Rz. 34
Die getrennte Kodifizierung und die verschiedenen Denkweisen des materiellen und formellen Rechts führen auch im Liegenschaftsrecht zu einer getrennten rechtlichen Behandlung der Erklärungen des materiellen Grundstücks- und formellen Grundbuchrechts und der sonstigen materiellen Rechtsänderungs- und formellen Eintragungsvoraussetzungen. Vorschriften aus dem einen Rechtsgebiet können nicht unmittelbar auf das andere angewandt werden (siehe Rdn 36 ff.). Zwingende Vorschriften des materiellen Rechts sind von Ordnungsvorschriften des Verfahrensrechts, rechtsgeschäftliche Willenserklärungen von Verfahrenshandlungen, Einigung von Bewilligung zu unterscheiden.
Gleichwohl darf man nicht übersehen, dass die Erklärungen oftmals dieselbe Grundlage haben, also eine tatsächliche, Erklärung, die rechtlich, verschieden zu werten ist ("gemischtrechtlicher Doppeltatbestand", vgl. Rdn 43). Die Unterscheidung zwischen materiell-rechtlichen und formell-rechtlichen Erklärungen ist nicht lediglich anhand der Begriffe nachvollziehbar, denn derjenige Begriff, der typischerweise formell-rechtlich gewertet wird, nämlich die Bewilligung, ist nicht auf die Erklärung nach § 19 GBO beschränkt. So ist für die Vormerkung oder den Widerspruch die Bewilligung desjenigen erforderlich, dessen Recht vom zu sichernden schuldrechtlichen Anspruch (Vormerkung) oder vom Grundbuchberichtigungsanspruch (Widerspruch) betroffen wird (§§ 885 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, 899 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB). Diese Bewilligung ist als rechtsgeschäftliche Willenserklärung Voraussetzung für die materiell-rechtliche Wirksamkeit der Eintragung; einer Einigung im Sinne des § 873 Abs. 1 BGB bedarf es bei Vormerkung und Widerspruch aus guten Gründen nicht.[83]
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