Normenkette

§ 13 WEG, § 14 WEG, § 15 Abs. 2 WEG

 

Kommentar

In einer Wohnanlage auf einem Hanggrundstück zu einem See können die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit beschließen, dass Gartensondernutzungsflächen nicht in einer Weise bepflanzt sein dürfen, durch die der Blick auf den See jetzt oder in Zukunft beeinträchtigt wird.

Nach § 15 Abs. 2 WEG können Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit einen der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechenden ordnungsgemäßen Gebrauch beschließen, soweit dem keine Vereinbarung gemäß § 15 Abs. 1 WEG entgegensteht, die den Gebrauch des Gemeinschaftseigentums regelt. Bei einzelnen Wohnungen zugewiesenen Gartensondernutzungsrechten handelt es sich um Vereinbarungen gemäß § 10 Abs. 1 S. 2 WEG in Verbindung mit § 13 Abs. 2 S. 1, § 15 Abs. 1 WEG, durch die bestimmten Wohnungseigentümern unter Ausschluss aller übrigen Eigentümer vom Mitgebrauch das jeweils alleinige Gebrauchsrecht an einem Teil des gemeinschaftlichen Eigentums eingeräumt wird. Solche Sondernutzungsrechte hindern jedoch nicht eine nähere Regelung des Alleingebrauchs der Sondernutzungsflächen durch den jeweiligen Sondernutzungsberechtigten. Insoweit kann nichts anderes gelten als beim Sondereigentum. Grundsätzlich können auch hier Gebrauchsregelungen gem. § 15 Abs. 2 WEG mehrheitlich beschlossen werden, wobei das Gesetz inhaltliche Schranken insoweit setzt, als nur ein ordnungsgemäßer Gebrauch beschlossen werden kann, welcher der Beschaffenheit der einem Sondernutzungsberechtigten zugewiesenen Fläche des Gemeinschaftseigentums und im Übrigen dem Interesse der Gesamtheit der Eigentümer nach billigem Ermessen entspricht.

Sicher kann ein sondergenutzter Garten nach Belieben und eigenem Gutdünken bepflanzt werden. Der Sondernutzung sind jedoch wie dem Sondereigentum durch das Gesetz und die Rechte Dritter (vgl. § 13 Abs. 1 WEG) Grenzen gesetzt; Verpflichtungen für Sondernutzungsberechtigte bei der Bepflanzung ergeben sich aus § 14 Nr. 1 WEG. Im Einzelfall können damit auch gärtnerische Gestaltungen der Sondernutzungsflächen Beschränkungen unterworfen sein (vgl. BayObLG, NJW-RR 1987, 846; KG Berlin, NJW-RR 1987, 1360).

Eine Wohnanlage wie hier an einem Hanggrundstück am Starnberger See ist von der Möglichkeit des freien Blicks auf den See geprägt. Im vorliegenden Fall wurde bereits 1975 ein bestandskräftig gewordener Beschluss gefasst, durch den das Pflanzen hoher Bäume untersagt wurde, die später die Sicht beeinträchtigen könnten. Auch der neuerliche Mehrheitsbeschluss, der Sondernutzungsberechtigten darüber hinaus das Halten von Pflanzen verbietet, durch die derzeit oder in Zukunft der Blick von den anderen Wohnungen auf den See beeinträchtigt wird, entspricht der durch die Anlage zum See geprägten Beschaffenheit der Sondernutzungsflächen. Unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen der Eigentümer dieser Anlage (einerseits an beliebiger Bepflanzung und andererseits an freiem Seeblick über Sondernutzungsgärten hinweg) entspricht dem Interesse der Gesamtheit der Eigentümer nach billigem Ermessen. Dem steht auch nicht die hier getroffene Vereinbarung entgegen, dass ausdrücklich nur das Anpflanzen von Gemüse und von Kletter- und Schlinggewächsen an der Hauswand untersagt sei. Eine solche Vereinbarung ergibt nicht, dass jede übrige Bepflanzung ausdrücklich erlaubt sei und nicht durch Mehrheitsbeschluss eingeschränkt werden könne. Der Eigentümerbeschluss enthält hier eine ergänzende Gebrauchsregelung zur getroffenen Vereinbarung.

Da von der beschlussanfechtenden Antragstellerseite auch hilfsweise beantragt wurde festzustellen, dass sie entgegen der Beschlussfassung nicht verpflichtet sei, die auf ihrer Sondernutzungsfläche stehende hohe Blautanne zu entfernen, wurde zum Zweck weiterer Ermittlungen zu diesem Hilfsantrag die Sache an das LG zurückverwiesen (Beeinträchtigung der freien Sicht durch die Tanne nicht nur geringfügig? Erforderlicher Augenschein). Hinsichtlich des Einwandes einer Verwirkung gegenüber einem Beseitigungsverlangen sei die Voraussetzung zu prüfen, ob seit der Möglichkeit, den Beseitigungsanspruch geltend zu machen, eine längere Zeit verstrichen sei und besondere Umstände hinzuträten, aufgrund derer die verspätete Geltendmachung des Verlangens gegen Treu und Glauben verstoße. Bei dem hiernach auch maßgebenden Zeitmoment wird nicht auf den Zeitpunkt abzustellen sein, in dem der Baum gepflanzt wurde, sondern auf den Zeitpunkt, in dem er eine solche Größe erreicht habe, dass er eine nicht nur unerhebliche Sichtbehinderung im Sinne des als gültig erachteten Eigentümerbeschlusses darstellte.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 06.02.1992, BReg 2 Z 166/91= DWE 2/1992, 61)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Zur Frage möglicher Verwirkung und des umstrittenen Beginns gesetzlicher Fristen darf auch auf die neue Entscheidung des LG Bayreuth (Urteil vom 23. 10. 1991, NJW-RR 5/1992, 276) verwiesen werden:

"Nach Art. 47 Abs.1 AGBGB dürfen ausschließlich so...

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