch, für den eine Vormerkung eingetragen, aber sachenrechtlich nicht wirksam entstanden ist, an einen gutgläubigen Zweiterwerber weiterübertragen, so erwirbt dieser mit dem bestehenden Anspruch auch die Vormerkung (sog. gutgläubiger Zweiterwerb).[24] Wegen der Abhängigkeit des Vormerkungserwerbs vom Bestand des Anspruchs bietet die abgetretene Vormerkung aber nie die gleiche Sicherheit wie die originäre.[25]

Davon zu unterscheiden ist der gutgläubig lastenfreie Erwerb bei Abtretung der wirksam bestehenden Vormerkung (richtig: Abtretung des zugrundeliegenden gesicherten schuldrechtlichen Anspruchs): Ein gutgläubiger Zweiterwerber eines Grundstücks – auch wenn die Auflassung im Kaufvertrag erklärt ist – erwirbt lastenfrei,[26] wenn sich die Übereignung durch den Veräußerer an den Zweiterwerber als Erfüllung des gesicherten Anspruchs darstellt.[27]

[20] BGHZ 25, 16, 23 = NJW 1957, 1229; BGHZ 28, 182 = DNotZ 1959, 36; BGHZ 57, 341; BGH DNotZ 1981, 179 = JR 1982, 61, Anm. Goetzke und Habermann; Ludwig, DNotZ 1987, 403.
[21] RGZ 139, 353, 356.
[22] BGH DNotZ 1970, 597.
[23] BGH DNotZ 1961, 314.
[24] BGHZ 25, 16; eingehend Staudinger/Kessler, § 883 Rn 303 ff., 411 ff.; MüKo-BGB/Lettmaier, § 885 Rn 47; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn 1535.
[25] Dazu je m.w.N. Staudinger/Kesseler, BGB, § 883 Rn 428a; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn 1535; Amann, NotBZ 2005, 1, 9.
[26] BGHZ 25, 16, 23; BGH DNotZ 1995, 47 = NJW 1994, 2947; BGH ZNotP 2023, 99.
[27] Zum gutgläubigen Vormerkungserwerb und gutgläubig lastenfreien Erwerb vgl. auch DNotI-Report 96/9, 73 und ausführlich m.w.N. Bauer/Schaub/Lieder, AT C Rn 94 ff.

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