Rz. 197

Der Erbbauzins wird regelmäßig durch eine Reallast am Erbbaurecht gesichert,[827] die in wiederkehrenden Geldleistungen[828] an den jeweiligen Eigentümer des Erbbaugrundstücks besteht (§ 9 Abs. 1 ErbbauRG), daher nicht dem jeweiligen Inhaber eines Miteigentumsanteils am Erbbaurechtsgrundstück zugewiesen werden kann,[829] vom Gesetz nicht zwingend vorgeschrieben ist[830] und wie jedes andere dingliche Recht gem. § 91 ZVG grundsätzlich erlischt, wenn es bei Versteigerung des Grundstücks nicht in das geringste Gebot fällt,[831] sofern keine Vereinbarung nach § 9 Abs. 3 Nr. 1 u. S. 2 ErbbauRG getroffen wurde.

Wegen der Dauer eines Erbbaurechts stellt die Anpassung der Erbbauzinsleistungen an die künftige Preisentwicklung mehr als bei der gewöhnlichen Reallast bei der Erbbauzinsreallast ein besonderes Problem dar. Hierzu werden sog. Wertsicherungsklauseln vereinbart, die verschiedene Ausprägungen haben können. Bedeutsam sind die sog. "echte Gleitklausel" und der Leistungsvorbehalt. Bei der echten Gleitklausel soll sich die Leistung automatisch verändern, wenn sich eine vereinbarte Bezugsgröße ändert, die inhaltlich mit der vereinbarten Leistung nicht vergleichbar ist. Der Leistungsvorbehalt begründet dagegen einen schuldrechtlichen Anspruch auf Neuvereinbarung der Leistung bei Änderung der Bezugsgröße. Als Bezugsgröße wird meist der Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes vereinbart, der als rein statistische Größe mit der Leistung eines Erbbauzinses nicht vergleichbar ist.

Echte Gleitklauseln zur künftigen Bestimmung der Höhe des Erbbauzinses sind als Inhalt der Reallast möglich. § 1105 Abs. 1 S. 2 BGB fordert für die Leistung der Reallast eine Bestimmbarkeit, die durch eine Gleitklausel gewährleistet ist. Ein Leistungsvorbehalt kann wegen seiner nur schuldrechtlichen Wirkung dagegen nicht Inhalt einer Reallast sein.

 

Rz. 198

Nach § 9 Abs. 3 Nr. 1 ErbbauRG kann seit dem 1.10.1994 als Inhalt der Reallast bestimmt werden, dass diese im Falle der Zwangsversteigerung des Erbbaurechts bestehen bleibt, auch wenn sie nach den Bestimmungen des ZVG nicht als bestehenbleibendes Recht in das geringste Gebot fällt. Es kann ferner ein Rangvorbehalt zugunsten des Erbbauberechtigten gegenüber dem Grundstückseigentümer als Reallastberechtigtem zum Inhalt der Reallast gemacht werden.[832] Gerade das Bestehenbleiben der Reallast in der Zwangsversteigerung bei Betreiben aufgrund eines vorrangigen Rechts schützt den Grundstückseigentümer.[833] Nahezu überflüssig ist daher die früher gebräuchliche Vereinbarung zwischen Kreditgeber und Grundstückseigentümer zum Vorrang eines Grundpfandrechts vor der Reallast und deren Bewerkstelligung des Bestehenbleibens über § 59 ZVG (sog. Stillhaltevereinbarung). Bei Erbbaurechten, die vor dem 1.10.1994 bestellt worden sind, kann die Versteigerungsfestigkeit als Inhaltsänderung i.S.d. § 877 BGB nachträglich vereinbart werden.[834]

 

Rz. 199

Die nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG geltende Rangklasse für Ansprüche der WEG-Gemeinschaft in der Immobiliarvollstreckung von Wohnungs- oder Teileigentum gilt auch für Wohnungs- und Teilerbbaurecht. Es erfasst die laufenden und die rückständigen Beträge aus dem Jahr der Beschlagnahme und den letzten zwei Jahren, wobei diese höchstens 5 % des nach § 74a Abs. 5 ZVG festgesetzten Verkehrswertes betragen dürfen. Bei einer vor Inkrafttreten des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG am 1.7.2007 getroffenen Vereinbarung zum Erbbauzins nach § 9 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 ErbbauRG würde die Zwangsversteigerung wegen Hausgeldansprüche zum Untergang der Erbbauzinsreallast führen. Deshalb wurde § 9 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 ErbbauRG dahingehend erweitert, dass der Untergang des Erbbauzinses am Wohnungserbbaurecht auch dann unterbleibt, wenn die Zwangsversteigerung wegen rückständiger Hausgeldansprüche aus der Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG erfolgt (vgl. auch § 52 Abs. 2 S. 2 a) ZVG). Dies gilt jedoch nicht automatisch, sondern muss vereinbart werden.[835] War allerdings die Erbbauzinsreallast bereits am 1.7.2007 versteigerungsfest bestimmt, muss die Neufassung des § 9 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 ErbbauRG auch für Hausgeldrückstände gelten. Die Regelung kann einerseits bei der Neubegründung von Wohnungserbbaurechten vereinbart werden, aber auch bei bereits bestehenden Wohnungserbbaurechten. Sieht der Grundstückseigentümer davon ab, seinen Anspruch auf Erbbauzins durch Eintragung einer Reallast auf dem Erbbaurecht zu sichern, kann er seine Zustimmung zur Erteilung des Zuschlags in der Zwangsversteigerung nicht davon abhängig machen, dass der Ersteher den lediglich schuldrechtlichen Anspruch auf Zahlung des Erbbauzinses übernimmt.[836]

[827] BGH DNotZ 1986, 472 = Rpfleger 1986, 92.
[828] OLG Celle DNotZ 1955, 316. Haegele, Rpfleger 1957, 7.
[829] BayObLG DNotZ 1991, 398.
[830] BGH NJW 1970, 944.
[831] BGHZ 100, 107 = MittBayNot 1987, 194 = Rpfleger 1987, 257.
[832] Eingehend Staudinger/Rapp, BGB, § 9 ErbbauRG Rn 28; MüKo-BGB/Weiß, § 9 ErbbauRG Rn 16 ff.
[833] Zur Problematik MüKo-BGB/Weiß, § 9 ErbbauRG Rn 20 ff.
[8...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge