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Die Beschränkung der Grundbucheinsicht auf ein berechtigtes Interesse durch § 12 GBO ist Ausdruck der Funktion des Grundbuchs als Instrument des Zivilverfahrensrechts.[52] Die Grundbucheinsicht etwa des Notars vor einer Beurkundung nach § 21 BeurkG gewährleistet ebenso Rechtssicherheit wie das Erfordernis der Voreintragung im Grundbuchverfahren (§ 39 GBO).[53] Dass lediglich wirtschaftliche Interessen wie eine mögliche Kaufabsicht ein berechtigtes Interesse an einer Einsicht nicht begründen, ist ebenso allgemein bekannt wie verständlich (§ 12 GBO Rdn 5).[54] Wer möchte schon als Grundstückseigentümer von fremden Personen ungefragt darauf angesprochen werden, ob er seine Immobilie veräußern wolle?

Gesetzgeberischer Reformbedarf wird gerne mit Verweis auf ausländische Rechtsordnungen begründet. So hat bekanntlich Österreich sowohl ein technisch hochentwickeltes wie auch allgemein öffentliches Grundbuchsystem.[55] Ein allgemeiner Verweis auf ausländische Rechtsordnungen ist für sich genommen aber untauglich und stellt kein sachliches Argument für und wider eine Regelung dar. Denn es gibt zahlreiche Länder, die es wieder anders machen. Stets ist zu untersuchen, aus welcher historischen Entwicklung ein Tatbestand hervorging, welche – auch gesellschaftsrechtlichen Entwicklungen – er nahm und wie er im eigenen Land rezipiert wird.[56]

[52] Meikel/Böttcher, § 12 Rn 1 ff.
[53] Kritisch aber: Meikel/Böttcher, § 39 Rn 1, 2; Eickmann/Böttcher, Grundbuchverfahrensrecht, Rn 215.
[54] Meikel/Böttcher, § 12 Rn 6 ff.; Lemke/Schneider, § 12 GBO Rn 15.
[55] https://www.oesterreich.gv.at/themen/bauen_wohnen_und_umwelt/grundbuch/Seite.600340.html.
[56] Zur Grundbucheinsicht im digitalen Zeitalter Böhringer, ZfIR 2022, 536.

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