Leitsatz

Keine Informationspflicht des Verwalters über Wohngeld-Inkassoverfahren

 

Normenkette

§§ 27 Abs. 1 Nr. 7 und 43 WEG

 

Kommentar

  1. Eine Gemeinschaft hatte u. a. beschlossen, "die Verwalterin ausdrücklich von der seit Inkrafttreten der WEG-Novelle zum 01.07.2007 bestehenden Verpflichtung freizustellen, die Wohnungseigentümer unverzüglich über die gerichtliche Geltendmachung von Hausgeldansprüchen gegen einzelne Eigentümer zu unterrichten; stattdessen werde die Verwalterin in der jährlichen ordentlichen Eigentümerversammlung über den Stand der laufenden und im abgerechneten Wirtschaftsjahr abgeschlossenen gerichtlichen Mahnverfahren berichten."

    Das Amtsgericht hat die Anfechtungsklage insoweit abgewiesen; die Berufung hiergegen hatte ebenfalls keinen Erfolg.

  2. Die neue Bestimmung des § 27 Abs. 1 Nr. 7 WEG lautet: "Der Verwalter ist gegenüber den Wohnungseigentümern und gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet, die Wohnungseigentümer unverzüglich darüber zu unterrichten, dass ein Rechtsstreit gemäß § 43 WEG anhängig ist." Der Bundesrat führte in seiner Stellungnahme dazu aus: "Der Verwalter hat die Eigentümer nicht nur über Rechtsstreitigkeiten auf Erfüllung seiner eigenen Pflichten, sondern über alle Rechtsstreitigkeiten gemäß § 43 WEG-E, in denen er nach § 45 Abs. 1 WEG-E Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer ist, zu unterrichten." (BT-Drs. 16/887, S. 50). Anschließend gingen sowohl die Bundesregierung in eigener Gegenäußerung als auch der Rechtsausschuss in seiner Beschlussempfehlung ausdrücklich davon aus, dass mit der darin vorgesehenen Fassung des § 27 Abs. 1 Nr. 7 WEG der Vorschlag des Bundesrats aufgegriffen werden sollte; dieser hatte jedoch nicht die Reichweite des sodann vorgesehenen Wortlauts.

    Anschließend wurde in der Literatur die teleologische Einschränkung des zu weit geratenen Wortlauts anhand des Zwecks gefordert, die Informationspflicht des Verwalters auf die Fälle zu beschränken, in denen die Wohnungseigentümer Beklagte oder gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 WEG beizuladen sind (Merle in Bärmann, WEG. 10. Aufl., § 27 Rz. 89; Abramenko, Das neue WEG-Recht, § 5 Rz. 32; a.A. Heinemann in Jennißen, WEG, § 27 Rz. 54 "immer, wenn der Verwalter von einem Rechtsstreit erfährt").

    Das Gericht geht ebenfalls von einer einschränkenden Auslegung des Wortlauts aus, da der Anwendungsbereich ersichtlich zu weit geraten ist. Beispielsweise wird ein Verwalter in der Praxis regelmäßig nicht darüber berichten können, wenn es sich um ein Verfahren nach § 43 Nr. 5 WEG handelt, welches sich auf Sondereigentum bezieht. Informationspflichten des Verwalters bestehen deshalb nur in den Fällen, in denen den Eigentümern ein gesteigertes Informationsbedürfnis zukommt. Davon ist auszugehen, wenn sie am Verfahren beteiligt sind oder dies für sie möglich wäre; dies war auch der Zweck der Erweiterung der Verwalterpflichten im Zuge der WEG-Reform. Im Wohngeldverfahren besteht ein solchermaßen gesteigertes Informationsbedürfnis nicht, da hier die einzelnen Eigentümer weder Beklagte noch beizuladen sind.

    Selbst im Fall von Passivprozessen wird es einem Verwalter regelmäßig nicht möglich sein, bereits über die "Anhängigkeit" einer Klage zu berichten, da diese dann regelmäßig bereits "rechtshängig" ist. Aus diesem Grund wird auch von einem Einsetzen der Informationspflicht erst im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit ausgegangen (Bassenge in Palandt, 69. Aufl., § 27 Rz. 11; Merle a. a. O., Rz. 90); auch eine solche Praxis ist nicht vom Wortlaut des § 27 Abs. 1 Nr. 7 WEG gedeckt.

  3. Bei dem angefochtenen Beschluss handelt es sich inhaltlich auch nicht um eine Einschränkung dieser Verwalterpflicht, sondern um eine Erweiterung; eine solche verstößt jedoch nicht gegen § 27 Abs. 4 WEG und kann auch beschlossen werden; eine solche Erweiterung verstößt auch nicht gegen Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung.
 

Link zur Entscheidung

LG München I, Urteil vom 17.12.2009, 36 S 4853/09

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