Normenkette

§ 16 Abs. 2 WEG, § 16 Abs. 3 WEG, § 22 Abs. 2 WEG, § 273 BGB

 

Kommentar

Beschließen die Wohnungseigentümer eines sog. "stecken gebliebenen Baues" die Fertigstellung der Anlage auf eigene Kosten, so können sie gegenüber einem einzelnen Wohnungseigentümer, der die anteiligen Kosten nicht zahlt, kein Zurückbehaltungsrecht in der Weise ausüben, dass sie den Anschluss seiner Wohnung an die Versorgungsleitungen (Strom, Wasser, Abwasser usw.) verhindern.

Hingewiesen wird in dieser Entscheidung auch auf OLG Karlsruhe, NJW 81, 466 mit Anm. Röll; Röll, NJW 1978, 1507ff und BayObLG, DWE 1983, 60. "Werdende Wohnungseigentümer" sind grundsätzlich bei der Fertigstellung des Gebäudes verpflichtet analog der gesetzlichen Regelung des § 22 Abs. 2 WEG über den Wiederaufbau im Falle einer Zerstörung des Gebäudes mitzuwirken. Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB beim Vorliegen sonstiger Voraussetzungen dann nicht besteht, wenn sich aus dem Schuldverhältnis etwas anderes ergibt. Bei einer gewöhnlichen, fertig gestellten Anlage ist eine Gemeinschaft nicht befugt, einen mit seinen Beiträgen säumigen Wohnungseigentümer bis zur Begleichung seiner Verbindlichkeiten von der Mitbenutzung der gemeinschaftlichen Sachen auszuschließen oder ihm etwa die Versorgungsleitungen abzusperren. Eine Gemeinschaft ist hier darauf beschränkt, ihre Forderungen selbständig gegen den Säumigen gerichtlich geltend zu machen. Diese Grundsätze müssen auch auf den vorliegenden Fall angewendet werden. Auch die Unanwendbarkeit der Regelung des § 16 Abs. 3 WEG (im Zusammenhang mit baulichen Veränderungen am Gemeinschaftseigentum i. S. von § 22 Abs. 1 WEG) spricht gegen die Zulassung des hier geltend gemachten Zurückbehaltungsrechts. § 16 Abs. 3 WEG gilt nicht für Aufwendungen, die zur erstmaligen Herstellung des fertigen, ordnungsgemäßen Zustandes des Gebäudes erforderlich sind; hierzu gehört zweifellos auch der Anschluss des Wohngebäudes an die öffentlichen Versorgungsleitungen. Obendrein ist aus der Natur des Schuldverhältnisses der Wohnungseigentümer untereinander, das unter dem Grundsatz von Treu und Glauben steht, ein Zurückbehaltungsrecht im vorliegenden Fall ausgeschlossen. Auch eine Veräußerungsabsicht des betroffenen, zahlungssäumigen Eigentümers führt nicht zu einer Begründung eines Zurückbehaltungsrechtes. Es besteht hier auch kein Zustimmungsverweigerungsrecht bei etwa vereinbartem Zustimmungsvorbehalt.

 

Link zur Entscheidung

( OLG Hamm, Beschluss vom 16.03.1984, 15 W 266/83= NJW 1984, 2708)

Zu Gruppe 3: Begründung, Erwerb und Veräußerung; Umwandlung

Anmerkung:

Vgl. jedoch die neuere obergerichtliche Rechtsprechung zur berechtigten Abtrennung von der Energieversorgung ( § 273 BGB) bei erheblichen Wohngeldrückständen und erfolglos versuchten Vollstreckungsmaßnahmen.

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